Wohngebäudeversicherer müssen bei ungewissem Schadenzeitpunkt nicht zahlen

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Wohngebäudeversicherer müssen bei ungewissem Schadenzeitpunkt nicht zahlen

Welche versteckten Risiken mit einem Versichererwechsel verbunden sein können, musste ein Versicherungsnehmer erfahren, dessen Leistungsklage vom OLG Celle mit Urteil vom 10.05.2012, 8 U 213/11 (abgedruckt in VersR 2013, 57 ff) zurückgewiesen wurde.

Der klagende Versicherungsnehmer hatte bis zum 30.06.2003 bei Versicherer A eine Wohngebäudeversicherung unterhalten. Seit dem 01.07.2003 besteht ein Wohngebäudeversicherungsvertrag bei dem Versicherer B. Am 24.07.2004 stellte der Kläger Feuchtigkeit in seiner Küche fest, die auf eine Leckage an der Kaltwasseranschlussleitung des Geschirrspülers zurückzuführen war. Die Leitung war aufgrund von Lochfraß undicht geworden. Der Kläger meldete den Schaden bei Versicherer B, der ein Sachverständigengutachten einholte, nach dem „zweifelsfrei davon ausgegangen werden" musste, dass „der hier in Rede stehende Schaden ursächlich bereits vor Beginn des aktuellen Versicherungsvertrags entstanden sein muss". Wenn dem so war, wäre der Versicherer A nach den Bedingungen für den Schaden einstandspflichtig gewesen. Der Versicherer A holte nach der Schadenmeldung bei ihm ebenfalls ein Gutachten ein, das zu dem Ergebnis kommt, dass „Schadensverlauf und Schadenumfang ... aus Sicht der Sachverständigen eindeutig darauf (verweisen), dass der Schaden maximal nur wenige Monate, vielleicht sogar nur wenige Wochen vor der Schadenfeststellung eingetreten ist". Dann wäre Versicherer B einstandspflichtig.

Der Kläger leitete daraufhin ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren ein, mit dem er begehrte, festzustellen, dass der Schaden vor dem 30.06.2003 eingetreten ist. Der beauftragte Sachverständige erteilte daraufhin zwischen 2005 und 2008 ein Gutachten und vier Ergänzungsgutachten und wurde vom Gericht persönlich angehört. In der Anhörung, führte er aus, dass ein Wasseraustritt vor dem 01.07.2003 „eher unwahrscheinlich", aber „nicht auszuschließen" sei. Die Frage, wann der Schaden eingetreten sei, konnte er nicht beantworten. Es wurde dann ein weiteres Gutachten eingeholt, wobei die beauftragte Materialprüfungsanstalt ausführte, dass sie anhand der Korrosion nicht seriös einschätzen könnten, wann die Leckage entstanden ist. Dieselbe Ansicht vertrat der ebenfalls vom Gericht angefragte TÜV.

Der Kläger erhob sodann Klage gegen den Versicherer B und stütze diese auf eine Reihe von Indizien, die seiner Ansicht dafür sprachen, dass der Schaden nach dem 01.07.2003 eingetreten sei. Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen. Die vom Kläger erhobene Berufung hatte keinen Erfolg. Der Versicherungssenat des OLG Celle führte dazu in seinem Berufungsurteil aus, dass der entscheidende Richter auf Grundlage des Ergebnisses der Beweiserhebung so von der zu beweisende Tatsache überzeugt sein muss, dass „vernünftige Zweifel schweigen". Dass ein Geschehen „gut möglich" oder „überwiegend wahrscheinlich" ist, genügt dem nicht. Diesen Grad an Gewissheit sah das Landgericht nicht als gegeben an. Diese Einschätzung hielt der rechtlichen Überprüfung stand. Auch Beweiserleichterung würden nicht für den Kläger sprechen. Im Hinblick darauf, dass entweder die Beklagte oder die Streithelferin für den Schaden einstandspflichtig waren, äußerte sich der Senat auch zu der Frage, ob der Versicherungsnehmer im Hinblick auf die ungeklärte Kausalität einen Anspruch gegen beide Versicherer haben könnte, die dann den Schaden im Innenverhältnis teilen. Auch diesem Gedanken folgte der Senat jedoch nicht. Erstmals angesprochen wurde auch die Frage, ob die im amerikanischen Recht entwickelten Rechtsinstitute der „market share liability" oder „pollution share liability", die die Frage der ungeklärten Kausalität überwinden könnten, im deutschen Recht Anwendung finden. Auch dies wurde vom Senat im Ergebnis verneint.

Die vorliegende Entscheidung zeigt sehr gut, in welche Beweisnot ein Versicherungsnehmer bei sich langfristig entwickelnden Schäden gelangen kann. Im Ergebnis war geklärt, dass einer der beiden Versicherer für den Schaden einstandspflichtig ist, nämlich derjenige, der zum Zeitpunkt des ersten Schadeneintritts das Risiko eingedeckt hatte. Für den Zeitpunkt ist aber der Versicherungsnehmer beweisbelastet und die Unerweisbarkeit geht vollständig zu seinen Lasten.

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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