Abgasskandal – EuGH-Generalanwalt stuft Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung ein

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Immer wieder klappt das sog. Thermofenster im Abgasskandal auf und die Diskussion darüber, ob es sich dabei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos hat in seinem Schlussantrag vom 23. September 2021 deutlich gemacht, dass er das Thermofenster für rechtwidrig hält. Dem Verbraucher könne daher nicht das Recht genommen werden, gemäß der europäischen Richtlinie 1999/44 die Auflösung des Kaufvertrags zu verlangen (Rechtssachen C-128/20, C-134/20, C-145/20).

In den Verfahren geht es um Anfragen österreichischer Gerichte zur Zulässigkeit von Thermofenstern in Fahrzeugen von VW und Porsche. Die Software in den Fahrzeugen sorge dafür, dass bei Außentemperaturen unter 15 und über 33 Grad oder wenn das Auto in Höhenlagen über 1000 Meter gefahren wird, die Abgasrückführung reduziert wird, was einen Anstieg der Stickoxid-Emissionen über den zulässigen Grenzwert hinaus zur Folge habe, teilte der EuGH mit.

Für die Frage, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, sei wesentlich, wie das Emissionsverhalten des Fahrzeugs im normalen Fahrbetrieb und nicht nur unter den Bedingungen des Prüfmodus NEFZ ist. Dabei sei festzustellen, dass das Thermofenster für die tatsächlichen Fahrbedingungen nicht repräsentativ sei, da die Durchschnittstemperaturen in Österreich, Deutschland und anderen EU-Staaten deutlich unter 15 Grad liegen. Zudem seien die Fahrzeuge auch häufig in Höhen über 1000 Meter unterwegs. Das Thermofenster verringere daher unter normalen Nutzungsbedingungen im normalen Fahrbetrieb die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems. Daher handele es sich um eine Abschalteinrichtung, führte Generalanwalt Rantos aus.

Abschalteinrichtungen seien nur dann zulässig, wenn sie notwendig sind, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Dies sei beim Thermofenster nicht der Fall. Es diene vornehmlich der Schonung von Komponenten des Abgasrückführungssystems wie z.B. dem AGR-Ventil. Das Funktionieren dieser Teile berühre aber nicht den Motorschutz, so der Generalanwalt weiter.

Thermofenster seien daher rechtswidrig. Ob ein Thermofenster von Anfang an in einem Fahrzeug verbaut oder erst später installiert wurde, sei unwesentlich. Ein Verbraucher dürfe aber erwarten, dass ein Fahrzeug den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wird eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet, könne der Verbraucher daher die Vertragsauflösung verlangen, stellte Generalanwalt Rantos klar.

„Der EuGH hatte schon im Dezember 2020 entschieden, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig sind, wenn sie zu einem erhöhten Emissionsausstoß im realen Straßenverkehr führen. Ausnahmen seien nun in sehr engen Grenzen zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung zulässig. Funktionen, die den Motor eher langfristig vor Verschleiß schützen sollen, fallen nicht darunter“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Mit einem Urteil des EuGH wird in den kommenden Monaten gerechnet. Die Richter sind nicht an die Ausführungen des Generalanwalts gebunden, folgen aber oft seiner Argumentation. „Es ist zu erwarten, dass der EuGH klarstellt, dass Thermofenster unzulässige Abschalteinrichtungen sind“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Ist das der Fall, nimmt der Abgasskandal noch einmal eine neue Dimension an. Thermofenster werden nicht nur von VW oder Porsche, sondern auch von Daimler und vielen anderen Autoherstellern verwendet.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/abgasskandal



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