25 Haftungsfallen für die Auslösung einer Geschäftsführerhaftung.

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Einführung

Die Haftung von Geschäftsführern in Kapitalgesellschaften ist ein wesentlicher Aspekt des deutschen Unternehmensrechts. Geschäftsführer haben eine Schlüsselrolle in der Leitung und Verwaltung einer Gesellschaft und tragen dabei erhebliche Verantwortungen. Sie müssen nicht nur die Interessen der Gesellschaft verfolgen, sondern auch eine Vielzahl gesetzlicher und regulatorischer Anforderungen erfüllen. Bei Verstößen gegen ihre Pflichten können sie persönlich haftbar gemacht werden. Diese Haftung erstreckt sich von der sorgfältigen Geschäftsführung über die Einhaltung von Gesetzen bis hin zur Vermeidung von Interessenkonflikten. 

Die nachfolgende Übersicht beleuchtet verschiedene Szenarien und rechtliche Grundlagen, die zu einer Haftung des Geschäftsführers führen können, und illustriert die Bedeutung eines verantwortungsvollen und gesetzeskonformen Handelns in dieser Position.


25 Haftungsfallen für den Geschäftsführer einer Kapital-gesellschaft

Die Haftung von Geschäftsführern bei Kapitalgesellschaften, insbesondere GmbHs und AGs, nach deutschem Recht kann sich aus verschiedenen Konstellationen und unter verschiedenen rechtlichen Normen ergeben. 

Hier sind 25 solcher Fälle und die entsprechenden Haftungsnormen:

  1. Pflichtverletzung bei Geschäftsführung: Geschäftsführer sind verpflichtet, ihre Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu erfüllen (§ 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 AktG). Sie haften für Schäden, die aus Pflichtverletzungen resultieren. Entscheidend ist, ob sie die erforderliche Sorgfalt angewendet haben. Bei Fahrlässigkeit oder Vorsatz können sie zur Verantwortung gezogen werden. Rechtsprechungen wie BGH II ZR 77/16 betonen die hohe Verantwortung und Sorgfaltspflicht.

  2. Insolvenzverschleppung: Geschäftsführer müssen eine Insolvenz unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung anmelden (§ 15a InsO). Versäumen sie dies, haften sie persönlich für den entstandenen Schaden. Der BGH hat in verschiedenen Urteilen (z.B. BGH IX ZR 48/14) die strenge Haftung bei Insolvenzverschleppung betont.

  3. Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften: Die Rückzahlung von Stammkapital an die Gesellschafter ist untersagt (§ 30 GmbHG, § 57 AktG). Geschäftsführer, die gegen diese Vorschrift verstoßen, haften für die Rückzahlung. Der BGH hat in Fällen wie BGH II ZR 173/99 die strikte Einhaltung dieser Vorschriften gefordert.

  4. Fehlerhafte Gründung: Bei der Gründung einer GmbH müssen die Vorgaben des GmbHG beachtet werden. Werden z.B. Sacheinlagen nicht richtig bewertet (§ 9a GmbHG), können die Geschäftsführer haften. Das OLG Düsseldorf (I-3 Wx 129/13) hat in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit korrekter Gründungsverfahren hervorgehoben.

  5. Verletzung von Auskunfts- und Berichtspflichten: Geschäftsführer sind verpflichtet, gegenüber Gesellschaftern und Aufsichtsrat vollständig und wahrheitsgemäß zu berichten. Verletzen sie diese Pflicht, können sie haftbar gemacht werden. Entsprechende Rechtsprechungen finden sich in Urteilen wie BGH II ZR 134/11.

  6. Verstoß gegen Wettbewerbsverbot: Geschäftsführer dürfen keine Konkurrenz zu ihrer eigenen Gesellschaft betreiben (§ 88 AktG, § 60 GmbHG). Verstöße führen zu Schadensersatzansprüchen. Der BGH (II ZR 173/99) hat in solchen Fällen strenge Maßstäbe angelegt.

  7. Verletzung von Steuerpflichten: Geschäftsführer haften persönlich für nicht abgeführte Steuern, wenn sie ihre steuerlichen Pflichten verletzen (§ 69 AO). Das Finanzgericht Köln (10 K 3675/18) hat dies in verschiedenen Fällen bestätigt.

  8. Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen: Die unterlassene Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen kann zu straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen führen (§ 266a StGB). Der BGH hat in Fällen wie BGH 1 StR 519/09 die Ernsthaftigkeit dieser Pflichtverletzung betont.

  9. Fehlerhafte Jahresabschlüsse: Geschäftsführer haften für falsche Angaben in Jahresabschlüssen und Bilanzen (§ 331 HGB). Der BGH hat in Urteilen wie BGH II ZR 292/14 die Bedeutung korrekter Finanzberichterstattung unterstrichen.

  10. Unterlassene Risikovorsorge: Geschäftsführer müssen für angemessene Risikovorsorge sorgen. Unterlassen sie dies, kann dies zu Haftungsansprüchen führen. Dies spiegelt sich in der Rechtsprechung, wie in BGH II ZR 171/10, wider.

  11. Haftung für Umweltschäden: Geschäftsführer können bei Umweltschäden nach dem UmweltHG und BImSchG haften. Der BGH hat in Fällen wie BGH I ZR 225/12 die Verantwortung für Umweltschutz hervorgehoben.

  12. Verletzung von Datenschutzpflichten: Verstöße gegen die DSGVO können zu erheblichen Bußgeldern und Schadensersatzforderungen führen. Die Rechtsprechung, wie OLG Köln 20 U 75/18, betont die Wichtigkeit des Datenschutzes.

