7 Kardinalfehler im Baurecht!

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1. Fehler: Kein schriftlicher Vertrag!

Meist arbeiten Handwerker oder Bauunternehmer nur auf Zuruf, ohne sich abzusichern. Hier wird munter durch den Auftragnehmer drauflosgearbeitet, ohne zu wissen, wer der Vertragspartner sein soll. Das kann insbesondere bei Lebenspartnerschaften oder unterschiedlichen juristischen Personen nach Fertigstellung der Arbeiten zu Schwierigkeiten führen, wenn die Vertragsgegenseite darauf verweist, dass sie nicht Vertragspartner geworden ist. Hierbei besteht die Gefahr seinen Werklohnanspruch gar nicht oder nur zum Teil realisieren zu können. Darüber hinaus ist es in der Baupraxis oftmals so, dass von der Vertragsgegenseite meist der Vertragsumfang bestritten und behauptet wird, dass der Auftragnehmer diese Leistungen ohne Auftrag erbracht hat. Das geht dann meist zu Lasten des Auftragnehmers aus, da der Auftragnehmer die Beweislast hat und den vertraglichen Umfang nicht beweisen kann.

2. Fehler: Kein Hinweis auf Vertragsänderung!

Dasselbe gilt für Vertragsänderungen kurz nach Vertragsschluss oder während der Bauphase, wenn die Auftraggeberseite plötzlich Änderungen der vertraglichen Leistung verlangt. Auftragnehmer kennen das, wenn sich Auftraggeber oder Architekten über Nacht plötzlich billigere, jedoch nicht bessere technische Lösungen einfallen lassen und verlangen. Hinterher wird vielfach behauptet, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, dass Änderungen mal in Rede standen, jedoch tatsächlich nicht erfolgen sollten. Der Auftragnehmer, der die Leistungsänderung durchgeführt hat, hat dann mal wieder das Nachsehen und ein Beweislastproblem und wird schwerlich seinen Werklohnanspruch realisieren können, insbesondere wenn es zu Mängeln durch die billigere Lösung gekommen ist.

3. Fehler: Keine schriftliche Bedenkenanzeige!

Die Bedenkenanzeige steht meistens mit der vorgenannten Vertragsänderung im Zusammenhang, da die von Architekten oder Bauleitern vorgeschlagenen billigeren Lösungen eben nicht zur einer dauerhaften Funktionstauglichkeit des Gewerks führt. Einen solchen Bedenkenhinweis unterlassen Auftragnehmer dann leider und folgen blindlings den Vorgaben des Auftraggebers oder seines Architekten, was sofort zur Haftung führt. Darüber hinaus wird bei Anmeldung eines Bedenkenhinweises viel falsch gemacht, da dies meist nur mündlich erfolgt, der falsche Adressat gewählt wird und vom Inhalt nicht den hohen Hürden der Rechtsprechung genügt. Merke: Ein unterlassener oder fehlerhafter Bedenkenhinweis führt in die Haftung!

4. Fehler: Keine schriftliche Nachtragsanmeldung!

Auch bei zusätzlichen Leistungen kommt es oft vor, dass die Gegenseite zusätzliche Leistungen fordert und der Auftragnehmer diese zusätzlichen Leistungen auch ausführt, um danach überraschend feststellen zu müssen, dass der Auftraggeber mit dem Hinweis, dass er diese zusätzlichen Leistungen nicht bestellt hat, die Zahlung verweigert. Es kann auch sein, dass der Architekt diese zusätzlichen Leistungen ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber anordnet, der nach Leistungsausführung dann nicht bereit ist, diese zusätzliche Zahlung zu leisten. Dann schaut der Auftragnehmer wiederum in die Röhre.

5. Fehler: Keine schriftliche Stundenlohnvereinbarung!

Zu viele Stundenlohnarbeiten gehen den Auftragnehmern verloren, da die Auftraggeber sich weigern, solche Stundenlohnarbeiten zu bezahlen. Auf der Baustelle wird schnell durch den Bauleiter des Auftraggebers oder den Architekten Arbeiten im Stundenlohn angewiesen, die jedoch nach Abrechnung durch den Auftraggeber nicht bezahlt werden. Der Auftragnehmer arbeitet Stunde um Stunde, jedoch leider ohne Vergütung. Es wird immer wieder gemeint, dass ein Stundenverrechnungssatz im Leistungsverzeichnis eine Stundenlohnvereinbarung darstellt. Das ist nicht der Fall.

