Anfechtung eines Aufhebungsvertrages

  • 2 Minuten Lesezeit


Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber überraschend mit Vorwürfen konfrontiert und ehe er sich versieht hat er sich dazu bewegen lassen einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. 

Nun ist der Aufhebungsvertrag in der Welt mit der einschneidenden Folge, dass das Arbeitsverhältnis endet und ggfs. dem Arbeitnehmer noch Nachteile von Seiten der Agentur für Arbeit droht in Gestalt einer Sperre der Leistungen. Was tun? Nun ist guter Rat teuer.

Auch wenn die Einleitung bewusst überspitzt ist, kommen diese Situationen rund um den Abschluss eines Aufhebungsvertrages in der Praxis nicht selten vor. Besteht nun eine Möglichkeit für den Arbeitnehmer sich wieder von seiner Erklärung zu lösen und den Aufhebungsvertrag aus der Welt zu schaffen?

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18 scheidet ein Widerruf gemäß § 355 BGB mangels Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 312 I BGB aus.

Zu denken ist jedoch unter bestimmten Umständen an eine Anfechtung der Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung bzw. widerrechtlicher Drohung. 

Die Anfechtung wird dann als wirksam angesehen, wenn der Arbeitnehmer zum Abschluss des Aufhebungsvertrages durch widerrechtliche Drohung des Arbeitgebers mit einer aus Sicht eines vernünftigen Arbeitgebers ersichtlich unwirksamen außerordentlichen Kündigung bestimmt worden ist und diese Erklärung auch fristgerecht angefochten wurde. Die Anfechtungsfrist bei einer Anfechtung nach § 123 BGB beträgt gemäß § 124 BGB ein Jahr.

Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist immer dann widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung hätte ziehen dürfen. Widerrechtlich ist die Androhung auch dann, wenn der Arbeitgeber wegen des Fristablaufs nach § 626 II BGB gar keine Kündigung mehr wirksam hätte aussprechen können. (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.03.21, 23 Sa 1381/20).

Die Frist des § 626 II BGB bedeutet, dass eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber nur innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis des wichtigen Kündigungsgrundes ausgesprochen werden kann. Bei Versäumnis dieser Frist ist die außerordentliche Kündigung unwirksam und der wichtige Kündigungsgrund verwirkt.

Sollte der Sachverhalt ein arglistiges Täuschen oder eine widerrechtliche Drohung nicht stützen, kann jedoch eventuell die Missachtung des Gebots des fairen Verhandelns die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages begründen. Durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18 kam dem Gebot des fairen Verhandelns plötzlich wieder ein gewisses Gewicht zu teil. Das BAG möchte einer Überrumpelung des Arbeitnehmers z.B. durch Verhandlungen zu einer ungewöhnlichen Zeit oder an einem ungewöhnlichen Ort entgegentreten.

Das Gebot fairen Verhandelns wird missachtet, wenn die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners in missbillingender Weise beeinflusst wird. Eine Verhandlungssituation ist unfair, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen bzw. ausgenutz wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erhebelich erschwert oder unmöglich macht. Dies kann durch die Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen, die erheblich ablenken oder sogar den Fluchtinstinkt wecken oder der Ausnutzung objektiv erkennbarer körperlicher oder psychischer Schwächen oder unzureichender Sprachkenntnisse geschehen.


Letztlich ist immer der konkrete Sachverhalt zu prüfen und entscheidend. Die ist mit Hilfe eines erfahrenen Arbeitsrechtlers zu bewerkstelligen.


Michael Walther

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei Görhardt Kohlmorgen Hemmer Walther


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Walther

Beiträge zum Thema