Vergewaltigung: Welche Strafen drohen?
- 5 Minuten Lesezeit
Experten-Autor dieses Themas
Die Vergewaltigung ist als Straftatbestand in Deutschland gesetzlich in § 177 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung wird als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit unter Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet. Der Grundtatbestand ist nach § 177 Abs. 1 StGB der sexuelle Übergriff und die sexuelle Nötigung. Die Vergewaltigung ist als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls in Absatz 6 geregelt.
Allgemein erfüllt das nicht einvernehmliche, sexuell motivierte vaginale, anale oder orale Eindringen in den Körper eines anderen den Tatbestand der Vergewaltigung. Das Eindringen muss nicht notwendigerweise durch Geschlechtsteile erfolgen. Somit ist nicht nur das Eindringen mit dem Penis, sondern beispielsweise auch mit Finger, Faust, Fuß oder einem Gegenstand tatbestandsmäßig.
Straferwartung für den Täter einer Vergewaltigung
Als besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung ist bei Vergewaltigung mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu rechnen. Wichtig zu wissen ist, dass bei Vorliegen des Tatbestands die Strafe in der Regel nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann, da das gemäß § 56 Abs. 2 StGB nur für Strafen möglich ist, die zwei Jahre nicht übersteigen.
Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 177 Abs. 6 StGB in der Regel vor, „wenn
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder
der Täter ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.“
Die Mindeststrafe beträgt nach Absatz 7 mindestens drei Jahre, „wenn der Täter
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.“
Gegen den Täter wird eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren verhängt (§ 177 Abs. 8 StGB), „wenn der Täter
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.“
Eine Sexualstraftat zum Nachteil eines Mannes, wozu auch eine Vergewaltigung eines Mannes zählt, die vor dem 5. Juli 1997 stattfand, war damals nicht nach § 177 StGB strafbar. Eine Bestrafung erfolgte jedoch bis 1969 nach § 175a StGB, bis 1973 nach § 176 StGB und bis 1997 nach § 178 StGB.
Vergewaltigung in der Ehe
Bis zum Juli 1997 war im Straftatbestand noch das Merkmal „außerehelich“ enthalten. Eine Bestrafung des Täters war bis zur Gesetzesänderung nur wegen Nötigung und Körperverletzung möglich.
Im Zuge des 33. Strafrechtsänderungsgesetzes wurde das Merkmal entfernt. Seither sind auch Vergewaltigungen innerhalb von Ehen strafbar. Wissenschaftliche Dunkelfeldstudien belegen jedoch, dass ein Großteil der Vergewaltigungen in Ehen nicht angezeigt wird.*
In fast allen europäischen Ländern wurden die Beschränkungen auf den außerehelichen Bereich inzwischen ebenfalls abgeschafft. Um die Anwendung von Gewalt in der Ehe weiter einzudämmen, wurde im Jahr 2002 das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) eingeführt. Grundsätzlich kann dem Täter verboten werden, die Wohnung künftig zu betreten.
*Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags: Vergewaltigung in der Ehe. Strafrechtliche Beurteilung im europäischen Vergleich. 2008.
Verjährung der Vergewaltigung
Die sexuelle Nötigung und die Vergewaltigung verjähren nach 20 Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist (§ 78a StGB). Bis zur Vollendung des 30. Lebensjahr des Opfers ruht die Verjährung gemäß § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB. Dies bedeutet, dass die Frist bis zum 30. Lebensjahr nicht weiterläuft. Die absolute Verjährung, die nach Ablauf der doppelten Frist grundsätzlich eintritt, wird durch das Ruhen ebenfalls verlängert. Vergewaltigungen, die nach dem 5. Juli 1997 stattfanden, verjähren daher frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers.
Sexualstraftaten zum Nachteil von Männern, die sich zwischen 1. September 1969 und 30. Juni 1994 ereignet haben (§§ 174, 175 StGB) unterlagen fünf Jahren Strafandrohung und fünf Jahren Verjährungsfrist. Die Verjährungsfrist bei Vergewaltigung zum Nachteil von Männern betrug bis 1976 höchstens zehn Jahre.
Abtreibung nach Vergewaltigung
Ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung ist nach § 218a Abs. 2 und 3 StGB grundsätzlich straflos. Voraussetzung ist, dass er mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, wenn
nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches, somit auch eine Vergewaltigung, begangen worden ist,
dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und
seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind (§ 218a Abs. 3 StGB).
