Wohnungseigentum als Ferienwohnung?

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Fall:

Eine Wohnungseigentümerin klagt gegen die übrigen sieben Wohnungseigentümer. Gemäß Teilungserklärung dürfen die Wohnungseigentümer ihre Wohnungen – z. B. an Feriengäste – kurzzeitig vermieden. Die Teilungserklärung kann aufgrund einer Öffnungsklausel mit einer Mehrheit von 75 % aller Miteigentumsanteile geändert werden. Am 29. März 2017 haben die Wohnungseigentümer mit einer entsprechenden Mehrheit eine Änderung der Teilungserklärung dahingehend beschlossen, dass die Überlassung einer Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste, vor Ort befristet Tätige oder andere Mieter mit Unterkunftsbedürfnissen von kurzer Dauer sowie eine Nutzung als Werkswohnung nicht mehr zulässig ist. Hiergegen hat die Klägerin Beschlussmängelklage erhoben. Die amtsgerichtliche Feststellung der Beschlussnichtigkeit wurde in der Berufung bestätigt; hiergegen wenden sich die übrigen Miteigentümer in der Revision.

Die Entscheidung:

Der BGH hat zunächst die zulässigerweise erfolgte Erlaubnis einer kurzfristigen Vermietung gemäß der bisherigen Fassung der Gemeinschaftsordnung festgestellt: Weil nämlich die dortige Bestimmung „Wohnzwecke“ als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter anzusehen sei, umfasse die zulässige Wohnnutzung auch die Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste, zumal diese Nutzungsart bisher ausdrücklich gestattet war.

Durch die allgemeine Öffnungsklausel wurde den Wohnungseigentümern grundsätzlich die Änderung solcher Vereinbarungen mit qualifizierter Mehrheit gestattet, wobei aber der Minderheitenschutz die Beachtung bestimmter fundamentaler inhaltlicher Schranken erfordert: Besonders zu beachten sind solche Beschlussgegenstände, die zwar verzichtbare, aber „mehrheitsfeste“ Rechte der Sondereigentümer betreffen; diese umfassen dessen Recht der Zweckbestimmung seines Wohnungs- oder Teileigentums. Aus dieser bestimmt sich die zulässige Nutzungsweise der Eigentumseinheit; jede Änderung oder Einschränkung der Nutzung trifft den Sondereigentümer substantiell. Folglich bedürfen die Zweckbestimmung ändernde Eingriffe immer der Zustimmung des betroffenen Eigentümers. Die verfassungskonforme Auslegung der Allgemeinen Öffnungsklausel ergibt notwendigerweise die Ausgestaltung des Sondereigentums als reales Eigentum gemäß Art. 14 GG sowie § 903 BGB; also kann eine solche Klausel nicht etwa dazu ermächtigen, ein als Gaststätte dienendes Teileigentum ohne Zustimmung des Eigentümers mit der Zweckbestimmung „Büro“ zu versehen, weil sich die Mehrheit der Miteigentümer am Gaststättenbetrieb stört.

In gleicher Weise greifen Vermietungsverbote in die Zweckbestimmung des Wohnungseigentums ein. Ein generelles – kurzfristige, wie auch langfristige Vermietungen erfassendes – Vermietungsverbot ist nur dann rechtmäßig, wenn alle (auch die derzeit nicht vermietenden) Wohnungseigentümer zustimmen; denn eingeschränkt würde auch die Zweckbestimmung solcher Einheiten, die gerade von den Eigentümern selbst genutzt werden, aber eine Vermietung künftig unterbleiben müsste. Hier haben die Wohnungseigentümer kein generelles Vermietungsverbot beschlossen, sondern lediglich, dass kurzzeitige Vermietungen untersagt werden. Aber auch hierfür ist die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich; denn das Verbot begrenzt die vorher weite Zweckbestimmung der Eigentumseinheiten und beschränkt das Recht eines jeden Wohnungseigentümers aus § 13 Abs. 1 WEG, mit seinem Sondereigentum nach Belieben zu verfahren, in erheblicher Weise dauerhaft ein. Ohne eine gegenteilige Vereinbarung über die Nutzung des Sondereigentums darf ein Eigentümer hierüber frei entscheiden; er hat einen Anspruch darauf, dass seine Nutzungsbefugnisse über sein Sondereigentum nicht gegen seinen Willen eingeschränkt werden. Folglich dürfen Vermietungen jeglicher Art nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer eingeschränkt oder gar verboten werden.

Hierdurch werden keine die Eigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer missachtet. Allerdings erfordern Regelungen über Zweckbestimmungen von Eigentumseinheiten stets eine allstimmige Beschlussfassung, die gerade in größeren Wohnungseigentumsanlagen schwer zu erreichen ist. Dennoch sind Miteigentümer nicht schutzlos gestellt: Mit Kurzzeitvermietungen häufig verbundene Störungen wie Überbelegung, fortwährende Störungen gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigungen durch Feriengäste können Unterlassungsansprüche gemäß § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB auslösen. Die übrigen Wohnungseigentümer haben aber keine derartigen Störungen geltend gemacht, sondern lediglich angeführt, dass die kurzzeitigen Mieter den anderen Bewohnern unbekannt sind; hieraus ergibt sich keine Störung im Sinne des Gesetzes.

Konsequent hat der BGH die Revision zurückgewiesen.

(BGH, Urteil vom 12. April 2019 – Az.: V ZR 112/18)


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Jörg Diebow

Beiträge zum Thema