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Alleiniges Sorgerecht für das Kind

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Alleiniges Sorgerecht für das Kind

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Sorgerechtsberechtigter Personenkreis

Im Regelfall besitzen beide Eltern die elterliche Sorge und die elterliche Verantwortung für ihre minderjährigen Kinder. Die Eltern entscheiden zusammen zum Wohl des Kindes. Ein Recht auf einen perfekten und makellosen Elternteil haben Kinder nicht. Das gemeinsame Sorgerecht entsteht kraft Gesetzes (§ 1626 Bürgerliches Gesetzbuch BGB), wenn die Eltern im Zeitpunkt der Geburt miteinander verheiratet sind. Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, so entsteht das Mitsorgerecht des Vaters nach § 1626a BGB, wenn die Eltern erklären, dass sie die elterliche Sorge gemeinsam ausüben wollen. 

Die Abgabe der Sorgerechtserklärungen ist vor oder nach der Geburt des Kindes beim zuständigen Jugendamt möglich und wird durch eine Urkunde als Nachweis bescheinigt, gleichzeitig wird die Vaterschaftsanerkennung abgegeben und ebenfalls durch eine Urkunde nachgewiesen. Alternativ können die Eltern heiraten oder ein Elternteil erhält das gemeinsame Sorgerecht auf gerichtlichen Antrag vom Familiengericht zugesprochen. Der vom Gericht ergangene Sorgerechtsbeschluss dient dann als Nachweis für den entsprechenden Elternteil.

Sorgerecht: Pflichten der Eltern

Gesetzlich ist festgelegt, welche Pflichten die Eltern bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge haben: Gemäß § 1627 BGB haben die Eltern die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und wurde dem Vater auch nicht die gemeinsame elterliche Sorge mit der Mutter zugesprochen oder gemeinsam erklärt, dann trägt die Mutter die alleinige elterliche Sorge. Der Vorteil der Alleinsorge ist, dass der allein sorgeberechtigte Elternteil allein in Angelegenheiten des Kindes entscheiden darf. 

Sorgerechtsbereiche 

Es gibt verschiedene Bereiche der elterlichen Sorge für das minderjährige Kind. Diese sind vom Umgangsrecht zu unterscheiden. Das Umgangsrecht ist das Recht, das Kind zu sehen und mit ihm persönlichen Kontakt zu haben und am Leben und Aufwachsen des Kindes aktiv teilzuhaben. Das Sorgerecht ist das Recht, über Angelegenheiten des Kindes, wie beispielsweise die Schulwahl, zu entscheiden.  

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich des Sorgerechts ist das Recht, über den Wohnort des Kindes zu entscheiden. Sind die Eltern getrennt lebend und können sich die Eltern über den Wohnort des Kindes nicht einigen, kann das Familiengericht einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen.  

Darüber hinaus haben die Eltern das Personensorgerecht als Teil des Sorgerechts inne. Das Personensorgerecht beinhaltet das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu pflegen und zu beaufsichtigen. Die Erziehung beinhaltet beispielsweise die Anmeldung in der Schule, in Vereinen und die Förderung des Kindes. Auch die Entscheidung über die religiöse Erziehung liegt im Personensorgerecht. Die Pflege betrifft das Recht und auch die Pflicht, das Kind medizinisch zu versorgen (Gesundheitssorge) und über Behandlungen und Operationen zu entscheiden (zum Beispiel bei der Coronaimpfung). Die Beaufsichtigung des Kindes ist ebenfalls ein Teil des Sorgerechts und auch eine Pflicht, die beinhaltet, dass das Kind je nach seinem Reifegrad und seiner persönlichen Entwicklung beaufsichtigt wird, sei es durch Dritte in der Kita oder im Hort oder durch den Elternteil selbst. Hierzu gehört die Pflicht, das Kind nicht zu vernachlässigen und für eine altersgerechte Betreuung Sorge zu tragen. Das Personensorgerecht beinhaltet ebenfalls die Vermögenssorge für das Kind und das Recht, das Kind beispielsweise bei Behörden anzumelden und den Pass zu beantragen.  

Wenn sich Eltern trennen, kann es vorkommen, dass diese sich über Angelegenheiten des Kindes nicht einig sind. Möchte ein Elternteil beispielsweise das Kind im Reitunterricht anmelden und verweigert dies der andere Ehegatte, kann das Gericht die Zustimmung zum Reitunterricht ersetzen.  

Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen Elternteil

Die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen Elternteil durch das Familiengericht ist stets das allerletzte Mittel. Vorher muss geprüft werden, ob es nicht mildere Mittel als den Sorgerechtsentzug gibt, um den Streit zwischen den Eltern zu beenden, da das Sorgerecht nach Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz verfassungsrechtlich geschützt ist. Ein Sorgerechtsentzug oder die Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge auf einen Elternteil geschieht nicht ohne Weiteres, weil es sich ein Elternteil so wünscht, sondern wird nur dann entzogen, wenn eine Kommunikationsebene zwischen den Eltern stark und massiv eingeschränkt oder sogar unmöglich ist, weil sich ein Elternteil der Mitwirkung vollständig entzieht und das Wohl des Kindes beeinträchtigt ist. Ferner ist es die aktuell herrschende Rechtsprechung, dass eine mildere Alternative zum Sorgerechtsentzug eine widerrufliche Sorgerechtsvollmacht darstellt, in der ein Elternteil dem anderen Elternteil die Vollmacht erteilt, in Teilbereichen oder dem gesamten Sorgerecht den vollmachtgebenden Elternteil zu vertreten.  

