Zeiterfassung ab sofort für jeden Arbeitnehmer? – Der EuGH hat entschieden.

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) rüttelte in seinem neuen Urteil zur Zeiterfassung die Arbeitswelt auf, wobei seither vor allem über die praktischen Folgen der Umsetzung dieses Urteils in Deutschland diskutiert wird. 

Der Auslöser dieser neuen Entscheidung war eine Klage der spanischen Gewerkschaft CCO gegen die Deutsche Bank in Spanien vor dem Nationalen Gerichtshof Spaniens. Hintergrund der Klage war der Versuch der Arbeitnehmervertreter der Gewerkschaft, die Deutsche Bank zu verpflichten, die geleisteten Arbeitsstunden ihrer Arbeitnehmer vollständig zu erfassen, da dies bisher so nicht praktiziert wurde. Eine Dokumentierung der gesamten Arbeitszeit würde die Einhaltung der vorgesehenen Arbeitszeit sicherstellen und damit Anzahl von Überstunden korrekt wiedergeben, die in der Folge dann entsprechend zu Gunsten der Arbeitnehmer vergütet werden sollten.  Der Nationale Gerichtshof des Landes Spanien legte die Streitfrage dem EuGH vor, der die Auffassung der Kläger bestätigen konnte. Vor allem die Richter in Luxemburg urteilten im Sinne der EU-Arbeitszeitrichtlinie und der Grundrechtecharta der Europäischen Union (Az.: C-55/18): „Die Arbeitszeit muss zum Schutz der Arbeitnehmer vollständig erfasst werden“. Denn nur so könne "das Grundrecht eines jeden Arbeitnehmers auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sichergestellt werden“, lautete die Begründung des EuGHs in seiner Entscheidung. Gleichzeitig soll den einzelnen Mitgliedstaaten die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung überlassen bleiben, wobei es erlaubt sei, auf Besonderheiten eines Tätigkeitsbereichs und "Eigenheiten bestimmter Unternehmen" einzugehen. Dies kann beispielsweise die Größe eines Unternehmens sein, welche bei der Entscheidung für die Wahl eines bestimmten Erfassungssystems ausschlaggebend ist.

Die Fragen im Hinblick auf die praktische Umsetzung, stellen sich jedoch neben den Vorteilen für Arbeitnehmer in Bezug auf die tatsächliche Arbeitszeit, inklusive geleisteter Überstunden sowie bezüglich der vollständigen Erfassung jeder Arbeitszeit. Einige Berufe sind so konzipiert, dass eine Festlegung der genauen Arbeitszeit nicht möglich ist. Zur Lösung dieses Problems schlägt der DGB folgende Definition des Begriffes „Arbeitszeit“ vor: "Alles, was ich mache, um das betriebliche Interesse meines Arbeitgebers zu befriedigen, ist Arbeit und als solche zu erfassen." Damit könnte die Zeiterfassung von flexiblen Arbeitszeiten, beispielsweise dem Konzept „Homeoffice“, für Arbeitnehmer zukünftig ein Problem darstellen. Der Bundesverband Deutsche Startups warnte: "Die Flexibilität, die Arbeitnehmer selbst einfordern, wird durch solche Vorgaben eingeschränkt." 

Es bleibt daher spannend, wie die Umsetzung dieser neuen Entscheidung des EuGHs in Deutschland in den einzelnen Unternehmen ausgestaltet wird. 


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