Vergewaltigung: Welche Rechte haben Opfer?
Schmerzensgeld für Opfer einer Vergewaltigung
Dem Opfer einer Vergewaltigung steht ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu (§ 253 Abs. 2 BGB). Das Opfer kann die Ansprüche bereits im Strafverfahren mit einer sogenannten Adhäsionsklage geltend machen.
Die Adhäsion, die gesetzlich in den §§ 403 ff. StPO geregelt ist, ermöglicht, dass der Schmerzensgeldanspruch im Strafverfahren mitentschieden wird. Dem Opfer bleiben so ein weiterer Zivilprozess und eine weitere Aussage erspart.
Höhe des Schmerzensgelds: Bisherige Urteile
Für die Höhe des Schmerzensgelds ist die Schwere der körperlichen und seelischen Beeinträchtigung nach der Vergewaltigung ausschlaggebend. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 11. April 2019 ein vom Landgericht Ellwangen auf 15.000 € festgesetztes Schmerzensgeld eines Vergewaltigungsopfers bestätigt (LG Ellwangen - BGH 1 StR 690/18). Darüber hinaus hat er das Urteil zugunsten des Opfers auf die Feststellung erweitert, sämtliche künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus der Vergewaltigung zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.
Im obersten Bereich der Verurteilungen hat das Landgericht Wuppertal am 05.02.2013 ein Schmerzensgeld von 100.000 € zugesprochen (Az.: 16 O 95/12). Es führt zur Begründung unter anderem aus: „Ähnlich einem Rollstuhlfahrer, der sein Leben komplett umstellen muss, trägt ein Opfer extremer sexueller Gewalt dieses Erlebnis tagtäglich in sich und stellt sein Leben, wenn auch möglicherweise unbewusst, in vielfältiger Hinsicht um.“
Opfer als Nebenkläger
Das Opfer, das in der Regel als Zeuge geladen ist, kann seine Zulassung als Nebenkläger gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 1 Strafprozessordnung (StPO) beantragen und erhalten. Das Opfer einer Vergewaltigung erhält nach § 397a Abs. 1 Nr. 1 StPO als Nebenkläger einen Rechtsanwalt beigeordnet.
Die Kosten werden dann als gerichtliche Kosten dem beigeordneten Anwalt direkt überwiesen. Dem Wunsch nach einem bestimmten Anwalt hat das Gericht grundsätzlich zu entsprechen.
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Vergewaltigung?
Rechtstipps zu "Vergewaltigung" | Seite 12
-
20.07.2011 Rechtsanwalt Clemens Louis„… wegen: Mord, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch an Kindern und anderen schwerwiegenden Delikten bundesweit gestellt. Sie werden sich hier sicher und verstanden fühlen. Bundesweit treten Mandanten …“ Weiterlesen
-
19.07.2011 Rechtsanwalt Clemens Louis„… ? - Bei (erheblichen) Sexualstraftaten z.B. Vergewaltigung, Sexueller Missbrauch von Kindern u.a. - Bei wiederholten erheblichen Straftaten z.B.: Einbruchdiebstahl, Raub, Verstoß gegen das BtMG Welche …“ Weiterlesen
-
13.07.2011 Rechtsanwalt Clemens Louis„… und Vergewaltigung, § 177 StGB Welche Möglichkeiten hat der Verteidiger bei einem Vorwurf wegen Vergewaltigung? Zunächst muss ein langes Gespräch mit dem Mandanten klären, was letztendlich zu dem Vorwurf …“ Weiterlesen
-
08.07.2011 Rechtsanwalt Clemens Louis„… Vergewaltigungen sind die häufigsten Formen des sexuellen Missbrauchs. Dabei spielt - da das Internet nun mal unseren Alltag bestimmt - das Einwirken durch Schriften einen nicht unerheblichen Teil …“ Weiterlesen
-
22.06.2011 Esther Wellhöfer, anwalt.de-Redaktion„… Jahren eine Serie von Morden und Vergewaltigungen gelöst werden, die in den 70er Jahren ihren Anfang nahm. Alle Fälle weisen einen ähnlichen Tatablauf auf. Die Opfer waren Frauen zwischen 50 und 90 Jahren …“ Weiterlesen
-
01.06.2011 Rechtsanwalt Christian Steffgen„Das Landegericht Mannheim hat am 31.05.2011 den bekannten Fernsehmoderator Jörg Kachelmann vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Wie das Gericht betonte, ist es von der Unschuld Kachelmanns …“ Weiterlesen
