Abgekürzte Kündigungsfrist während der Probezeit nur bei eindeutiger Formulierung zulässig

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Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.03.2017 (Az.: 6 AZR 705/15) festgelegt, dass Bestimmungen eines vorformulierten Arbeitsvertrags von durchschnittlichem, regelmäßig nicht rechtskundigem Arbeitnehmer zu verstehen sein müssen. 

Der Kläger war ab April 2014 bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den die Beklagte vorformuliert hatte, war in § 1 bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten; dieser sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. In § 3 des Arbeitsvertrags war geregelt, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. In § 8 des Vertrags war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 2 Wochen. Dagegen richtet sich die Klage des Klägers. Er ist der Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist und damit zum 31. Oktober 2014 geendet habe. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht:

Die Bestimmungen des Arbeitsvertrages sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags ist vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gilt auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

Für die Vertragsgestaltung in der Praxis bedeutet das: 

Grundsätzlich führt eine Probezeit gemäß § 622 Abs. 3 BGB zu einer verkürzten Kündigungsfrist von zwei Wochen. Ist aber im Arbeitsvertrag in einer anderen Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, gilt die längere Kündigungsfrist auch in der Probezeit, wenn die Kündigungsfristenregelung nicht klar erkennen lässt, dass sie erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll. 

Im Vertrag muss somit eindeutig formuliert sein, die längeren Kündigungsfristen erst nach Ablauf der Probezeit Gültigkeit beanspruchen.

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RA Dietmar Schnitzmeier

RA Stephan Becker

Fachanwälte für Arbeitsrecht


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