Zeitgewinn im Einspruchsverfahren durch Aussetzung (§ 363 Abs. 1 AO) oder Ruhendstellung (§ 363 Abs. 2 AO).

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1. Einführung

Das Einspruchsverfahren im deutschen Steuerrecht bietet Steuerpflichtigen die Möglichkeit, gegen Steuerbescheide des Finanzamtes vorzugehen. 

Ein wesentliches Element dieses Verfahrens ist die Möglichkeit, Zeit zu gewinnen, um die eigenen Rechte effektiv zu wahren und finanzielle Belastungen zu minimieren. 

Im Einspruchsverfahren kann sodann durch zwei zentrale Instrumente weiter Zeit gewonnen werden, namentlich durch die Aussetzung des Verfahrens und die Ruhendstellung. 

Diese Mechanismen ermöglichen es dem Steuerpflichtigen, auf Veränderungen in der Rechtsprechung oder auf andere relevante Umstände zu reagieren, während gleichzeitig die negativen Konsequenzen eines sofort vollziehbaren Steuerbescheids abgemildert werden.


2. Aussetzung des Verfahrens nach § 363 Abs. 1 AO

Die Aussetzung des Verfahrens im Rahmen eines Einspruchsverfahrens nach § 363 Abs. 1 AO ist eine Maßnahme, die es ermöglicht, das Verfahren bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen vorübergehend auszusetzen.

a. Voraussetzungen

  • Anhängiges Einspruchsverfahren: Es muss ein Einspruchsverfahren gegen einen Steuerbescheid beim Finanzamt anhängig sein.
  • Antrag des Steuerpflichtigen: Der Steuerpflichtige muss einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens stellen.
  • Begründete Erwartung einer Änderung der Rechtslage oder Sachlage: Die Aussetzung kann erfolgen, wenn zu erwarten ist, dass sich die für die Entscheidung des Einspruchs maßgebliche Rechtslage oder Sachlage ändern wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine anhängige Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder eine Gesetzesänderung Auswirkungen auf den Fall haben könnte.
  • Keine erheblichen Nachteile für das öffentliche Interesse: Die Aussetzung darf nicht zu erheblichen Nachteilen für das öffentliche Interesse führen.

b. Rechtsfolgen

  • Vorübergehende Unterbrechung des Verfahrens: Das Einspruchsverfahren wird vorübergehend nicht weiterbearbeitet. Dies bedeutet, dass keine Entscheidung über den Einspruch getroffen wird, solange das Verfahren ausgesetzt ist.
  • Fortsetzung des Verfahrens: Das Verfahren wird fortgesetzt, sobald die Gründe für die Aussetzung entfallen sind, beispielsweise nach einer relevanten Entscheidung des BFH oder einer Änderung der Gesetzeslage.
  • Keine Aussetzung der Vollziehung: Wichtig ist, dass die Aussetzung des Verfahrens nicht die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids bedeutet. Die Steuerforderungen bleiben also grundsätzlich fällig.


3. Ruhendstellung des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO

a. Voraussetzungen:

  • Einspruch: Auch hier muss ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid vorliegen.
  • Einverständnis: Sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt müssen der Ruhendstellung zustimmen.
  • Abhängigkeit von einem anderen Verfahren: Oft wird die Ruhendstellung gewählt, wenn die Entscheidung im Einspruchsverfahren von einem anderen Verfahren abhängt, z.B. einem anhängigen Gerichtsverfahren oder einer Entscheidung in einem anderen Fall.

b. Rechtsfolgen:

  • Aussetzung der Bearbeitung: Das Einspruchsverfahren wird vorübergehend nicht weiter bearbeitet.
  • Keine Vollziehungsaussetzung: Im Gegensatz zur Aussetzung der Vollziehung wird der Steuerbescheid weiterhin vollzogen, d.h., die Steuerforderungen bleiben fällig.
  • Fortsetzung: Das Verfahren wird fortgesetzt, sobald der Grund für die Ruhendstellung entfällt.


4. Fazit

Die Aussetzung des Verfahrens und die Ruhendstellung im Rahmen des Einspruchsverfahrens sind wichtige Werkzeuge für Steuerpflichtige, um auf unerwartete oder strittige Steuerforderungen zu reagieren. 

Sowohl die Aussetzung des Verfahrens als auch die  Ruhendstellung ermöglichen eine strategische Pause im Verfahren, um auf externe Entwicklungen oder Klärungen zu reagieren und zu warten. 

Beide Optionen sollten sorgfältig in Betracht gezogen werden, um die bestmöglichen Ergebnisse im Rahmen des Einspruchsverfahrens zu erzielen. 

Sie bieten effektive Mittel, um die Rechte der Steuerpflichtigen zu wahren und gleichzeitig unnötige finanzielle Belastungen zu vermeiden.

Ein fachkundiger Rechtsanwalt kann daher wesentlich Einfluss im Einspruchsverfahren nehmen und Ihre Interssen hinreichend schützen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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