Anwalt bei Vorladung, Strafbefehl, Anklage mit dem Vorwurf Strafvereitelung

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Die Strafrechtspflege ist ein Rechtsgut, welches sogar strafrechtlich geschützt ist. Dies erfolgt durch verschiedene Strafvorschriften, die bestimmte Verhaltensweisen, die die Strafrechtspflege behindern oder behindern können, unter Strafe stellen. Hierzu gehören zum Beispiel Delikte wie die Falsche Verdächtigung, falsche uneidliche Aussage oder der Meineid.

Die Strafrechtspflege soll außerdem durch die Strafbewehrung der Strafvereitelung nach § 258 StGB geschützt werden.

Wie hoch ist die Strafe für Strafvereitelung?

Für Strafvereitelung droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Es gilt aber gem. § 258 Abs.3 StGB, dass die Strafe nicht höher sein darf als die Strafe, die für die Vortat angedroht ist, also diejenige Tat, deren strafrechtliche Verfolgung oder strafrechtliche Vollstreckung vereitelt wurde.

Wurde also beispielsweise die Begehung einer Sachbeschädigung (§ 303 Abs.1 StGB) im Sinne des § 258 Abs.1 StGB vereitelt, so darf die Strafe für die Strafvereitelung grundsätzlich auch nicht höher sein, als eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren sein.

Wann macht man sich wegen Strafvereitelung strafbar?

Strafbare Strafvereitelung nach § 258 Abs.1 und Abs.2 StGB ist das absichtliche oder wissentliche Vereiteln, dass jemand wegen einer begangen Straftat bestraft wird oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung, Einziehung oder Unbrauchbarmachung (§ 11 Abs.1 Nr.8 StGB) verhängt oder vollstreckt wird. Es gibt also im Grunde die Strafvereitelung (§ 258 Abs.1 StGB) und die Strafvollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs.2 StGB).


Absichtlich oder wissentlich handelt der Täter, wenn es ihm gerade auf die Vereitelung ankommt oder er sicher weiß, dass er durch sein Verhalten die Vereitelung begeht. Allerdings genügt bedingter Vorsatz dahingehend, dass die zu vereitelnde Straftat begangen wurde. Bedingter Vorsatz meint, dass der Vereitelnde es für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass die Straftat begangen wurde. Selbst wenn die Annahme der Möglichkeit, dass die Vortat begangen wurde, auf einem Irrtum beruht, ist eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung möglich. Vgl. z.B. BGH, Urteil v. 10.09.2015 – 4 StR 151/15.


Strafvereitelung bezieht sich übrigens ausweislich des Wortlauts des § 258 StGB nur auf die Vereitelung von Strafen oder Maßnahmen für begangene Straftaten. Ordnungswidrigkeiten sind demnach nicht gemeint, sodass es nicht nach § 258 Abs.1 StGB strafbar ist, wenn jemand verhindert, dass jemand wegen einer begangenen Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße bezahlen muss.

Mache ich mich wegen Strafvereitelung strafbar, wenn sich das Strafverfahren wegen mir nur um wenige Wochen verzögert?

Auch bei der Verursachung einer Verzögerung des Strafverfahrens um nur wenige Wochen, kann eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung drohen. Das Vereiteln im Sinne der Strafvereitelung (oder der Strafvollstreckungsvereitelung) setzt nämlich nicht voraus, dass die Verfolgung der Straftat oder die Vollstreckung der Strafe endgültig verhindert wird (vgl. z.B.  BGH, Beschluss v. 24.06.2016 – 4 StR 205/16). Eine Verzögerung des Verfahrens von einigen Wochen genügt hierfür. Regelmäßig wird die Grenze bei ca. zwei bis drei Wochen gezogen, also bereits recht zeitnah.


Das Verhalten des Täters der Strafvereitelung muss für die Verzögerung des Verfahrens kausal geworden sein. Es muss also festgestellt werden, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Verfahren ohne den Beitrag des Vereitelnden nicht verzögert worden wäre. Vgl. z.B.  BGH, Beschluss v. 24.06.2016 – 4 StR 205/16.

Bleibt man straflos, wenn man verhindert, dass ein Angehöriger wegen einer begangenen Straftat belangt wird?

Eine begangene Strafvereitelung bleibt dann straflos, wenn sie „zugunsten eines Angehörigen“ (§ 258 Abs.6 StGB) begangen wird. Angehörige im Sinne des Strafgesetzbuches sind zum Beispiel Verwandte in gerader Linie, Ehegatten, Lebenspartner und Geschwister (§ 11 Abs.1 Nr.1 StGB).

Beachten Sie hier aber, dass eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung nach § 258 StGB in diesem Fall entfällt. Werden im Zusammenhang mit der Verhinderung der Vereitelung oder Vollstreckung andere Straftaten begangen (zum Beispiel ein Betrug), so entfällt nicht die Strafbarkeit wegen solcher Delikte. Beschränkt sich aber der strafrechtliche Vorwurf auf die Strafvereitelung nach § 258 StGB, so entfällt tatsächlich die Strafbarkeit.

