Anforderungen an die Formwirksamkeit eines Testaments

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Unabhängig vom Inhalt des Testaments muss in jedem Fall die Form des § 2247 Abs. 1 BGB gewahrt sein und der Wille des Erblassers zu erkennen sein.

Dies hat das Oberlandesgericht Schleswig mit Beschluss vom 16.07.2015 – 3 Wx 19/15 nunmehr festgehalten:

Die Eigenhändigkeit der Errichtung eines Testaments setzt voraus, dass der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgeht. Daraus ergibt sich als zwingende Formvoraussetzung die Lesbarkeit der Niederschrift. Ist ein Schriftstück jedoch auch mit sachverständiger Hilfe nicht lesbar, liegt keine formwirksam verlautbarte letztwillige Verfügung vor

Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann ein Testament nur durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet werden. Weitere Formvoraussetzungen für ein eigenhändiges Testament bestehen grundsätzlich nicht. Die Urkunde muss weder als Testament überschrieben noch von Zeugen mitunterschrieben sein und auch nicht zwingend Tag und Ort der Errichtung nennen, vgl. § 2247 Abs. 2 BGB. Umso wichtiger ist die Beachtung der einzigen Voraussetzung der Eigenhändigkeit der Errichtung. Sie setzt voraus, dass der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgeht. Dies schließt es nicht aus, bei Auslegungszweifeln Umstände außerhalb der Urkunde mit einzubeziehen. Auch dann aber bleibt Gegenstand der Auslegung ausschließlich der niedergeschriebene Text. Daraus ergibt sich als zwingende Formvoraussetzung die Lesbarkeit der Niederschrift. Ist ein Schriftstück jedoch auch mit sachverständiger Hilfe nicht lesbar, liegt keine formwirksam verlautbarte letztwillige Verfügung vor (vgl. etwa OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1298).

Dem Senat war es vorliegend trotz langjähriger Erfahrung mit der Entzifferung schwer lesbarer letztwilliger Verfügungen nicht in möglich, das Schriftstück soweit zu entziffern, dass es einen eindeutigen Inhalt erhält. Er geht mit dem Nachlassgericht davon aus, dass die ersten drei Worte „ich Ruth H.“ und die letzten Worte „Kathrin G. geb. 13.12.74“, gefolgt von der Unterschrift und der Zahlreihe „06.04.12“ lauten. Diese Worte weisen die Erblasserin als Erklärende aus und lassen einen Bezug der Erklärung zu der Beteiligten zu 2., die namentlich und mit ihrem Geburtsdatum genannt wird, erkennen. Die letzten vier Zahlen könnten auf den 06. April 2012 als Tag der Niederschrift hinweisen.

In der Mitte des Textes verbleiben jedoch einige nicht zweifelsfrei lesbare Worte. Selbst wenn es sich bei den Buchstaben in der linken Hälfte der zweiten Zeile um ein einziges Wort handeln sollte – obgleich zwischen dem zweiten und dritten Buchstaben eine Lücke ist – und dieses Wort als „vermache“ zu lesen wäre, bliebe doch eine Ungewissheit wegen der verbleibenden beiden Worte. Selbst wenn feststünde, dass die Erblasserin – sollte das Schriftstück von ihr stammen – der Beteiligten zu 2. etwas „vermachen“ wollte, bliebe unklar, was genau dies sein sollte. Das Bezugsobjekt des „Vermachten“ ist nicht lesbar. Der Senat kann die fraglichen Worte weder im Sinne von „vermache alles meiner“ – wie es die Beteiligte zu 2. lesen möchte – noch in anderer Weise, die einen eindeutigen Inhalt ergäbe, lesen.

Die benannte Entscheidung zeigt, dass neben dem Inhalt des Testaments auch die (nicht sehr hohen) Formanforderungen an ein Testament nach Maßgabe von § 2247 Abs. 1 BGB erfüllt sein müssen. Um dabei zu vermeiden, dass Gerichte sich später mit der Auslegung des Testaments zu befassen, ist eine Rechtsberatung bzw. die individuelle und vorausschauende Gestaltung von Nachfolgeregelungen unvermeidlich.

Dazu zählt grundsätzlich auch, dass ein eigenhändig errichtetes Testament im Einzelfall nochmals durch einen Anwalt geprüft wird.


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