Zum kartellrechtlichen Lieferanspruch

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Wenn der Lieferant nicht mehr liefert

Oft kommt die Schock-Nachricht ganz überraschend: „Sehr geehrter Herr/sehr geehrte Frau ... Wir haben uns entschlossen, Sie mit Wirkung zum ... nicht weiter zu beliefern!“

Plötzlicher Lieferstopp

Dies ist für viele Händler sehr bitter, da sie auf ein bestimmtes Produkt angewiesen sind, bzw. ihr gesamtes Geschäftskonzept auf dem Verkauf eines bestimmten Markenproduktes beruht. Viele fragen sich, was zu tun ist, wenn sich der Lieferant/Großhändler/Hersteller weigert, einen zu beliefern, bzw. die Lieferung einfach einstellt. „Vertragsfreiheit!“ rufen die einen. „Wo kommen wir denn da hin“, die anderen. Und wie so oft gilt auch hier: es kommt drauf an!

Kartellrechtlicher Belieferungsanspruch

Unter bestimmten Konstellationen kann ein kartellrechtlicher Lieferanspruch bestehen. Kartellrecht klingt auf Anhieb nach großen Unternehmen, Fusionen und Weltkonzernen. Ein solcher kartellrechtlicher Lieferanspruch kann aber gerade kleinen und mittleren Unternehmen zustehen. So sieht § 20 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) das folgende vor:

„§ 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen (relative Marktmacht).“

19 Abs. 1 GWB sieht wiederum folgendes vor:

„Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.“

Diskriminierung von Unternehmen ist verboten

Im Ergebnis bedeutet dies, dass auch sog. markstarke Unternehmen ihre Stellung nicht ausnutzen und andere Unternehmen diskriminieren dürfen. Eine solche Diskriminierung wäre aber der plötzliche Lieferstopp ohne sachlichen Grund. Es muss also bei einem Lieferstopp immer herausgearbeitet werden, ob der Lieferant eine sog. markstarke Stellung einnimmt. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn zwischen dem belieferten Unternehmen und dem Lieferanten eine sog. sortimentsbedingte Abhängigkeit besteht. Hiervon sind solche Fälle umfasst, in denen das belieferte Unternehmen ein bestimmtes Produkt im Sortiment führen muss, um konkurrenzfähig zu sein. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Verbraucher von einem bestimmten Geschäft regelrecht erwartet, dass es dort ein bestimmtes Produkt zu kaufen gibt. Beispiel: von einem Haushaltsgeräteladen kann man erwarten, dass dort Waschmaschinen der Marke xy angeboten werden.

Sortiments- und unternehmensbezogene Abhängigkeit

Es kann jedoch auch eine sog. unternehmensbezogene Abhängigkeit bestehen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das belieferte Unternehmen seit vielen Jahren lediglich Waren eines bestimmten Herstellers vertreibt, das gesamte Marketing auf diesen Hersteller ausrichtet und erhebliche Teile seines Umsatzes mit dem Verkauf von Waren des bestimmten Herstellers erwirtschaftet. Als Beispiel für eine unternehmensbezogene Abhängigkeit werden häufig Autohäuser einer bestimmten Automarke genannt.

Letztlich darf für die Diskriminierung auch kein sachlicher Grund vorliegen. Dies ist stets im Einzelfall zu ermitteln.

Stellt man nun fest, dass man von dem Hersteller/Lieferanten im kartellrechtlichen Sinne abhängig ist, können hieraus Unterlassungs-, Kostenerstattungs- und Schadenersatzansprüche erwachsen. So kann man einen bestimmten Lieferanten dann auch zur weiteren Belieferung zwingen.

Deutschlandweite Hilfe

Wir von der Kanzlei Obladen Gaessler Rechtsanwälte aus Köln vertreten deutschlandweit viele Händler – insbesondere im Bereich des E-Commerce- auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechtes. Wenn auch Sie meinen, dass Ihnen ein Lieferanspruch zusteht, bzw. Sie einen solchen Lieferanspruch abwehren möchten, können Sie sich gerne an uns wenden. Eine kurze Ersteinschätzung der Rechtslage bieten wir dabei kostenfrei an.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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