WhatsApp-Nachrichten bei Scheidung und Unterhalt

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Viele nutzen zur Kommunikation WhatsApp und andere Nachrichtendienste. Auch wenn WhatsApp-Nachrichten auf dem Handy geschrieben werden, bleibt immer noch die Frage, ob eine WhatsApp-Nachricht rechtlich betrachtet das Attribut „schriftlich“ besitzt. Gibt es rechtliche Vorgaben, dass Sie sich schriftlich äußern müssen, könnte es sein, dass WhatsApp-Nachrichten nicht die Qualität haben, die für eine schriftliche Form notwendig ist. Wir erklären, …

  • wann eine WhatsApp-Nachricht rechtlich relevant sein kann,
  • was der Formzwang bedeutet,
  • warum es gute Gründe gibt, alternative traditionelle Kommunikationswege zu nutzen und
  • inwieweit WhatsApp-Nachrichten als Beweis vor Gericht eine Rolle spielen.

Sind WhatsApp-Nachrichten rechtlich verbindlich?

Die rechtliche Bindung von WhatsApp-Nachrichten ist ein Thema, das in der modernen Kommunikationswelt zunehmend an Bedeutung gewinnt. Anders als bei persönlichen Gesprächen stehen Sie Ihrem Gesprächspartner bei einer WhatsApp-Nachricht nicht physisch gegenüber. Vielmehr handelt es sich um eine "Erklärung unter Abwesenden", wie es im juristischen Jargon heißt. Gemäß § 130 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wird eine solche Erklärung wirksam, sobald sie dem Empfänger zugeht.

Eine interessante rechtliche Entscheidung wurde vom Landgericht Bonn getroffen, bei der es um eine rechtsgeschäftliche Angelegenheit ging. Hierbei wurde festgestellt, dass eine WhatsApp-Nachricht als "zugegangen" betrachtet werden kann, wenn der Empfänger unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, den Inhalt der Erklärung zur Kenntnis zu nehmen (LG Bonn, Urteil vom 31. Januar 2020, Az. 17 O 323/19).

Demnach gelten WhatsApp-Nachrichten als zugestellt, sobald sie das Handy des Empfängers erreichen und dort unter normalen Umständen dauerhaft und abrufbar gespeichert werden. Dies wird durch die beiden grauen Haken in WhatsApp signalisiert, die anzeigen, dass die Nachricht zugestellt wurde. Die beiden blauen Haken bestätigen, dass der Empfänger die Nachricht gelesen hat, was rechtlich als Zustellung angesehen werden kann. Sollte der Empfänger den Zugang bestreiten, können Sie mithilfe Ihrer in WhatsApp gespeicherten Nachricht nachweisen, dass Sie den Empfänger bindend kontaktiert haben.

Selbst eine längere Phase ohne Kommunikation zwischen den Parteien ändert nichts an dieser rechtlichen Sichtweise. In der heutigen Zeit ist es nicht ungewöhnlich, dass nur anlassbezogen kommuniziert wird, und WhatsApp ist so weit verbreitet, dass eine vorübergehende Kommunikationspause nicht zwangsläufig darauf hindeutet, dass der Kommunikationskanal aufgegeben wurde.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Gericht in seinem Urteil betonte, dass zwischen den Parteien eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen werden muss, um WhatsApp als Kommunikationsmittel zu nutzen. Wenn eine solche Vereinbarung fehlt oder der Empfänger deren Existenz bestreitet, könnte WhatsApp als ungeeigneter Kommunikationsweg für rechtlich verbindliche Erklärungen angesehen werden. Dies gilt insbesondere, wenn gesetzliche Vorschriften einen bestimmten "Formzwang" vorschreiben.

Was bedeutet der Formzwang?

Die menschliche Sprache ist ein hohes Gut. Mündliche Erklärungen und Vereinbarungen sind grundsätzlich formfrei möglich. Sie vereinfachen und beschleunigen den Rechtsverkehr. Dennoch gibt es Grenzen. Formlose Erklärungen sind nämlich oft mit Risiken verbunden. Dann bestimmt das Gesetz eine bestimmte Form. Es besteht Formzwang.

Der Formzwang verfolgt folgende Zwecke:

  • Warnfunktion: Unbedachte Worte sind schnell ausgesprochen. Um vor schwerwiegenden Folgen zu schützen und zu warnen, müssen bestimmte Erklärungen in Schriftform oder gar notarieller Form erfolgen.


  • Aufklärungsfunktion: Oft ist sich der Erklärende der juristischen Zusammenhänge und Konsequenzen seines Handelns nicht voll bewusst. Um Risiken zu vermeiden, trifft der Gesetzgeber Vorsorge und bestimmt den Formzwang.


