Anscheinsbeweis spricht für Verschulden des Linksabbiegers bei Kollision mit Linksüberholer

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Es kommt immer wieder vor, dass ein Pkw links abbiegen will, dann aber auch von links überholt wird.

Die Haftungsfrage wird kontrovers diskutiert.

Das Oberlandesgericht Thüringen hat bereits im Oktober 2016 entschieden, dass kein Überholverbot besteht bei fehlenden Anzeichen für ein bevorstehendes Linksabbiegen.

Der Leitsatz des Oberlandesgerichtes lautet: Kommt es zwischen einem Linksabbieger und einem Linksüberholer zu einer Kollision, so spricht der Beweis des 1. Anscheins für einen Verstoß des Linksabbiegers gegen seine Pflichten aus § 9 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung. Fehlt es an Anzeichen für ein bevorstehendes Linksabbiegen, liegt keine unklare Verkehrslage im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO vor, sodass ein Überholen zulässig ist.

Der Fall war folgender:

Bereits im November 2011 kam es auf einer Bundesstraße zu einem Verkehrsunfall. Eine Postbotin fuhr mit ihrem Dienstfahrzeug und wollte nach links abbiegen. Sie wurde von links überholt, von einem Kleintransporter. Es kam dann natürlich zum Zusammenstoß. Es entstand dann nachfolgend Streit (wie immer) über die Haftungsquote. Das in der 1. Instanz zuständige Landgericht Gera nahm eine Haftungsquote von je 50 Prozent an. Der überholende Kleintransporter hat dagegen Berufung eingelegt.

Das Oberlandesgericht Thüringen entschied nun zugunsten des Kleintransporters, die Entscheidung des Landgerichtes wurde aufgehoben. Das Oberlandesgericht ging von einer Alleinhaftung der Postbotin für die Unfallfolgen aus. Der Anschein des 1. Anscheins spreche dafür, dass diese nämlich gegen § 9 Abs. 1 StVO, insbesondere gegen die doppelte Rückschaupflicht, verstoßen habe.

Das Gericht führt aus:

Kommt es im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Linksabbiegen zu einer Kollision mit einem Linksüberholer, so spreche der Anscheinsbeweis für eine Verletzung des Linksabbiegers gegen § 9 Abs. 1 StVO. Gegen diesen Verstoß trete die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Kleintransporters zurück.

Diesem sei nämlich nach Ansicht des Oberlandesgerichtes kein unzulässiges Überholen anzulasten. Vielmehr sei dieses verkehrsgerecht erfolgt. Eine unklare Sachlage, welche ein Überholen gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO verbiete, habe nicht vorgelegen. Für den Beklagten habe es keine Anzeichen für ein bevorstehendes Linksabbiegen gegeben. Denn die Postbotin habe weder links geblinkt noch habe sie sich möglichst weit links eingeordnet. Allein die Verlangsamung ihres Fahrzeugs habe nicht für ein beabsichtigtes Abbiegen gesprochen.

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