Zivlirechtliche contra strafrechtliche Arzthaftung

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Bereits im Februar 2014 sprach das OLG Hamm einem Fußballspieler 8.000 € Schmerzensgeld zu, da das beklagte Krankenhaus eine Schraube falsch in dessen Schlüsselbein eingesetzt hatten (Urt.18.02.2014; Az: 26 U 152/13). Die Schrauben waren nur wenige Wochen nach Einsatz in die Schulter abgebrochen und mussten in einer weiteren OP entfernt werden.

Zwar könne auch einem erfahrenen Chirurgen ein Positionsfehler beim Bohren passieren. Vorliegend wertete das Gericht, die mangelnde intraoperative Kontrolle der Bohrung jedoch als Behandlungsfehler. Zwar sei eine intraoperative Kontrolle erfolgt, diese sei jedoch nicht ausreichend gewesen, da die beiden Kontrollbilder aus einer fast identischen Perspektive gemacht worden waren und daher die Lage der Schraube nicht sachgerecht abbilden konnten. Ansonsten habe sich der Chirurg auf seine Augen und seine Erfahrung verlassen. Dies sei ein grober Behandlungsfehler.

Ein nahezu identischer Fall lag nunmehr der Staatsanwaltschaft Gießen vor. Der die - in diesem Fall 20jährige Patientin - nach dem Unfall behandelnde Chirurg kassierte eine Strafanzeige des Rechtsanwaltes der Patientin. Ihm wurde fahrlässige Körperverletzung (§229 StGB vorgeworfen). Wiederum war eine Schraubenfehllage der Grund für die Beschwerden der Patientin. Auch in diesem Fall fehlten ausreichende intraoperative Bildaufnahmen sowie eine Nachkontrolle. Wiederum fand eine RevisionsOP statt.

Der Verfahrensausgang war indes ein anderer. Die Staatsanwaltschaft in Gießen stellte das Strafverfahren ein. Zwar hatte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse von erheblichen Fehlern gesprochen. Indes waren die im Rahmen des Strafverfahrens eingeholten Gutachten wesentlich zurückhaltender als das Gutachten des MDK. Insbesondere ließ sich die Schraubenfehllage auch durch die besonders dünnen Pedikel (Teil des Wirbelkörpers) der Patientin erklären.

Nach etwa 18monatiger Auseinandersetzung stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ohne Auflagen ein.

Hier zeigt sich wieder eine altbekannte Weisheit im Arzthaftungsrecht: Es ist fast immer ein Fehler als Patientenanwalt ein strafrechtliches Verfahren gegen den behandelnden Arzt einzuleiten. Das Strafverfahren wird regelmäßig zum Bumerang, da die Gutachter im Strafverfahren wesentlich zurückhaltender bei der Beurteilung des ärztlichen Handelns sind. Ein eingestelltes strafrechtliches Verfahren dient aber auch den Zivilgerichten als Indiz für das Maß der Fahrlässigkeit.

Die insbesondere im Medizinrecht und Strafrecht tätige Anwaltskanzlei Weil in Gießen hilft - wie hier - betroffenen Medizinern gerne weiter, wenn sie sich mit dem Vorwurf der Körperverletzung konfrontiert sehen.


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