  • Beweisfunktion: Was schwarz auf weiß geschrieben steht, ist beweisfähig. Die für ein Rechtsgeschäft notwendige Form dient daher Beweiszwecken und soll Streitigkeiten vermeiden.

Beispiel Gütertrennung

Möchten Sie Gütertrennung vereinbaren und dazu den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufheben, müssen Sie die Vereinbarung notariell beurkunden. Eine Mitteilung per WhatsApp ist hierfür nicht geeignet.

Beispiel Ehegattenunterhalt

Treffen Sie vor Ihrer rechtskräftigen Scheidung eine Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt, muss die Vereinbarung notariell beurkundet werden (§ 1585c BGB). Eine Absprache über WhatsApp würde den insoweit unterhaltspflichtigen Partner allenfalls moralisch, nicht aber rechtlich verpflichten.

Beispiel Kindesunterhalt

Schreiben Sie mit Ihrem Ex-Partner per WhatsApp, dass er monatlich 300 € Kindesunterhalt zahlen möchte und bestätigt der Partner seinen Zahlungswillen, ist die Vereinbarung rechtlich in Ordnung. Sie ersparen sich eine gerichtliche Auseinandersetzung. Verpflichtend ist die Vereinbarung jedoch nicht, da Sie eine solche mündliche Vereinbarung im Streitfall schlecht beweisen und mangels rechtlicher Verbindlichkeit nicht zwangsweise vollstrecken könnten. Um die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt rechtsverbindlich zu vereinbaren, muss die Erklärung in einer Jugendamtsurkunde, einer notariellen Vereinbarung oder einem Gerichtsbeschluss dokumentiert werden. Die Kommunikation über WhatsApp wäre rechtlich betrachtet belanglos.

Die Verwendung von WhatsApp-Nachrichten als rechtliche Beweise: Ein differenziertes Bild

Die Frage, ob WhatsApp-Nachrichten vor Gericht als zulässige Beweismittel dienen können, ist eine komplexe Angelegenheit. Im Gegensatz zu formellen Dokumenten unterliegen WhatsApp-Nachrichten nicht zwingend einem Formzwang. Dennoch bleibt die Zulässigkeit dieser Nachrichten vor Gericht letztendlich dem Ermessen des jeweiligen Gerichts überlassen. Ein interessantes Beispiel hierfür bietet das Urteil des LG Bonn.

Es existiert keine eindeutige gesetzliche Vorschrift, die WhatsApp-Nachrichten ausdrücklich als zulässig oder unzulässig erklärt. Die Frage ihrer Zulässigkeit hängt oft davon ab, ob sie in zivil- oder strafrechtlichen Verfahren verwendet werden. In strafrechtlichen Verfahren können WhatsApp-Nachrichten als Beweismittel herangezogen werden, um die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten zu klären.

In zivilrechtlichen Fällen dagegen richtet sich die Bewertung von WhatsApp-Nachrichten nach der Frage, ob sie die gesetzlichen Formvorschriften erfüllen und somit rechtlich bindend sind. Wenn sie keine rechtliche Relevanz aufweisen, spielen sie keine Rolle als Beweise vor Gericht. Sind sie jedoch relevant und erfüllen die erforderlichen Kriterien, können sie durchaus als Beweismittel in Betracht gezogen werden. Dies unterstreicht die komplexe Natur der Verwendung von WhatsApp-Nachrichten in rechtlichen Angelegenheiten.

Alles in allem - WhatsApp in Scheidung und Unterhaltsfragen nutzen oder nicht?

WhatsApp ist ein Kommunikationsweg, der für die alltägliche Kommunikation gedacht ist. Sie ist vom Ansatz her nicht dafür gedacht und wenig geeignet, rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben. Auch wenn dies vom Ansatz her durchaus möglich erscheint, sollten Sie zur Vermeidung von potentiellen Risiken darauf verzichten, über WhatsApp oder ähnliche Nachrichtendienste rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben. Besser ist allemal, wenn Sie den herkömmlichen Weg gehen und zum Beispiel

  • den unterhaltspflichtigen Elternteil schriftlich auffordern, Kindesunterhalt zu zahlen und dazu vorab die zur Bemessung des Kindesunterhalts notwendige Auskunft über Einkünfte und Vermögen zu erteilen oder 
  • die Adresse bzw. den Verbleibeort des Noch-Partners nicht nur über eine WhatsApp-Nachricht zu ermitteln suchen, um ihm den Scheidungsantrag zustellen zu können, sondern auch alle anderen, vielleicht auch analogen Möglichkeiten auszuschöpfen.


Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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