Anspruch auf höhere Auszahlungsansprüche aus Lebensversicherung

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Lebensversicherung: LG Düsseldorf bestätigt Anspruch auf höhere Auszahlungen auch bei vollständig erfüllten Verträgen

Lebensversicherungen waren und sind immer schon in verschiedenen Varianten Teil der privaten Altersvorsorge vieler Menschen. Solange die dabei erwirtschafteten Renditen und Überschussbeteiligungen im Vergleich zu anderen Anlageprodukten überdurchschnittlich waren, regte sich auch wenig Widerstand. Dies hat sich seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts allerdings geändert. Zuerst standen dabei die Rückkaufwerte von Verträgen im Mittelpunkt, die vorzeitig durch den Kunden beendet wurden. Hier hatte der BGH mit seinen wegweisenden Entscheidungen vom 09.05.2001 (IV ZR 121/00 und IV ZR 138/99) und 12.10.2005 (IV ZR 162/03 und IV ZR 177/03) und das Bundesverfassungsgericht mit dem Beschluss vom 15.02.2006 (1 BvR 1317/96) für die Versicherungsnehmer durch ergänzende Vertragsauslegung eine Mindestrückzahlung festgelegt, nachdem die in den Verträgen enthaltenen Regelungen zur Berechnung des Rückkaufwerts und des Stornoabzugs als unzulässig angesehen wurden. Mit seiner grundlegenden Entscheidung vom 25.07.2012 hat der BGH in einem Unterlassungsklageverfahren dann die bislang angewandte Berechnung nach dem Zillmerungsverfahren als unwirksam angesehen, weil es den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt. Da in dem Verfahren aber nur über die Unwirksamkeit der Klausel entschieden wurde, ist zurzeit noch offen, wie genau der Rückkaufwert nun zu berechnen ist. Festgehalten werden kann nur, dass der Schutzumfang des Versicherungsnehmers durch die Entscheidung erweitert wurde.

Während diese Rechtsprechung nur die Situation des Versicherungsnehmers verbesserte, der seinen Vertrag vorzeitig beendet, blieb offen, welche Ansprüche der Versicherungsnehmer hat, der seinen Vertrag bis zum Ende der Laufzeit erfüllt hat. Hier ist es üblich, dass der Versicherer zum Ablauf der Versicherung lediglich ein Abrechnungsschreiben übermittelt, der sich der Auszahlungsbetrag entnehmen lässt, der sich aus der Versicherungssumme, der Garantieverzinsung und der Überschussbeteiligung ergibt. Im Falle von fondsgebundenen Lebensversicherungen wird auch lediglich der Fondswert und die etwaige Überschussbeteiligung mitgeteilt. Ob der Betrag richtig berechnet wurde, ist für den Versicherungsnehmer nicht ersichtlich. In der Vergangenheit haben die Gerichte Auskunftsansprüche auf eine nachvollziehbare Berechnung auch zurückgewiesen, da es sich bei den internen Zahlen und Anlagemethoden um schützenswerte Betriebsgeheimnisse handele.

Einen neuen Ansatz hat nun das LG Düsseldorf mit einem Beweisbeschluss vom 12.04.2012 (11 O 423/10) eröffnet, der kürzlich teilweise veröffentlicht wurde (ZVertriebsR 2013, 133 ff).

Der Kläger des Verfahrens hatte in den Jahren 1998 und 1999 bei der Beklagten mehrere Lebensversicherungen zur Immobilienfinanzierung mit Laufzeiten von 12 bis 20 Jahren abgeschlossen. Die in den Unterlagen dargestellten Erträge konnten nicht erwirtschaftet werden. Ein eingeholtes Privatgutachten kam zu dem Ergebnis, dass die der Prognose zugrunde liegende Verzinsung von 6,9 % überhöht war, da nach den damaligen Bedingungen des Kapitalmarkts lediglich 5% realistisch hätten erwartet werden können. Der Kläger verlangte nun die Differenzverzinsung von 1,9% p.a. zusätzlich zu der vom Versicherer errechneten Ablaufleistung. Der rechtlichen Argumentation folgte das Landgericht und beschloss die Erhebung des für die Überhöhung angebotenen Sachverständigenbeweises. Im Ergebnis führt dies dazu, dass - wenn das gerichtliche Sachverständigengutachten das Privatgutachten bestätigt - der Versicherer neben der Garantieverzinsung auch die von ihm beworbenen (überhöhten) Renditeanteile auszahlen muss, obwohl diese nicht erwirtschaftet worden sind.

Es ist anzunehmen, dass von diesem grundsätzlichen Problem eine Vielzahl von Versicherungsverträgen betroffen sind. Es lohnt sich also auch für bereits ausgezahlte oder demnächst zur Auszahlung kommende Versicherungen, diese auf ihre Höhe überprüfen zu lassen und ggf. Nachforderungen zu stellen. Nach den üblichen Rechtsschutzbedingungen dürfte eine abgeschlossene Rechtsschutzversicherung hierfür auch einstandspflichtig sein.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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