Die Gründe für einen Sorgerechtsentzug müssen massiv sein und einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Position zum Schutze des Kindes rechtfertigen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Elternteil auf jegliche Anfragen und Bitten um Zustimmung in wichtigen Angelegenheiten des Kindes nicht reagiert, sei es bei der Passbeantragung, bei der Schulwahl, bei medizinischen Eingriffen oder Maßnahmen, die immer die Zustimmung beider Elternteile erfordert. Durch die fehlende Mitwirkung eines Elternteils kann dann der Elternteil, der das Kind betreut, in der Regel keine Handlungen für das Kind vornehmen, was die persönliche Entwicklung des Kindes beeinträchtigen kann. Der betreuende und das Kind vertretende Elternteil muss handlungsfähig sein. Ein weiterer Grund kann der Wegzug eines Elternteils ins Ausland sein, eine Haftstrafe sowie eine Alkohol- und Drogenabhängigkeit oder andere schwerwiegende, gegen das Kind gerichtete Handlungsweisen, wie Gewalt oder Missbrauch. Dies ist stets im Einzelfall zu prüfen und ebenfalls konkret vorzutragen.  

Gerichtsverfahren und Eilverfahren in Sorgerechtsangelegenheiten

Um als Vater oder Mutter das alleinige Sorgerecht zu beantragen, ist dem Gericht gegenüber ein Vortrag darüber zu leisten, dass die Übertragung der elterlichen Sorge dem Kindeswohl am besten entspricht. Hierfür sind im Sorgerechtsantrag anzugeben, welche konkreten Mängel beim anderen Elternteil in der Erziehungseignung und Kooperationsfähigkeit bestehen, wie beispielsweise Verwahrlosung oder fehlende Beaufsichtigung des Kindes, gezielte Manipulationen durch einen Elternteil, Loyalitätskonflikte des Kindes, fehlende Akzeptanz eines Elternteils und Rücksichtnahme auf das Kind oder die fehlende Eignung, auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen. Entscheidend ist auch der Wille des Kindes. Ferner ist dazu vorzutragen, welcher Elternteil am besten geeignet ist, das Kind in seiner Persönlichkeitsentwicklung zu fördern, ob eine Bindungstoleranz zu dem anderen Elternteil besteht und die bestehenden Bindungen des Kindes zu dem Elternteil, bei dem sich das Kind bislang aufgehalten hat, außerdem, zu welchem Elternteil das Kind das größere Vertrauen hat und die notwendige Unterstützung und Zuwendung erfährt. Geschwisterbindungen können im Einzelfall ebenfalls entscheidend sein.  

Ein Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts wird beim örtlichen Familiengericht eingereicht, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt/Wohnort hat. Das Gericht beteiligt das Jugendamt von Amts wegen und das Kind erhält einen eigenen Verfahrensbeistand (sog. Anwalt des Kindes), der die Interessen des Kindes vertritt. Der Verfahrensbeistand hört sich das Kind und die Positionen der Eltern an und kann befugt sein, zwischen den Eltern zu vermitteln, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Das Kind wird vom Familiengericht angehört, wenn es die erforderliche Reife besitzt, seinen Willen zu äußern, was ab einem Alter von drei Jahren angenommen wird, aber nicht immer der Fall ist, da Kinder sich ihre eigene Meinung erst viel später bilden können. Jedes Kindschaftsverfahren unterliegt dem Beschleunigungsgrundsatz, der besagt, dass diese Verfahren vorrangig und zügig vom Familiengericht behandelt und terminiert werden müssen, sodass in der Regel kein Eilverfahren beantragt werden muss.  

In den Fällen aber, in denen eine gerichtliche Entscheidung sofort erfolgen muss, weil eine Angelegenheit besonders dringlich ist, beispielsweise das Kind zeitnah einen Urlaub plant oder eine wichtige Operation bevorsteht, kann ein Eilverfahren angestrebt werden. Ebenfalls kann es vorkommen, dass ein Elternteil mit dem Kind beispielsweise einen Urlaub ins Ausland plant, für das Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes bestehen, oder ein Elternteil plant mit dem Kind ohne Zustimmung des anderen Elternteils ins Ausland umzuziehen. Auch dann ist ein Eilverfahren notwendig, verbunden mit einem Antrag, eine Grenzsperre beim Zoll zu errichten, damit eine Ausreise des Kindes unterbunden werden kann.  

Sorgerechtsverfahren und Unterhaltsansprüche sind dann voneinander abhängig, wenn um den Aufenthalt eines Kindes bei einem Elternteil gestritten wird. Denn barunterhaltspflichtig ist immer der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt. Der betreuende Elternteil erbringt seine Unterhaltsleistung in Natur durch die Betreuung des Kindes selbst. Der Streit darum, wo sich das Kind nach einer Trennung aufhalten soll, ist nicht selten von der Absicht geprägt, keinen Kindesunterhalt zahlen zu müssen. Der Kindesunterhalt und das alleinige Sorgerecht bedingen sich bei der Entscheidung, bei wem das Kind besser aufgehoben ist, allerdings nicht, sodass solche ausschließlich geldwerten Motive in Sorgerechtsstreitigkeiten stets mit Vorsicht zu genießen sind.  

Foto(s): ©Pexels/William Fortunato

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