Zivilprozessordnung - Leicht verstanden!

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In diesem Fachbeitrag sollen mal einige Begriffe der Zivilprozessordnung erklärt werden, da ich im Rahmen meiner Vortragstätigkeit festgestellt habe, dass hier große Unsicherheiten bestehen. Dies muss nicht sein. Auftragnehmer müssen sich immer auf etwaige gerichtliche Auseinandersetzungen einstellen. Deshalb halte ich die Kenntnis des Auftragnehmers von prozessualen Rechtsbegriffen für absolut notwendig.

1. Beweislast

Der Auftragnehmer sollte sich immer mit der Frage nach der Beweislast beschäftigen, wenn er eine Klage anstrengt, um seinen Werklohn geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung hat grundsätzlich derjenige, der an einen bestimmten Sachverhalt eine für ihn günstige Rechtsfolge anknüpft, dessen tatsächliche Voraussetzungen zu beweisen. Klar gesagt: Wenn ich was haben will, dann muss ich das auch darlegen und beweisen. Das bedeutet, dass der Auftragnehmer, der Werklohn möchte, auch die Voraussetzungen für diesen Werklohnanspruch darlegen und beweisen muss. Hierzu gehört bekanntlich, dass der Auftragnehmer eine prüffähige Schlussrechnung gestellt hat und eine Abnahme erfolgt ist. Diese Voraussetzungen muss der Auftragnehmer zwingend vor Gericht darlegen und beweisen. Ein Mangel der Aufklärbarkeit von Tatsachen wirkt sich zum Nachteil derjenigen Partei aus, die für den betreffenden Umstand die Beweislast trägt. Dies heißt, wenn eine Abnahme vor Gericht nicht bewiesen werden kann, insbesondere nach Zeugenanhörung, so geht dieses negative Beweisergebnis ausschließlich und allein zu Lasten des Beweisbelasteten, und dies ist in diesem Falle der Auftragnehmer.

Meist ist es nach einer Beweisaufnahme auch so, dass jede Partei des Rechtsstreits, also Kläger und Beklagte, Zeugen für eine bestimmte Tatsache aufgeboten haben, die jeweils den Vortrag der eigenen Partei bestätigt haben. Es fragt sich, wie dieses Beweisergebnis für den Ausgang des Prozesses bewertet werden soll. Bei einem solchen Ausgang der Beweisaufnahme sieht die Zivilprozessordnung vor, dass das Beweisergebnis zu Lasten desjenigen geht, der die Beweislast hat. Dies kann mit einem Fußballspiel verglichen werden. Bei einem 1:1 gewinnt nicht derjenige, der die Beweislast hat. Vielmehr braucht derjenige, der die Beweislast trägt, zu seinem Sieg unbedingt ein 2:1 gegenüber dem Gegner. Nur dann kann man einen Sieg im Rechtsstreit nach Hause fahren. Dies ist vielen Auftragnehmern nicht klar. Vielfach gehen die Auftragnehmer davon aus, dass ihre Zeugen schon den Sachverhalt bestätigen können, jedoch übersehen sie dabei, dass die Gegenseite auch Zeugen aufbieten wird, die meist widerspruchsfrei das Gegenteil von dem bekunden, was die Zeugen des Beweislastträgers aussagen. In dem Fall kann der Beweisbelastete nicht gewinnen. Vielmehr geht das Beweisergebnis 1:1 aus. Die Folge daraus ist jedoch, dass der Beweis nicht geführt ist und mithin der Rechtsstreit verloren gehen kann. Deshalb soll ausdrücklich davor gewarnt werden, dass der Auftragnehmer sich nur auf seine Zeugen verlässt. Vielmehr ist es entscheidend, dass außergerichtlich bereits ein zielführender Schriftverkehr geführt wurde, aus dem das Gericht ohne Zeugenbeweis die Beweistatsachen entnehmen kann.

Deshalb halte ich es für wichtig, dass der Auftragnehmer sein gesamtes außergerichtliches Handeln vor dem Hintergrund der Beweislast ausrichtet. Damit ist einfach gemeint, dass er seine Rechtsposition mehr schriftlich absichern und nicht nur auf seine Zeugen schielen soll. In dem Zusammenhang muss man leider feststellen, dass viele Zeugen, die von einer Partei benannt werden, leider in Beweisaufnahmen umfallen bzw. eine solche Aussage treffen, die das von der eigenen Partei angestrebte Beweisergebnis in keinster Weise widerspiegeln. Deshalb sollte man sich nicht allzu sehr auf die menschliche Komponente verlassen, sondern mehr auf das geschriebene Wort achten.

Der Satz, auf Hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand stimmt nur, wenn man sich allein auf unsichere Beweismittel wie Zeugen verlässt.

Hiermit möchte ich mich einmal für das deutsche Recht, insbesondere die Zivilprozessordnung, die von Beweislastregeln ausgeht, einsetzen und die Aussage treffen, dass deutsches Recht gutes Recht ist. Das deutsche Recht stellt auf objektive Kriterien ab. Derjenige, der einen Anspruch behauptet, soll nur dann seinen Anspruch durchsetzen können, wenn er die Anspruchsvoraussetzungen hierfür auch darlegen und beweisen kann. Dies ist gerecht und vernünftig. Jeder kann seine Rechtsposition im Rahmen der uns grundrechtlich geschützten Vertragsfreiheit absichern. Dies soll ein Beispiel aufzeigen:

Bei einem Darlehensvertrag zwischen zwei Parteien, der nur mündlich in Anwesenheit beider Parteien geschlossen wurde, begehrt Partei A die Rückzahlung des Darlehens von Partei B.