Wann droht eine höhere Strafe wegen Strafvereitelung?

Eine höhere Strafe für Strafvereitelung droht bestimmten Amtsträgern. Die Strafvereitelung im Amt ist gem. § 258a Abs.1 StGB mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren bedroht.

Nicht alle Amtsträger sind hiervon erfasst, sondern lediglich solche, die zur Mitwirkung bei der Verfolgung oder Vollstreckung der Strafe in dem in Frage stehenden Strafverfahren berufen sind.

Auch greift hier das Angehörigenprivileg nicht. Strafvereitelung im Amt ist demnach auch zugunsten von Angehörigen strafbar.

Auch darf in diesem Fall für die Strafvereitelung im Amt eine höhere Strafe verhängt werden als für die Vortat angedroht ist.

Ist es strafbar, als Beschuldigter einer Straftat die Bestrafung zu vereiteln?

Wegen Strafvereitelung macht sich nicht derjenige strafbar, der seine eigene Straftat vereitelt bzw. vereiteln möchte bzw. die Strafvereitelung begeht, um nicht selbst strafrechtlich belangt zu werden.


Dies ist Ausfluss des Gedankens, dass man nicht dazu verpflichtet ist, sich im Strafverfahren selbst zu belasten. Man muss an seiner eigenen strafrechtlichen Verfolgung nicht aktiv mitwirken.


Dieses Selbstbegünstigungsprivileg greift auch dann, wenn der Täter fälschlicherweise davon ausgeht, dass er einer (drohenden) Strafverfolgung ausgesetzt ist (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 24.06.2016 – 4 StR 205/16).


Zu beachten ist aber auch hier, dass auch der Beschuldigte einer Straftat nicht ausnahmslos ein „Recht zu Lügen“ hat, nur um sich nicht selbst zu belasten. Der Beschuldigte hat ein Recht, zum Tatvorwurf zu schweigen. Es droht keine Strafe wegen Strafvereitelung, wenn man beispielsweise vor den Ermittlungsbehörden flieht. Es ist allerdings durchaus strafbar, wenn man eine andere Person der Begehung der Straftat bezichtigt, um den Verdacht von sich selbst zu lenken. Hier können Strafen beispielsweise wegen Beleidigung, Verleumdung, Übler Nachrede oder Falscher Verdächtigung drohen.

Macht man sich auch strafbar, wenn die Strafvereitelung schlussendlich nicht gelingt?

Auch die „bloß“ versuchte Strafvereitelung ist strafbar (§ 258 Abs.4 StGB). Eine Straftat ist versucht, wenn der Täter den Tatentschluss zur Begehung der Tat gefasst und unmittelbar zur Begehung der Tat angesetzt hat.

Tatentschluss meint dabei, dass der Täter unbedingten Vorsatz auf die Tatbegehung hat und – soweit dies für das jeweilige Delikt erforderlich ist – auch sonstige zusätzliche subjektiven Anforderungen an die Strafbarkeit vorliegen.

Unmittelbar angesetzt hat der Täter zur Tatbegehung, wenn er solche Angriffshandlungen vorgenommen hat, die ohne wesentlichen Zwischenschritte in die Verwirklichung des Straftatbestandes einmünden, hierzu auch bereits in räumlich und zeitlich engem Zusammenhang stehen und das Opfer aus Sicht der Täters bereits konkret gefährdet erscheint (vgl. z.B. BGH, Urteil v. 20.03.2014 – 3 StR 424/13).

In der Rechtsprechung wird ein unmittelbares Ansetzen dann bejaht, wenn der Täter diejenige Handlung vorgenommen hat, die unmittelbar zum Erfolg der Vereitlung führen soll (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 17.06.2010 – 5 StR 114/10).


Unter diesen Voraussetzungen ist auch diejenige Strafvereitelung strafbar, die schlussendlich nicht gelingt. Zu beachten ist dabei aber, dass wie bereits dargelegt die Verursachung der Verzögerung des Strafverfahrens von wenigen Wochen gegebenenfalls bereits eine Strafbarkeit wegen vollendeter Strafvereitelung begründen kann.

Wie sollte ich mich bei Erhalt einer polizeilichen Vorladung wegen des Vorwurfs der Strafvereitelung verhalten?

Sollten Sie eine polizeiliche Vorladung mit dem Vorwurf der Strafvereitelung erhalten haben, so sollten Sie am Besten einen kühlen Kopf bewahren, sich zunächst auf Ihr Schweigerecht als Beschuldigter berufen, wenn es um Angaben zum Tatvorwurf geht, und sich dann bestenfalls so schnell wie möglich an einen Anwalt für Strafrecht wenden. Dieser wird zunächst Akteneinsicht beantragen und nach Analyse der Ermittlungsakten eine gerade für Ihren Fall geeignete Verteidigungsstrategie erarbeiten.


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