6. Fehler: Keine Abnahme!

Die Abnahme, die der Bundesgerichtshof als Dreh- und Angelpunkt bezeichnet, findet in der Bauwelt meist nicht statt. Oftmals gehen viele Auftragnehmer einfach von einer schlüssigen Abnahme aus und meinen allein dadurch, dass der Auftraggeber in ein Objekt eingezogen ist und das Gewerk in Nutzung genommen hat, eine Abnahme erfolgt ist. Diese Auffassung ist falsch. Nach dem Abnahmebegriff in der Rechtsprechung müssen zwei Voraussetzungen vorliegen: Die körperliche Entgegennahme des Werkes und die Billigung des Werks als vertragsgemäß. Allein die körperliche Entgegennahme ist nicht ausreichend. Darüber hinaus achten die Auftragnehmer nicht darauf, welche Abnahmeform vereinbart ist. Ist eine förmliche Abnahme vereinbart, so muss diese auch durchgeführt werden. Auf eine schlüssige Abnahme kann sich der Auftragnehmer dann nicht berufen. Vielen Auftragnehmern ist nicht bewusst, dass an der Abnahme erhebliche Rechtsfolgen hängen, die seinen eigenen Interesse dienen und zwar: Vergütung wird fällig, die Leistungsgefahr für Untergang oder Beschädigung des Gewerks geht auf den Auftraggeber über, die Beweislast geht auf den Auftraggeber über, der Gewährleistungszeitraum beginnt. Diese Abnahmewirkungen sind für den Auftragnehmer rechtlich wichtig, um seine Ansprüche durchsetzen zu können. Dies wird leider nicht beachtet.

7. Fehler: Keine Auseinandersetzung mit Mängelrügen!

Leider herrscht oft Unkenntnis in der Baupraxis über den Umgang mit Mängelansprüchen. Vielfach sind Auftragnehmer der Auffassung, dass sie ihr Nachbesserungsrecht immer ausüben können. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn nach Ablauf einer vom Auftraggeber gesetzten Frist ist das Nachbesserungsrecht weg. Dann hat der Auftraggeber Mängelansprüche wie Schadensersatz oder Minderung. Merke daher: Ein Nachbesserungsrecht besteht nur vor Fristablauf.

Zu diesem Problemkreis 3 Thesen, die den Umgang mit Mängelrügen verdeutlichen sollen:

These 1 - Grober Fehler: Nachbesserungsfrist ignorieren!

Beim BGB-Vertrag ist nur eine einfache Fristsetzung durch den Auftraggeber notwendig. Dies kommt meist ganz unscheinbar daher. Hierauf muss der Auftragnehmer sein Augenmerk richten. Dagegen ist beim VOB-Vertrag die Rechtslage vor Abnahme anders. Vor Abnahme können Mängel durch den Auftraggeber gerügt werden. Hier ist nach den VOB-Vorschriften eine Mängelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung und Kündigungsandrohung nach § 4 Abs. 7 i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B notwendig. Weiter muss nach Fristablauf eine Kündigung durch den Auftraggeber erfolgen. Bei Mängelrügen nach Abnahme beim VOB/B-Vertrag ist die Gesetzeslage gleich wie beim BGB-Vertrag. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B ist nur eine einfache Fristsetzung erforderlich.

These 2 - Grober Fehler: Mängelzurückweisung durch Auftragnehmer! 

Meist werden die Mängel durch den Auftragnehmer kategorisch zurückgewiesen. Darin sieht die Rechtsprechung eine ernsthafte und endgültige Ablehnung der Mängelbeseitigung. Dann bedarf es keiner Fristsetzung zur Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber mehr, sondern der Auftraggeber hat sofort Mängelrechte wie Schadensersatz und Minderung. Das Nachbesserungsrecht hat der Auftragnehmer dann verloren.

These 3 - Grober Fehler: Auf Einwendung der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten hoffen!

Auftragnehmer meinen immer, sie könnten sich durch Berufung auf die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten aus der Gewährleistung befreien, indem sie darauf verweisen, dass der vereinbarte Werklohn in keinem angemessenen Verhältnis zu den Mängelbeseitigungskosten steht. Darauf kommt es nicht an. Nach der Rechtsprechung ist nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen eine solche Berufung auf die Unverhältnismäßigkeit möglich ist. Das ist meist nur bei optischen Mängeln untergeordneter Art der Fall.


Carsten Seeger

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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