Abgasskandal – OLG Hamm verurteilt Mercedes zu Schadenersatz

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 26. Juni 2023 entschieden, dass Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers bestehen. Die Rechtsprechung des BGH zeigt Wirkung. So hat das OLG Hamm Mercedes im Abgasskandal mit Urteil vom 13. September 2023 zu Schadenersatz wegen Fahrlässigkeit verurteilt (Az.: I-30 U 190/21). Grund ist die sog. Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR), die das Oberlandesgericht als unzulässige Abschalteinrichtung wertete.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte für verschiedene Mercedes-Modelle mit einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung einen verpflichtenden Rückruf angeordnet. Zu den betroffenen Fahrzeugen gehörte auch der Mercedes GLK 220 CDI 4Matic des Klägers.

Durch die KSR verzögert sich die Erwärmung des Motoröls, so dass der Stickoxid-Ausstoß reduziert wird. „Die KSR ist allerdings überwiegend unter Bedingungen wie sie im Prüfmodus herrschen aktiv. Unter normalen Betriebsbedingungen ist sie kaum aktiviert, so dass dann der Stickoxid-Ausstoß steigt“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.

Der Kläger in dem Fall vor dem OLG Hamm befolgte den Rückruf des KBA und ließ das fällige Software-Update aufspielen. Er machte aber auch Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend.

Das OLG Hamm entschied, dass Mercedes bei der Verwendung der KSR keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vorzuwerfen sei. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags. Allerdings habe er Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens, da Mercedes sich zumindest fahrlässig verhalten und eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt habe, so das OLG.

Abschalteinrichtungen sind gemäß der europäischen Richtlinie unzulässig, wenn dadurch die Wirkung des Emissionskontrollsystems unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres reduziert wird. Das sei bei der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung der Fall, da sie nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums deaktiviert werde und somit nicht durchgängig unter normalen Betriebsbedingungen zum Einsatz komme und der Stickoxid-Ausstoß dadurch steige. Bei der KSR handele es sich daher um eine unzulässige Abschalteinrichtung, so das OLG Hamm.

Somit entspreche der Mercedes des Klägers auch nicht den europäischen Vorgaben, obwohl Mercedes dies mit der Übereinstimmungsbescheinigung bestätigt hatte. Mit der fehlerhaften Übereinstimmungsbescheinigung habe Mercedes zumindest fahrlässig gehandelt und sei dem Kläger zum Ersatz des Differenzschadens verpflichtet. Nach der Rechtsprechung des BGH beträgt der Differenzschaden zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises. Das OLG Hamm bezifferte den Schaden auf 9 Prozent des Kaufpreises. Zudem kann der Kläger das Fahrzeug behalten und muss sich auch keine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.

„Der BGH hat die Türen für Schadenersatzansprüche im Abgasskandal weit aufgemacht, indem er entschieden hat, dass sich die Autohersteller schon bei Fahrlässigkeit schadenersatzpflichtig gemacht haben und ihnen keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung mehr nachgewiesen werden muss. Davon können nicht nur Mercedes-Käufer profitieren“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/mercedes-abgasskandal/



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten