Zinsersparnis durch Widerruf von Baudarlehen

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Die aktuelle Niedrigzinspolitik der Zentralbank bedeutet auch im Bereich der Baufinanzierung, dass die Kreditnehmer ihre Baudarlehen derzeit zu außerordentlich günstigen Konditionen abschließen können. Vergleicht man die Höhe der Zinssätze für Baufinanzierungen der letzten Jahre mit denen, die aktuell am Markt angeboten werden, ergibt sich ein enormes Zinsgefälle. Kann man dieses als Darlehensnehmer ausnutzen, bedeutet das schon bei kleineren Finanzierungssummen Ersparnisse, die oft die Höhe eines fünfstelligen Eurobetrages an Zinsen erreichen können. Obwohl man in der Phase historisch niedriger Zinssätze so viele Euro an Zinszahlungen sparen könnte, verhindern die von vielen Darlehensnehmern in früheren Zeiten bei hohen Zinssätzen eingegangenen Zinsbindungen heute den Umstieg auf Darlehensverträge mit günstigeren Konditionen. 

Hat ein privater Kreditnehmer jedoch vor 2010 eine Immobilienfinanzierung abgeschlossen, bestehen nach neuesten Gerichtsentscheidungen durchaus gute Chancen, eine laufende Finanzierung zu kündigen und durch eine neue und günstigere zu ersetzen. Das ermöglichen unter anderem neue Entscheidungen des BGH zu fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen. Nach dem neuesten Stand der Rechtsprechung können Immobilieneigentümer laufende Baufinanzierungen sogar dann noch wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung widerrufen, wenn die Finanzierungsvereinbarungen schon Jahre zurück liegen. Solche Kündigungen begründen auch keine Ansprüche des Darlehensgebers auf Vorfälligkeitsentschädigung. 

Die aktuelle Sicht der Rechtslage geht hauptsächlich auf einen Fall zurück, den der Bundesgerichtshof letztinstanzlich am 28.6.2011 unter dem Aktenzeichen XI ZR 349/10 entschied. Geklagt hatten Darlehensnehmer, die von einer Bank ein Baudarlehen zur Finanzierung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds erhalten hatten. Sie verklagten die Kreditgeberin, um den Darlehensvertrag vorfristig aufzulösen und gleichzeitig die zur Besicherung des Kredits geleisteten Sicherheiten zurück zu erhalten. Ferner verlangten sie, dass Ihnen die Bank ihre bereits vorgerichtlich angefallenen Anwaltskosten erstattet. Zur Begründung führten die Kläger und Darlehensnehmer an, dass die von der Bank vorgelegte Widerrufserklärung fehlerhaft sei. Die Bank vertrat die Auffassung, dass die Darlehensnehmer kein Kündigungsrecht hätten, weil alle Vertragsformalitäten eingehalten wurden.

Der BGH stellte dazu fest, dass die Bank den Kreditnehmern zwar eine Widerrufserklärung vorgelegt hatte, diese enthielt jedoch eine mach Meinung der Richter fehlerhafte Aussage zum Beginn der Widerrufsfrist. Diese sollte dem Text nach "frühestens" beim Eintreffen der Belehrung in Textform beim Darlehensnehmer beginnen. Der BGH war der Auffassung, dass diese Formulierung hinter der vom Gesetz geforderten Musterbelehrung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückblieb, weil sie als Widerrufsbelehrung weder zutreffend noch eindeutig das Ereignis nennt, das den Beginn der gesetzlichen Widerrufsfrist markieren sollte. Damit fehlte es laut BGH-Beschluss an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der Bank den Klägern gegenüber und deshalb habe die Widerrufsfrist niemals begonnen zu laufen. Der BGH bestätigte die Auffassung der Darlehensnehmer, den Darlehensvertrag zu kündigen ihre Sicherheiten zurückzuerhalten und einen Anspruch auf den geforderten Kostenersatz zu haben.

Nach den bisherigen Erfahrungen legen die Gerichte jetzt die Rechtslage in den meisten Fällen dieser Art zu Gunsten der Darlehensnehmer aus. Trotz der bisher eindeutigen Anzeichen einer hierzu darlehensnehmerfreundlichen Rechtsprechung weigern sich Sparkassen und Banken oft, eine Darlehenskündigung unter Hinweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung kampflos zu akzeptieren. Schafft es der Kreditnehmer dann nicht allein, sich mit der Bank über eine einvernehmliche Aufhebung der laufenden Baufinanzierung zu einigen, sollte der Kreditnehmer einen Anwalt einschalten. Wenn dieser sich im Auftrag des Kreditnehmers mit entsprechend rechtlich fundierten Argumenten schriftlich mit einem Kreditgeber auseinandersetzt, reicht erfahrungsgemäß oft schon ein außergerichtliches Anwaltsschreiben, um eine außergerichtliche Einigung mit dem Kreditinstitut herbeizuführen.


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