Abgasskandal EA 288 – Schadenersatz für VW T6 und Skoda Octavia

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Schwering Rechtsanwälte hat im Abgasskandal in zwei Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart erneut Schadenersatz durchgesetzt. In beiden Fällen drehte es sich um Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 288, dem Nachfolgemotor des durch Abgasmanipulationen bekannt gewordenen Motors EA 189. Im ersten Verfahren sprach das LG Stuttgart dem Käufer eines VW T6 California Ocean Wohnmobil mit Urteil vom 20. Mai 2021 Schadenersatz zu (Az.: 20 O 621/20). Im zweiten Verfahren hat das Gericht, ebenfalls mit Urteil vom 20. Mai 2021, dem Käufer eines Skoda Octavia Schadenersatz zugesprochen (Az.: 20 O 623/20).

„Der Abgasskandal setzt sich auch bei Dieselfahrzeugen mit dem Nachfolgemotor EA 288 fort. VW behauptet zwar, dass Schadenersatzklagen keine Aussicht auf Erfolg hätten, wir haben aber inzwischen an unterschiedlichen Gerichten mehrfach das Gegenteil bewiesen. Auch das Landgericht Stuttgart ist unserer Argumentation gefolgt, dass in den Fahrzeugen unzulässige Abschalteirichtungen verwendet werden und unsere Mandanten Anspruch auf Schadenersatz haben“, sagt Rechtsanwalt Andreas Schwering.

VW T6 California Ocean Wohnmobil und Skoda Octavia 2.0 TDI

Im ersten Verfahren zum Aktenzeichen 20 O 621/20 hatte der Kläger im Januar 2018 einen VW T6 California Ocean Wohnmobil mit einem Kilometerstand von 20 km zum Preis von 69.150 Euro erworben. Der T6 ist mit dem Motor EA 288 mit der Abgasnorm Euro 6 und einem SCR-Katalysator ausgestattet.

Den Skoda Octavia 2.0 TDI hatte der Kläger in dem anderen Verfahren zum Aktenzeichen 20 O 623/20 im November 2019 als Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von rund 102.600 km zum Preis von 11.300 Euro gekauft. In dem Fahrzeug wird der Dieselmotor EA 288 mit der Abgasnorm Euro 5 verwendet.

Unzulässige Abschalteinrichtungen

Beide Kläger machten Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geltend. So sei eine Software verbaut, die anhand unterschiedlicher Parameter wie Temperatur und Zeit erkenne, ob sich das Fahrzeug zum Durchfahren des Testzyklus NEFZ auf dem Prüfstand befindet. Werde der Prüfzyklus erkannt, erfolge die Abgasrückführung in einem anderen Modus, so dass die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß eingehalten werden. Im normalen Straßenverkehr werde die Abgasrückführung jedoch in einem anderen Modus durchgeführt, der zu einem Anstieg der Stickoxid-Emissionen führe, so die Kläger.

Weiter werde durch eine Lenkwinkelerkennung Einfluss auf die Schaltpunkte des Getriebes genommen, um den Stickoxid-Ausstoß im Prüfmodus zu reduzieren. Ebenso werde nur auf dem Prüfstand eine ausreichende Menge AdBlue eingeführt und ab einer bestimmten Drehzahl reduziere die Software die Abgasreinigung oder schalte sie ganz ab, was ebenfalls zu einem unzulässigen Anstieg der Emissionen führe. Ohne die illegalen Abschalteinrichtungen seien die Fahrzeuge nicht in der Lage, die Grenzwerte für ihre jeweilige Schadstoffklasse einzuhalten, führten die Kläger weiter aus.

LG Stuttgart spricht Schadenersatz zu

Das LG Stuttgart folgte ihrer Argumentation. Die Kläger haben Anspruch auf Schadenersatz, entschied das Gericht in beiden Verfahren. Die Fahrzeuge hätten nicht den europäischen Vorgaben entsprochen, wonach die Grenzwerte für den Emissionsausstoß unter normalen Betriebsbedingungen nicht überschritten werden dürfen. Den Klägern sei schon mit Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden, so das LG Stuttgart.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien die in der europäischen Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genannten Grenzwerte für den Emissionsausstoß auch im realen Fahrbetrieb unter normalen Betriebsbedingungen und nicht nur im Prüfmodus einzuhalten, stellte das LG Stuttgart klar. VW könne sich daher nicht darauf berufen, dass die Grenzwerte im Prüfzyklus eingehalten werden. Vielmehr ergebe sich aus der Verordnung ausdrücklich, dass ein Fahrzeug nicht allein deswegen gesetzeskonform ist, weil der offizielle Emissionstest auf dem Prüfstand erfolgreich war, so das Gericht weiter.

Drohender Widerruf der Zulassung 

Da die Fahrzeuge die Emissionsgrenzwerte im realen Fahrbetrieb nicht einhalten, drohe der Widerruf der Zulassung. Die Kläger hätten daher schon mit Abschluss des Kaufvertrags einen Schaden erlitten, denn es sei sehr wahrscheinlich, dass ein potenzieller Käufer von dem Erwerb eines Fahrzeugs absieht, wenn er weiß, dass der Widerruf der Zulassung droht, so das LG Stuttgart. Die Kaufverträge seien daher rückabzuwickeln.

Die Kläger können die Fahrzeuge zurückgeben und die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verlangen. Der erste Kläger hatte den T6 für 69.150 Euro gekauft und ist rund 47.500 Kilometer damit gefahren. Nach Abzug einer Nutzungsentschädigung in Höhe von ca. 13.150 Euro bleibt noch ein Anspruch auf Zahlung von 56.000 Euro.

Der Skoda Octavia hatte zum Preis von 11.300 Euro den Besitzer gewechselt. Für die rund 25.000 Kilometer, die der Kläger mit dem Wagen gefahren ist, muss er sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von ca. 1.900 Euro anrechnen lassen. Er hat Anspruch auf Zahlung von knapp 9.400 Euro.

„Die Rechtsprechung wird auch bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 zunehmend verbraucherfreundlicher. Neben zahlreichen Landgerichten haben auch die Oberlandesgerichte Köln und Naumburg den geschädigten Käufern Schadenersatz zugesprochen“, so Rechtsanwalt Schwering.

Mehr Informationen: https://www.rechtsanwaelte-schwering.de/urteile-ea288



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