Widerrufsjoker EuGH und der VW-Leasingvertrag

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Mit Urteil vom 26.03.2020 (Az.: C-66/19) entschied der EuGH in einem Fall, in dem ein Verbraucher mit einer Kreissparkasse um die Rechtzeitigkeit seines Widerrufs stritt, zu Gunsten des Verbrauchers. So machte der EuGH den Weg für unzählige Verbraucher frei, ihre meist nachteiligen Darlehensverträge oder Leasingverträge, die nach Juni 2010 geschlossen wurden, auch nach langer Zeit zu widerrufen. Die hohen Zinssätze, aber auch ggf. Fahrzeuge, die unter dem Abgasskandal fallen oder fallen könnten, machen ein solches Vorgehen für die Verbraucher erwägenswert. 

Damit können Chancen gesichert werden, einerseits, was die Rückabwicklung des Darlehens, andererseits, was die Rückabwicklung des Kaufvertrages des Pkw angeht. Liegt nämlich ein verbundenes Geschäft vor, bedeutet der Widerruf des einen Geschäfts im Zweifel eben auch, dass das mit dem Darlehensvertrag verbundene Geschäft rückabzuwickeln ist. 

Damit besteht die Chancen für Verbraucher ungeliebte Fahrzeuge und Darlehen mit (aus heutiger Sicht) viel zu hohen Zinssätzen rückabzuwickeln.

Wie funktioniert das Widerrufsrecht?

Hier eine einfache Erklärung:

Grundsätzlich ist bei einem Verbraucherdarlehensvertrag eine Widerrufsfrist von 14 Tage vorgesehen. Doch in Angesicht des bahnbrechenden Urteils des EuGH beginnt diese Frist, in der der Verbraucher den Widerruf auszuüben hat, erst gar nicht zu Laufen. Dies, weil die Banken in einer Vielzahl von Verträgen ab 2010 die sogenannte Kaskadenverweisung verwenden, die der EuGH nun für rechtswidrig einstuft. Wie der Europäische Gerichtshof festhält, muss sich die Widerrufsfrist klar und prägnant aus dem Verbraucherkreditvertrag ergeben. Eine Formulierung wie etwa „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst nachdem der Leasingnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art der entgeltlichen Finanzierungshilfe, Angabe zum Anschaffungspreis, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat“, ist demnach unzulässig, da sie selbst auf weitere nationale Rechtsvorschriften verweist, dies gerade nicht dem Verbraucherschutz dient und insbesondere der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (RL 2008/48/EG) entgegensteht.

Der EuGH ist der Meinung, dass es dem Verbraucher im Falle einer solchen Kaskadenverweisung unmöglich sei auf der Grundlage des Vertrages den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung zu bestimmen oder zu überprüfen, ob in dem von ihm abgeschlossenen Vertrag alle erforderlichen Angaben enthalten sind und somit die Widerrufsfrist zu laufen begonnen hat.

Die Widerrufsbelehrung des VW-Leasingvertrages, vorliegend die vom Januar 2016, ist nach meiner Meinung nur eine von zahlreichen weiteren Widerrufsbelehrungen, die die vom EuGH für europarechtswidrig erachtete Kaskadenverweisung enthält, nämlich:

„Widerrufsinformation

Widerrufsrecht

Der Leasingnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst nachdem der Leasingnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art der entgeltlichen Finanzierungshilfe, Angabe zum Anschaffungspreis, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. Der Leasingnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Leasingnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrags oder in einer für den Leasingnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder In einer für den Leasingnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkurde enthalten sind und dem Leasingnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben kann der Leasingnehmer nachträglich auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Der Leasingnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtabgaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt de rechtzeitige Absendung des Widerrufs, wenn die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. Brief, Telefax, E-Mail) erfolgt. Der Widerruf ist zu richten an: ...

Widerrufsfolgen

Soweit der Leasinggegenstand bereits übergeben wurde, hat Ihn der Leasingnehmer spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzugeben und für den Zeitraum zwischen der Übergabe und der Rückgabe des Leasinggegenstandes den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Übergabe und Rückgabe des Leasinggegenstandes ist bei vollständiger Nutzungsüberlassung des Leasinggegenstandes pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 0,01 EUR zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn der Leasinggegenstand nur leihweise zur Nutzung überlassen wurde. Der Leasingnehmer hat den Leasinggegenstand unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 30 Tagen ab dem Tag, an dem der Leasingnehmer den Leasinggeber über den Widerruf des Vertrags unterrichtet, an den ausliefernden Händler zurücksenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn der Leasingnehmer den Leasinggegenstand vor Ablauf der Frist von 30 Tagen absendet.

Dar Leasinggeber trägt die Kosten der Rücksendung des Leasinggegenstandes. Der Leasingnehmer hat dem Leasinggeber auch die Aufwendungen zu ersetzen, die der Leasinggeber gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann. Der Leasingnehmer ist zur Zahlung von Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Dienstleistung verpflichtet, wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Gegenleistung begonnen wird. Besteht eine Verpflichtung zur Zahlung von Wertersatz, kann dies dazu führen, dass der Leasingnehmer die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf dennoch erfüllen muss. Der Leasingnehmer muss für einen etwaigen Wertverlusts des Leasinggegenstandes nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise des Leasinggegenstandes nicht notwendigen Umgang mit diesem zurückzuführen ist.“

- Ende der Widerrufsbelehrung –

Was gilt oder tritt ein, wenn nun ein Verbraucher seinen Darlehensvertrag widerruft?

Wird nun seitens des Verbrauchers wirksam der Widerruf erklärt, so sind alle gegenseitig empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Handelt es sich hier also um einen finanzierten Autokauf oder einen Leasingvertrag eines Autos als verbundenes Geschäft, so hat der Verbraucher 

- (grundsätzlich) das Auto an die Bank herauszugeben, erhält aber im Gegenzug alle gezahlten Raten, eine eventuell geleistete Anzahlung zurück. 

Strittig ist in der Rechtsprechung ob dem Verbraucher, inbesondere bei einem Pkw, der dem Dieselskandal unterfällt, hier ggf. ein Nutzungsersatz für gefahrene Kilometer abgezogen wird. Aber unabhängig hiervon, kann sich der Widerruf vor allem für Verbraucher lohnen, die ein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeuge finanziert bzw. geleast haben.

Damit ist der Widerruf des Finanzierungsvertrages des Pkw im Einzelfall ein rechtliche "elegante Methode"  sich schnell und unkompliziert noch heute von dem entsprechenden Vertrag zu lösen.

Jeder Einzelfall sollte aber sorgfältig von einem Anwalt geprüft werden. Am Besten von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. 

Haben Sie Fragen zu Ihrem Vertrag und dessen Widerruflichkeit?

Gerne können Sie uns einen Scan Ihres Vertrages und der Widerrufsbelehrung an unsere E-Mail-Adresse zumailen.

Wir erstellen kostenfrei ein Angebot für Ihre rechtliche Interessenvertretung.

Wir klären Sie über die Kosten auf, noch bevor sie anfallen. Wir sind ständig dabei, uns mit der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung zu beschäftigen und freuen uns auch, in Ihrem Fall helfen zu können und Ihnen die Vorteile dieses Hammer-Urteils des EuGH zu sichern.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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