Partei B wendet plötzlich ein, dass ihm das Geld nicht geliehen, sondern geschenkt wurde. Partei A strengt daraufhin eine Klage an und muss dann im Prozess feststellen, dass er die Klage verlieren wird. Denn Partei A trägt die Beweislast dafür, dass ihm ein Rückzahlungsanspruch zusteht. Voraussetzung dafür ist, dass ein Darlehensvertrag zwischen Partei A und Partei B geschlossen wurde. Die Gegenseite wendet natürlich ein, dass ihm das Geld geschenkt wurde. Somit ergibt sich bei Aussage gegen Aussage ein 1:1 vor Gericht, so dass die beweisbelastete Partei, also hier Partei A, die ihr Geld zurück haben will, unterliegen wird.

Dieses Ergebnis ist sachlich richtig und gerecht, da das Gericht nicht feststellen kann, ob in dem Fall ein Darlehens- oder ein Schenkungsvertrag zustande gekommen ist. Es wäre ungerecht, der Partei A nur deshalb den Darlehensrückzahlungsanspruch zuzubilligen, da er diesen Anspruch behauptet hat. Dies würde den Anspruchsgegner unzumutbar benachteiligen. Dies wird oftmals übersehen, wenn man den Gerechtigkeitsgedanken ins Feld führt. Die deutsche Zivilprozessordnung ist gerecht, da sie den Ausgang des Rechtsstreits an objektive Kriterien anknüpft. Es kann dabei nicht nur auf die Sichtweise einer Partei, insbesondere der Sichtweise des Anspruchstellers ankommen. Partei A hätte sich in dem Darlehensfall einfach dadurch schützen können, dass er einen schriftlichen Darlehensvertrag mit der Gegenseite geschlossen hätte und nicht nur eine mündliche Vereinbarung. Ein Tipp am Rande: Dieser Fall ist nicht realitätsfern, insbesondere bei Darlehen unter Familienmitgliedern und Bekannten sollte man sich schriftlich auf jeden Fall absichern und hier auch nicht zögern, eine kurze schriftliche Vereinbarung zu machen. 

Deshalb kann auch für jeden Auftragnehmer nur gelten, dass Verträge und auch alle Zusatzaufträge (Nachträge, Stundenlohnarbeiten) nur schriftlich abgeschlossen werden, um den Leistungsumfang und den daraus resultierenden Werklohnanspruch beweisen zu können.

Mithin ist der Auftragnehmer gut beraten, wenn er die Beweislastregel in der täglichen Baupraxis im Kopf hat und auch dementsprechend umsetzt.


2. Zuständigkeit der Gerichte in Bausachen

Auch bei der Frage der Zuständigkeit der Zivilgerichte treten häufig Unsicherheiten bei den Auftragnehmern auf, so dass dargestellt werden soll, bei welchem Gericht ein Rechtsstreit anhängig zu machen ist.

2.1 Sachliche Zuständigkeit

Bis zu einem Streitwert von 5.000,00 € ist das Amtsgericht als Eingangsinstanz in Bausachen sachlich zuständig. Ab einem Gegenstandswert von 5.000,01 € ist das Landgericht in Bausachen als Eingangsinstanz zuständig. Meist liegen die Streitwerte über 5.000,00 €, so dass immer das Landgericht als Eingangsinstanz sachlich zuständig ist.

Die Berufungsinstanz, also die nächst höhere Instanz ist für das Amtsgericht das Landgericht und für das Landgericht das Oberlandesgericht.

2.2 Örtliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit der Gerichte bestimmt sich grundsätzlich gemäß § 13 ZPO nach dem Wohnsitz/Firmensitz der beklagten Partei. Bei Klage gegen einen privaten Bauherren muss die Klage bei dem zuständigen Gericht an den Wohnsitz/Firmensitz des Beklagten eingereicht werden. Gerichtsstandsvereinbarungen, die privatrechtlich mit einem privaten Bauherren für einen anderen Gerichtstand als den Wohnsitzgerichtsstand vereinbart werden, sind grundsätzlich unwirksam.

Grundsätzlich sind Gerichtsstandsvereinbarungen nur wirksam, wenn beide Vertragspartner Kaufleute sind. Mithin ist eine solche Gerichtsstandsvereinbarung nur mit einem gewerblichen Unternehmen wirksam.

Darüber hinaus gibt es jedoch auch den Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO. Dieser Gerichtsstand ist ein besonderer Gerichtsstand. Der BGH hat durch Beschluss vom 5. Dezember 1985 klargestellt, dass Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen aus einem Bauwerkvertrag regelmäßig der Ort des Bauwerks ist, da die Baubeteiligten die Absicht und die Vorstellung haben, ihre gesamten Rechtsbeziehungen an dem Ort des Baugeschehens zu erledigen. Es kommt hierbei insbesondere nicht darauf an, ob es sich um größere oder kleinere Bauleistungen handelt oder ob Arbeiten an einem Neu- oder für einen Altbau vorgenommen werden.

Das bedeutet für einen Bauvertrag mit einem Generalunternehmer, der seinen Geschäftssitz in Hamburg hat, dass der Auftragnehmer nicht in Hamburg klagen muss, wenn der Auftragnehmer die Bauleistung in Düsseldorf erbracht hat und in dieser Region ansässig ist. Dann kann der Auftragnehmer den besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes wählen und auch in Düsseldorf klagen, was aufgrund der räumlichen Nähe natürlich für den Auftragnehmer mit weniger Zeitaufwand verbunden ist, insbesondere wenn es zu einem Sachverständigentermin auf der Baustelle kommt.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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