Wie kann man ein Fahrverbot abwenden? Besonderheiten in der Corona-Krise

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Mit der StVO-Novelle vom 28.04.2020 gibt es nicht nur neue bzw. erhöhte Geldbußen. Bei geringeren Geschwindigkeitsverstößen als bisher wird nun innerorts bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h ein Monat Fahrverbot verhängt.

Wie kann man sich gegen ein solches Fahrverbot zur Wehr setzen?

Wurde gegen den Bußgeldbescheid durch den Betroffenen Einspruch eingelegt, wird das Gericht einen Verhandlungstermin bestimmen. In der Praxis vor den Amtsgerichten kommen mehrere Verteidigungsvorbringen in Betracht, die nachstehend ohne Anspruch auf Vollständigkeit genannt werden.

Berufliche Gründe

Das Gericht kann beim Vorliegen einschneidender beruflicher Maßnahmen von einer Verhängung eines Fahrverbots absehen. Die Voraussetzungen sind je nach Bundesland und örtlichem Gericht unterschiedlich zu bewerten. Im Einzelfall wird von den Gerichten ein Arbeitsplatzverlust gefordert, damit von einem Fahrverbot abgesehen werden kann. Dies ist an vielen bayerischen Gerichten der Fall. Im Einzelfall lassen sich erfahrungsgemäß aber praktikable Lösungen erzielen.

Keine abstrakte Gefährdung

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung vor Schulen und Kindergärten, die zu einem Fahrverbot führt, könnte etwa durch den Einwand, dass die Schulen und Kindergärten geschlossen sind begegnet werden. Demgegenüber ist aber zu beachten, dass die Rechtsprechung auch zu Zeiten, in der üblicherweise kein Betrieb herrscht, an der Einhaltung der Gebote festhält. Auch zu Abendstunden oder am Wochenende können teilweise Schüler an Arbeitsgemeinschaften, Chor oder Sport vor Ort sein. Bei grundsätzlichen Schließungen gibt es an vielen Schulen aber auch einen Notbetrieb, in welchem Schüler an der Schule betreut werden.

Eine abstrakte Gefährdung ist beispielsweise bei Rotlicht- oder Geschwindigkeitsverstößen bei Baustellen, die bereits beendet sind,, ohne dass Ampeln und Beschilderung entfernt wurden, der Fall.

Notstandsähnliche Situationen

In der Rechtsprechung sind hierzu mehrfach positive Entscheidungen ergangen. Die Fahrt ins Krankenhaus zur Entbindung wurde als ein solcher Fall angesehen. In der Corona-Zeit käme unter Umständen eine Fahrt zum Krankenhaus wegen entsprechender Symptome in Betracht. Für eine Hebamme, die zu schnell auf dem Weg zum Krankenhaus war, zu dem sie gerufen wurde, hat das Kammergericht dies allerdings verneint (KG, Beschluss vom 10.01.2018 – 3 Ws (B) 252/17).

Augenblicksversagen

Der Bundesgerichtshof hat bereits 1997 festgestellt, dass es einer Fahrverbotsanordnung neben dem Bußgeld nicht bedarf, wenn der Betroffenen infolge Augenblicksversagen eine Ordnungswidrigkeit begeht, die nicht vorkommen darf, aber erfahrungsgemäß auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterläuft (BGH NJW 1997, 3252).

Man spricht umgangssprachlich vom „Mitzieheffekt“ bzw. „Frühstarter“.

Der Autor des Rechtstipps, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen, hat sich auf das Fahrerlaubnis-, Straf- und Bußgeldrecht im Verkehrsrecht spezialisiert. Eine kostenlose Ersteinschätzung oder online wird angeboten.

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