Aktuell/Kammergericht Berlin: Versicherung muss Kosten einer teureren Fachwerkstatt übernehmen

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Im vorliegenden Fall geriet der Kläger unverschuldet in einen Verkehrsunfall. Daraufhin ließ er für  seinen Mercedes Sprinter ( 259.000 km, 5 Jahre alt) ein Gutachten erstellen, welches durch das Ansetzen eines ortsüblichen Stundenverrechnungssatzes einer Mercedes Werkstatt zu einer Kostenrechung von 4.000,- EUR kam. Die Haftpflichtversicherung der Unfallgegnerin kürzte diese aber um 580,- EUR mit der Begründung, dass der Kläger sich an eine freie, von der Versicherung benannte und damit preisgünstigere Werkstatt zu wenden habe. Dies wollte der Unfallgeschädigte nicht akzeptieren und klagte letztlich mit Erfolg.

Das Amtsgericht Kronach führt aus, dass der Geschädigte sich nicht erst die Mühe machen müsse, sich bei unzähligen Werkstätten vorzustellen, nur um herauszufinden, welche günstigere Verrechungssätze hat. Weiterhin wäre es außerdem von großer Bedeutung für den Zeit- und Marktwert, ob ein Markenfahrzeug auch in einer Markenwerkstatt repariert wurde, oder nicht, was natürlich den Wiederverkaufswert beeinflussen würde. Wer sich beim Kauf für ein Markenfahrzeug entscheidet, hat grundsätzlich auch den Anspruch diese in einer Markenwerkstatt zu reparieren, obgleich es dabei viel teurer wird. Die beklagte Versicherung ging daraufhin zwar in Berufung, erhielt jedoch auch vom LG Coburg den eindeutigen Hinweisbeschluss, dass sie im Unrecht sei und die Versicherung nahm daraufhin mangels ausreichender Erfolgsaussichten auch die Berufung zurück (AG Kronach, Urteil vom 16.8.2007, Az.: 1 C 168/07; Hinweisverfügung des LG Coburg vom 13.12.2007, Az.:32 S 83/07; rechtskräftig).

Ganz ähnlich entschied nun auch aktuell das Kammergericht Berlin am 30. Juni 2008 (22 U 13/08). Unter direktem Bezug auf das sogenannte „Porsche-Urteil“ des BGH (29.4.2003, VI ZR 398/02) bestätigte es nämlich nun wie folgt:

„Der Geschädigte muss eine Kürzung seiner fiktiven Schadensberechnung nicht hinnehmen. Er muss sich nicht auf die Möglichkeit einer billigeren Reparatur einer anderen als einer markengebunden Fachwerkstatt verweisen lassen.

Denn auch bei gleicher Qualität der technischen Ausführung honoriert es der Markt, dass Wartungs- und/oder Reparaturarbeiten an einem Fahrzeug gerade von einer markengebundenen Vertragswerkstatt und nicht von einer freien Fremdwerkstatt durchgeführt werden.

Dem Arbeitsergebnis einer Markenwerkstatt kommt neben dem technischen Aspekt noch ein weiterer wertbildender Faktor zu: Der Kunde – sei es der Reparaturkunde, sei es der potentielle Käufer auf dem Gebrauchtwagenmarkt – verbindet mit dem Besuch von Markenvertragswerkstätten eine über den technischen Zustand hinausgehende besondere Werthaltigkeit. Deshalb setzen sich die Markenwerkstätten trotz der im Allgemeinen höheren Reparaturpreise nicht nur als bloße Ausnahmeerscheinung auf dem freien Markt durch. Markenqualität ist mehr als nur die Einhaltung technischer Standards. Sie bedeutet im Allgemeinen nicht nur technische Qualität, sondern insbesondere auch Vertrauen und Seriosität. Dies nimmt unmittelbar Einfluss auf die Preisbildung. Nicht umsonst wird im Vergleich für ein „scheckheftgepflegtes“ Fahrzeug ein höherer Verkaufserlös erzielt. Gleiches gilt für Fahrzeuge nach unfallbedingten Instandsetzungsarbeiten oder sonstigen Reparaturen, die von Vertragswerkstätten ausgeführt werden. Diese am Markt spürbaren wertbildenden Faktoren beruhen auf der Nähe der Vertragswerkstätten zum Hersteller und der Spezialisierung auf nur eine Fahrzeugmarke. Diesen Werkstätten steht speziell geschultes Personal zur Verfügung.

Sie erhalten bevorzugten Zugriff und besondere Konditionen auf spezielle Ersatzteile und Werkzeuge, was insbesondere bei – hier nicht einschlägigen – erheblichen Strukturschäden oder bei einer unerwarteten Ausweitung von erforderlichen Reparaturmaßnahmen von Vorteil ist (vgl. hierzu auch die Ausführungen von Zschieschack in NZV 2008, 326).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor RA Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030 – 886 81 505.

 

 

 



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