Anlagevermittler und Anlageberater haften auch für spätere Anlageentscheidungen

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16.03.2020

Wer die Dienste eines Anlagevermittlers oder -beraters in Anspruch nimmt, seiner Auskunft und Beratung vertraut, der baut darauf u.U. auch bei späteren Anlageentscheidungen. Und das kann er zu Recht, denn der Schutzzweck einer Auskunfts- oder Beratungspflicht des Vermittlers ist nicht nur auf den ersten Erwerb einer Anlage nach Maßgabe der Empfehlung begrenzt. Deshalb können auch spätere Anlageentscheidungen, die der Anleger auf der Grundlage der pflichtwidrig erteilten Empfehlung ohne erneute Beratung bzw. Vermittlung trifft, dem Berater oder Vermittler zugerechnet werden. So der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 21.11.2019 (Az. III ZR 244/18).

Der Fall

Ein Anleger forderte von einer Gesellschaft, die ihn 20 Jahre vor allem in Versicherungsangelegenheiten beraten hatte, Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung bzgl. seiner Vermögensanlagen. Als er im Jahre 2005 nach einer Altersversorgung suchte, wurden ihm verschiedene Renten- oder Lebensversicherungsprodukte vorgestellt, die jedoch seine Vorstellungen von einer hohen Rendite bei einer kurzen Laufzeit nicht erfüllten. Ein Jahr später wurde er auf die Anlagemöglichkeit bei einem Rechtsanwalt ohne nähere Angaben zu dieser Anlage hingewiesen. Der Anleger folgte dieser Empfehlung und investierte dort. Der Anwalt starb im Jahre 2014. Über dessen Nachlass wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet, in dem einer Masse von ca. 400.000 € Forderungen im Umfang von über 8 Mio. Euro gegenüberstanden. Daraufhin forderte der Anleger Schadensersatz für seinen Verlust.

Die Entscheidung

Der Rechtsstreit landet schließlich beim BGH und der entschied zugunsten des Anlegers mit folgender Begründung: Zwischen dem Anleger und der Gesellschaft sei ein Beratungsvertrag mit Haftungsfolgen zustande gekommen. Die ursprünglich ergebnislose Beratung hatte zwar zu einer Beendigung des Vertrages aus dem Jahre 2005 geführt, doch dann sei ein neuer Vertrag geschlossen worden, der jedenfalls Auskunftspflichten der Gesellschaft bzw. ihrer Mitarbeiter begründete. Ein solcher Vertrag mit Haftungsfolgen komme zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er auf eine (bestimmte) Anlageentscheidung bezogen die besonderen Kenntnisse und Verbindungen einer Person, die geschäftlich Beratungs- und Auskunftstätigkeit in Bezug auf Geldanlagen anbietet, in Anspruch nehmen wolle. Darin sei ein Angebot auf Abschluss eines Auskunfts- oder Beratungsvertrags zu sehen. Dieses Angebot nehme der Dienstleister stillschweigend dadurch an, indem er die gewünschte Tätigkeit beginne. Der so entstandene Vertrag verpflichte den Berater bzw. Vermittler dazu, die Plausibilität der Anlage zu untersuchen und dem Anlageinteressenten die diesbezüglichen Erkenntnisse mitzuteilen. Er muss ihm richtige und vollständige Informationen geben, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. In diesem Fall wurden die Auskunftspflichten vor allem dadurch verletzt, weil weder die Wirtschaftlichkeit und Plausibilität der Anlage noch die Bonität des Rechtsanwalts geprüft worden sei.

Kommentar

Der BGH stellt unmissverständlich klar, dass der Schutzzweck der Auskunfts- oder Beratungspflicht nicht auf den ersten Erwerb einer Anlage nach dem Gespräch, in dem eine Empfehlung gegeben wird, begrenzt ist. Auch wenn im „Normalfall“ der Beratung über eine Geldanlage Pflichten nur hinsichtlich dieser konkreten Anlageentscheidung entstehen, steht es den Vertragsparteien frei, auch größere oder unbestimmte Risiken einzugehen. Insofern kann der Schutzzweck haftungserweiternd wirken. Im Übrigen ist die Dauer des Beratungs- bzw. Vermittlungsgesprächs unerheblich für die Haftung. Daran kann ggf. nur die Qualität der Beratung gemessen werden, weil Qualität auch ein bestimmtes Maß an Quantität erfordert. Doch für das Zustandekommen eines Vertrags ist dies ohne Belang.

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