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Zum Stillen ins Hinterzimmer? Petition fordert Gesetz gegen Diskriminierung stillender Mütter

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Sein Kind in der Öffentlichkeit stillen? Erregung öffentlichen Ärgernisses oder das Natürlichste auf der Welt? Im Lokal mit dem Kind zum Stillen auf die Toilette gehen oder am Tisch sitzen bleiben? Die Frage, wo Frauen ihrem Kind die Brust geben dürfen oder nicht, sorgt auch hierzulande noch für Aufregung. Das zeigt sich wieder einmal am Fall einer Frau, die in Berlin aus einem Café verwiesen wurde, weil sie ihr Kind nicht im hinteren Bereich stillen wollte. Sie startete daraufhin eine Petition für ein Gesetz zum Schutz für stillende Mütter in der Öffentlichkeit, der sich bereits mehr als 11.000 Personen angeschlossen haben. Ist das wirklich notwendig?

Hausrecht lässt sich nicht immer ausüben

Moral und Toleranz in dem Fall mal außen vor gelassen – aus rechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob eventuell das Hausrecht den Verweis stillender Mütter deckt? Nach dem Hausrecht kann grundsätzlich jeder frei darüber entscheiden, wem er Zutritt zu seinen Räumen gewährt und verwehrt. Grundsätzlich frei heißt aber nicht vollkommen frei und damit willkürlich.

Einschränkungen des Hausrechts ergeben sich etwa aus einer gesetzlichen Pflicht mit jedermann Verträge abzuschließen. Dieser sogenannte Kontrahierungszwang schränkt die Vertragsfreiheit entsprechend ein. So sind etwa Taxi- und Luftfahrtunternehmen dazu verpflichtet, jedermann zu befördern. Für Gaststätten ist eine derartige Pflicht zur Bedienung jedes Kunden aber nicht bekannt.

Stillende Mütter nicht wirklich geschützt

Begrenzt wird das Hausrecht allerdings auch durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses schützt vor der Diskriminierung aufgrund von Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts, das aber nur in bestimmten Fällen. Stellt sich die Frage, ob eine Frau, die ihr Kind stillt, durch ein Hausverbot wegen ihres Geschlechts dem Gleichbehandlungsgesetz nach diskriminiert wird? Dazu müsste sich das Gesetz darauf anwenden lassen. Beim genaueren Blick in die Paragraphen, schützt das AGG Schwangere und Mütter aber nur vor Diskriminierungen rund um Einstellung und ihre Beschäftigung. Außerdem dürfen Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen. Zu anderen Anwendungen hüllt es sich in Schweigen.

Nach Medienberichten äußerte sich allerdings die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die eine Diskriminierung im Hausverbot stillender Mütter sieht. Die Stelle verweist dabei auf die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie (2004/113/EG). Diese regelt den Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen – also auch den zu einem privat betriebenen Café. Nach ihr darf dabei keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, auch keine Schlechterstellung von Frauen aufgrund von Schwangerschaft oder Mutterschaft erfolgen. Dabei beruht auch das Gleichbehandlungsgesetz mit auf dieser EU-Richtlinie. Wird eine Richtlinie dabei nicht ordnungsgemäß umgesetzt, kann sie dennoch unmittelbar wirken und von Behörden angewendet werden. Private Personen untereinander kann die unzureichende Umsetzung jedoch nicht verpflichten. In diesem Fall ist lediglich ein Schadensersatz gegenüber dem jeweiligen Mitgliedstaat möglich. Insofern macht die Forderung nach einem Gesetz zum besseren Schutz des Stillens Sinn. Seit kurzem läuft dazu auch die von der im Berliner Café betroffenen Mutter auf campact.de gestartete Petition.

Kein Erregen öffentlichen Ärgernisses

Fest steht jedenfalls: Das normale Stillen in der Öffentlichkeit ist kein strafbares Erregen öffentlichen Ärgernisses. Denn dazu fehlt es bereits an einer sexuellen Handlung und erst recht an an einer entsprechenden Absicht der Mütter. Auf der Parkbank und anderswo im öffentlichen Raum ist Stillen daher erlaubt.

Fazit: Der Schutz stillender Mütter in der Öffentlichkeit ist nicht umfassend gesetzlich geregelt.

(GUE)

 

Foto(s): ©Fotolia.com

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