Abweisung des Ehescheidungsantrags wegen schwerer Härte bei pflegebedürftigem ausländischen Ehegatten

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Das AG Tempelhof-Kreuzberg hat den Scheidungsantrag eines Ehegatten trotz Getrenntleben von drei Jahren und Eintritt der Zerrüttungsvermutung zurückgewiesen, weil die sich aus einer Scheidung ergebenen Nachteile für den pflegebedürftigen anderen Ehegatten unzumutbar erschienen.

Die syrische Ehefrau des Antragstellers wurde wegen einer Alzheimer-Erkrankung im Pflegeheim betreut. Die Scheidung hätte ihr Bleiberecht in Deutschland und damit ihre medizinische Versorgung in Frage gestellt. Die Interessen des Ehemanns sollten auch deshalb zurückstehen können, weil er sich in dem Pflegeheim trotz der Trennung durch den Umzug der Ehefrau in einer zwischen Ehegatten üblichen Weise verhalten hat.

Die „gutgemeinte“ Entscheidung ist aus jeder Perspektive problematisch: Spielen bei dem Scheidungswunsch des Ehemanns die unterhaltsrechtlichen Folgen eine maßgebliche Rolle, will er sich also trotz im Übrigen unveränderter persönlicher Beziehungen lediglich der Verpflichtung gegenüber dem Sozialhilfeträger entledigen, ist die Entscheidung zwar gerechtfertigt, sollte aber wohl mit dem tatsächlich fehlenden Trennungsentschluss statt mit der Härteregelung gem. § 1368 BGB begründet werden.

Geht es allein um die nachteiligen Folgen für die Ehefrau, muss geklärt sein, wann die schwere Härte wegfallen kann, da der Ehegatte nicht auf unbestimmte Zeit gegen seinen Willen an dem Eheband festgehalten werden kann. Wenn das Entstehen von ausländerrechtlichen oder Nachteilen in der sozialen Absicherung schon ausreichen würde, um einen Härtefall zu begründen, könnte jede Ehe, bei der ein unsicherer ausländerrechtlicher oder wirtschaftlicher Status des Antragsgegners besteht, bis zu dessen Festigung nicht nach herkömmlichen Maßstäben geschieden werden.

Die besondere Dramatik dieses Falls sollte deshalb nicht eherechtlich, sondern ausländer- und unterhaltsrechtlich gelöst werden, indem von einer Abschiebung wegen Krankheit abgesehen und der Ehemann mit einem dauerhaften Unterhaltsanspruch bei entsprechender Leistungsfähigkeit konfrontiert wird, auch wenn die Ehedauer eher kurz war. Die notwendige Interessenabwägung gem. § 1578b BGB lässt ein solches Ergebnis nach Gesamtschau aller Umstände zu.


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