  13. Nichtbeachtung von Arbeitsschutzbestimmungen: Verletzungen des Arbeitsschutzes können zu Haftungsansprüchen führen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in Urteilen wie BAG 2 AZR 597/11 die Bedeutung des Arbeitsschutzes betont.

  14. Haftung bei Kartellrechtsverstößen: Verstöße gegen das GWB und EU-Kartellrecht können zu hohen Bußgeldern und Schadensersatzforderungen führen. Der BGH (KZR 37/10) hat die strikte Einhaltung des Kartellrechts bekräftigt.

  15. Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz: Geschäftsführer haften für nicht genehmigungspflichtige Geschäfte mit dem Ausland. Das OLG Frankfurt (6 U 160/17) hat die Bedeutung der Einhaltung dieser Regelungen hervorgehoben.

  16. Unterlassen erforderlicher Versicherungsabschlüsse: Nicht abgeschlossene notwendige Versicherungen können zu persönlicher Haftung führen. Die Rechtsprechung, wie BGH IV ZR 304/13, unterstreicht die Notwendigkeit angemessener Versicherungen.

  17. Haftung für Falschangaben gegenüber Behörden: Falsche oder irreführende Angaben in behördlichen Verfahren können zu Haftungsansprüchen führen. Entscheidungen wie BGH IV ZR 140/13 betonen die Bedeutung wahrheitsgemäßer Informationen.

  18. Verstoß gegen Publizitätspflichten: Unterlassene oder fehlerhafte Veröffentlichungen von Geschäftsberichten (HGB, PublG) können zu Haftungsansprüchen führen. Das OLG München (7 U 1469/14) hat die Wichtigkeit der Publizitätspflicht betont.

  19. Haftung bei unerlaubter Auszahlung von Dividenden: Ausschüttungen, die das Grundkapital angreifen, sind verboten (§ 57 AktG) und führen zu Haftungsansprüchen. Der BGH (II ZR 109/99) hat die Wichtigkeit der Kapitalerhaltung unterstrichen.

  20. Verletzung von Pflichten bei Kapitalmaßnahmen: Fehler bei Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen können zu Haftungsansprüchen führen. Das Kammergericht Berlin (22 W 35/16) hat die Notwendigkeit korrekter Kapitalmaßnahmen hervorgehoben.

  21. Haftung für unzulässige Rückzahlungen an Gesellschafter (§ 31 GmbHG): Rückgewährungen von Einlagen an Gesellschafter können Haftungsfolgen haben. Der BGH (II ZR 109/99) hat die Bedeutung der Kapitalerhaltungsvorschriften betont.


  22. Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre (§ 53a AktG): Ungerechte Behandlung von Aktionären kann zu Haftungsansprüchen führen. Der BGH (II ZR 255/00) hat in seinen Urteilen die Wichtigkeit der Gleichbehandlung aller Aktionäre hervorgehoben und betont, dass jegliche Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein muss.

  23. Haftung für mangelnde Compliance-Systeme: Geschäftsführer sind verantwortlich für die Implementierung adäquater Compliance-Systeme. Versäumnisse können zu Haftungsansprüchen führen, insbesondere wenn es zu Rechtsverstößen aufgrund fehlender oder unzureichender Compliance kommt. Der BGH (II ZR 55/16) hat in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung effektiver Compliance-Maßnahmen hingewiesen.

  24. Missachtung von Insiderhandelsverboten (WpHG): Geschäfte auf Basis von Insiderinformationen sind verboten und können zu zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen. Der BGH (1 StR 265/09) hat die strenge Handhabung von Insiderhandelsverboten betont und deutlich gemacht, dass Geschäftsführer hier eine besondere Verantwortung tragen.

  25. Haftung bei Falschinformationen gegenüber dem Kapitalmarkt: Die Verbreitung irreführender Informationen, die den Aktienkurs beeinflussen, kann zu Haftungsansprüchen führen. Das OLG Frankfurt (20 U 233/07) hat in einem solchen Fall die Bedeutung wahrheitsgemäßer und transparenter Kommunikation mit dem Kapitalmarkt hervorgehoben und auf die potenziellen Konsequenzen für die Verantwortlichen hingewiesen.


Diese Übersicht bietet einen Einblick in die vielfältigen Haftungsrisiken, mit denen Geschäftsführer konfrontiert sein können. Sie unterstreicht die Wichtigkeit, dass Geschäftsführer ihre Pflichten ernst nehmen und sich stets der rechtlichen Anforderungen bewusst sind, um Haftungsrisiken zu minimieren.


Fazit

Die Haftung von Geschäftsführern in Kapitalgesellschaften ist ein komplexes und vielschichtiges Feld. Wie die verschiedenen dargestellten Szenarien zeigen, sind Geschäftsführer einer Reihe von Risiken ausgesetzt, die sowohl aus dem Gesellschaftsrecht als auch aus anderen Rechtsgebieten wie dem Insolvenz-, Steuer- und Arbeitsrecht entstehen können. 

Die Kenntnis dieser Haftungsrisiken und die Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften sind daher unerlässlich. Geschäftsführer müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und geeignete Maßnahmen ergreifen, um Risiken zu minimieren. 

Dies beinhaltet die Implementierung effektiver Compliance-Systeme, die Einhaltung von Berichts- und Informationspflichten und eine sorgfältige Unternehmensführung. 

Das Verständnis und die Befolgung der rechtlichen Rahmenbedingungen sind somit entscheidend, um sowohl die Gesellschaft als auch sich selbst vor Haftungsansprüchen zu schützen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub generiert über Midjourney ai

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