Abgasskandal – OLG Celle befragt das KBA zu illegalen Abschalteinrichtungen beim EA 288

  • 3 Minuten Lesezeit

Den durch die Abgasmanipulationen bekannt gewordenen Motor EA 189 hat VW durch das Nachfolgeaggregat EA 288 ersetzt. Seit 2012 kommt der Dieselmotor bei Fahrzeugen bis 2 Liter Hubraum der Konzernmarken VW, Audi, Seat und Skoda zum Einsatz. Der Motorenwechsel bedeutet allerdings nicht auch automatisch das Ende der Abgasmanipulationen. Auch beim EA 288 gibt es den Verdacht, dass unzulässige Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung verwendet wurden.

Ende 2019 legte der SWR Recherchen vor, die auf die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung hindeuten. In diesem Zusammenhang ließ die Staatsanwaltschaft Braunschweig die VW-Geschäftsräume in Wolfsburg durchsuchen. Die Landgerichte Regensburg (Az.: 3 O 38/18) und Offenburg (Az.: 3 O 38/18) haben Käufern von Dieselfahrzeugen des VW-Konzerns mit dem Motor EA 288 bereits Schadensersatz zugesprochen.

Für den VW Golf 7 mit dem Dieselmotor EA 288 läuft unter dem Code 23X4 ein freiwilliger Rückruf von VW. Dabei soll durch ein Update der Motorsteuerung ein erhöhter Emissionsausstoß verhindert werden. Einen verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung gibt es bislang allerdings nicht für Fahrzeuge mit dem Motor EA 288. Nicht für VW-Diesel und auch nicht für Fahrzeuge der Konzerntöchter Audi, Seat und Skoda. Die Behörde hatte die Typengenehmigung für die Fahrzeuge erteilt.

„Nur weil bisher kein Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorliegt, ist das Thema unzulässige Abschalteinrichtungen bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 noch lange nicht vom Tisch“, sagt Rechtsanwalt Andreas Schwering aus Hannover. Das sieht auch das OLG Celle so und will der Sache auf den Grund gehen. Es will prüfen, ob VW dem KBA überhaupt alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, um zu prüfen, ob die Software zur Steuerung der Abgasreinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung enthält. Dazu hat es am 14. Juli 2020 einen entsprechenden Beweisbeschluss erhoben (Az.: 7 U 532/18).

Es geht dabei um die Klage eines Verbrauchers, der einen VW Tiguan 2.0 TDI mit dem Motor EA 288 gekauft hat und nun Schadensersatzansprüche wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend macht. Nach Ansicht des Klägers sei das KBA von VW getäuscht worden und habe nur deshalb die Typengenehmigung erteilt. „Hintergrund ist, dass sich das KBA im Typengenehmigungsverfahren auf die Angaben den Herstellers verlässt“, erklärt Rechtsanwalt Schwering.

Das OLG Celle will nun aufklären, ob dem KBA gegenüber das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung verschleiert wurde, so dass diese nicht erkannt werden konnte. Dazu will das OLG die Behörde schriftlich befragen und Beweis darüber erheben,  ob der Motor EA 288 nachträglich, also nach Abschluss des ursprünglichen Typengenehmigungsverfahrens, auf das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung überprüft worden ist.

Weiter soll geklärt werden, ob eine Abschalteinrichtung verbaut ist, die anhand von Lenkwinkel, Temperatur oder Zeit erkennt, ob sich das Fahrzeug im Prüfmodus befindet, so dass dann die Abgasreinigung intensiviert wird, damit Grenzwerte beim Emissionsausstoß auf dem Prüfstand eingehalten werden, während dies im regulären Straßenbetrieb nicht der Fall ist. Sind solche Funktionen vorhanden, muss geprüft werden, ob sie aus Gründen des Motorschutzes ausnahmsweise zulässig sein könnten. Zudem muss dann geprüft werden, ob das KBA alle nötigen Informationen zu diesen Funktionen von VW erhalten hat, da die Behörde selber keinen Zugang zu den Quellcodes der Software hat.

Sollte nach den Auskünften des KBA noch weiterer Aufklärungsbedarf bestehen, müsse noch ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Das Gutachten soll z.B. klären, ob bei der Abgasnachbehandlung ein Thermofenster eingesetzt wird, das dafür sorgt, dass die Abgasreinigung bei Außentemperaturen unter 17 und über 30 Grad Celsius stark reduziert wird.

„Kommt das OLG Celle zu dem Ergebnis, dass beim Motor EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wurde, hat das nicht nur Einfluss auf den VW Tiguan des Klägers, sondern auf alle Dieselfahrzeuge mit diesen Motor. Wurde das KBA über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht, droht den Fahrzeugen der Verlust der Betriebserlaubnis“, so Rechtsanwalt Schwering.

Die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston hat bereits am 30. April 2020 erklärt, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie im regulären Straßenbetrieb zu einem erhöhten Emissionsausstoß führen. Ausnahmen seien nur in sehr engen Grenzen zum unmittelbaren Schutz des Motors zulässig. Funktionen zum langfristigen Schutz des Motors vor Verschleiß oder Versottung zählen  nicht zu diesen Ausnahmen. „Vor diesem Hintergrund, dürfte auch beim EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegen und die betroffenen Käufer eines VW, Audi, Seat oder Skoda mit diesem Motor können Schadensersatzansprüche geltend machen“, erklärt Rechtsanwalt Schwering.

Der BGH hat Anfang 2019 klargestellt, dass unzulässige Abschalteinrichtungen einen Mangel darstellen und die Käufer Anspruch auf Ersatz haben.

Mehr Informationen: https://rechtsanwalt-schwering.de/abgasskandal/




Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Andreas Schwering

Beiträge zum Thema