-
19.04.2011 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… eines anderen zielende Einwirkung. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine körperliche Berührung nicht erforderlich. In Betracht kommen Sexualdelikte, wie Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller …“ Weiterlesen
-
02.02.2011 Rechtsanwalt Christian SteffgenDer Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 12.01.2011 die Rechte von behinderten sexuellen Opfern nachdrücklich bestätigt: Das Landgericht Landshut hatte den Angeklagte zuvor wegen mehrfachen Geschle … Weiterlesen
-
25.01.2011 Rechtsanwalt Christian SteffgenSie oder Ihr Kind sind Opfer einer Straftat geworden? Vergewaltigungsopfern steht auf Antrag ein Opferanwalt zu. Der Anwalt betreut Sie, noch bevor es zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Die Kosten hi … Weiterlesen
-
16.12.2010 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… Fall einen Angeklagten verteidigt, dem vorgehalten wurde, dass er seine Freundin mit dem Gürtel eines Bademantels stranguliert habe, um diese zu vergewaltigen. In der Verhandlung stellte sich heraus …“ Weiterlesen
-
02.12.2010 Rechtsanwalt Christian Steffgen„Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 03.11.2010 (Az: 1 Str 520/10) ein Urteil des Landgericht Landshut, welches wegen einer begangenen Vergewaltigung und einem versuchten Verdeckungsmord …“ Weiterlesen
-
19.10.2010 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet …“ Weiterlesen
-
06.09.2010 anwaltsbüro47 - Rupp Zipp Meyer Wank - Rechtsanwälte„… - auch wenn es der Wahrheit entspricht - nicht in Zeitungsberichten über den Wettermoderator erscheinen. Gerade im Hinblick auf den bevorstehenden Prozess wegen Vergewaltigung kann eine derartige …“ Weiterlesen
-
01.09.2010 Rechtsanwalt Clemens Louis„… , Masturbation sowie orale, vaginale und anale Vergewaltigungen sind die häufigsten Formen des sexuellen Missbrauchs. Wann ist ein sexueller Missbrauch von Kindern strafbar und wie hoch …“ Weiterlesen
-
22.07.2010 anwaltsbüro47 - Rupp Zipp Meyer Wank - Rechtsanwälte„… und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird, desto höher sind Sorgfaltspflichten anzusetzen. Gerade bei Straftaten wie Vergewaltigungen ist nämlich …“ Weiterlesen
-
17.06.2010 Esther Wellhöfer, anwalt.de-Redaktion„… sexuelle Gewalt. Für Kinder bis zum 14. Lebensjahr stellen §§ 176ff. StGB sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung unter Strafe. Kinder und Jugendliche zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr stehen …“ Weiterlesen
-
12.01.2010 anwaltsbüro47 - Rupp Zipp Meyer Wank - RechtsanwälteIn einem Pressebericht über eine Vergewaltigungstat wurde ein ungepixeltes Bild des Opfers veröffentlicht, so dass eine Identifikation möglich ist. Die Fotos wurden von einem Reporter bei der Gerichts … Weiterlesen
-
22.06.2009 Rechtsanwalt Christian Demuth„… oder bei denen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential vorliegen. Kombinationen von typischen Verkehrsdelikten mit Delikten der allgemeinen Kriminalität wie Körperverletzung, Raub oder Vergewaltigung …“ Weiterlesen
-
17.11.2008 Esther Wellhöfer, anwalt.de-Redaktion„… der Bayrische Verfassungsgerichtshof. Der Nigerianer war wegen Vergewaltigung verurteilt worden. In einem solchen Fall ist das Kindeswohl dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit untergeordnet. (Az …“ Weiterlesen
-
30.05.2008 Esther Wellhöfer, anwalt.de-Redaktion„… handelt, die wegen eines Tötungsdelikts, wegen einer Vergewaltigung oder wegen einer schweren Körperverletzung verhängt wurde. Eine Überprüfung soll zwar jährlich erfolgen. Doch auch hier liegt …“ Weiterlesen