Anwalt: Fahrlässige Körperverletzung gem. § 229 StGB - Vorladung / Strafbefehl / Verkehrsrecht

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Wie jeden Tag mit dem Fahrrad unterwegs, doch plötzlich mit einem Fußgänger kollidiert? Oder beim Ausparken heute nicht den Pfeiler, sondern eine andere Person tangiert? Der Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung steht schneller im Raum als gedacht, denn ein Vorsatz ist gerade nicht erforderlich.

Fahrlässige Körperverletzungen können in jedem Bereich des Lebens vorkommen: auf der Straße, aber auch beim Arzt. Doch welche Strafe bringt eine fahrlässige Körperverletzung mit sich und wann ist eine solche gegeben?


Wie hoch ist die Strafe für fahrlässige Körperverletzung? 


Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Höhe der Strafe richtet sich unter anderem nach der Schwere der eingetretenen Verletzung beim Geschädigten.

Gut zu wissen! Die fahrlässige Körperverletzung ist ein Antragsdelikt und setzt somit grundsätzlich einen Strafantrag des Geschädigten voraus. Im Einzelfall kann das Vorhandensein eines Antrages durch Bejahung eines besonderen öffentlichen Interesses durch die Strafverfolgungsbehörden ersetzt werden.


Was zählt alles als  Körperverletzung?

Beulen, Blut oder Tränen? Jeder kennt den Begriff der Körperverletzung, doch was steckt eigentlich dahinter?

Eine Körperverletzung ist Voraussetzung der Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung. Deshalb ist wichtig zu wissen, ab wann eine solche vorliegt. Eine Körperverletzung ist jede körperliche Misshandlung und Gesundheitsschädigung.

Eine körperliche Misshandlung wird dabei angenommen, wenn das körperliche Wohlbefinden einer anderen Person nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird.

            z.B.: durch Hervorrufung von Schmerzen

Eine Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder die Steigerung eines - vom Normalzustand der körperlichen Funktionen negativ abweichenden – also pathologischen Zustandes.

            z.B.: durch Hervorrufung eines Hämatoms (blauer Fleck)

Auf die Stärke der Verletzung kommt es im Rahmen der Annahme einer Körperverletzung nicht an. Beispielsweise ist die Größe des eingetretenen Hämatoms unerheblich.

Die Stärke und Dauer einer Verletzung sowie die Regenerationszeit werden aber in der Strafzumessung beachtet und beeinflussen die Höhe der zu erwartenden Strafe.

Merkformel: Je größer die Schmerzen, je intensiver sowie irreversibler die Verletzung und je länger die Heilungsdauer desto höher wird die Strafe.

Zur Annahme einer Körperverletzung reicht dabei jede zur Körperverletzung führende zurechenbare Handlung aus:

            z.B.: ein Schlag, ein Tritt, ein nicht unerhebliches Anrempeln, ein Anfahren.

Als Handlung gilt dabei nicht nur ein aktives Tun sondern auch ein Unterlassen, wenn eine Garantenstellung i.S.v. § 13 StGB vorliegt. Eine Garantenstellung benennt im strafrechtlichen Kontext die Pflicht von Personen dafür einzustehen und zu sorgen, dass ein konkreter Erfolg (z.B. in Form von Verletzungen) nicht eintritt.

            Typische Beispiele sind:

  • Eltern gegenüber ihren Kindern
  • Schaffung oder Beisichführen einer GefahrenquelleZ.B. Beisichführen eines Hundes
  • durch Übernahme (faktisch oder vertraglich)Z.B. Babysitter oder Ärzte

Wenn der Arzt eine notwendige medizinische Behandlung bei seinem Patienten unterlässt und dieser aufgrund dessen Schmerzen erleidet oder anderweitig schadet, macht er sich einer fahrlässigen Körperverletzung hinreichend verdächtig.

Was bedeutet fahrlässig?

Unter dem Begriff „Vorsatz“ kann sich ein jeder etwas vorstellen – der Begriff der Fahrlässigkeit hingegen ist deutlich vielschichtiger.

Eine Strafbarkeit wegen fahrlässigen Handels kommt nur in Betracht, wenn eine vorsätzlich begangene Straftat nicht vorliegt. Vorsatz meint dabei Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.

Wer also weiß, dass seine Handlung einen anderen verletzt, macht sich schon wegen vorsätzlicher Körperverletzung gem. § 223ff StGB strafbar.

Fahrlässigkeit liegt dahingegen vor, wenn eine Handlung objektiv sorgfaltswidrig und dem Täter subjektiv vorwerfbar ist (vgl. Fischer, § 229 StGB, Rn. 3).

Dies ist der Fall, wenn jemand objektiv eine Sorgfaltspflichtverletzung begangen hat und der Eintritt der Verletzung auch objektiv vorhersehbar war. Darüber hinaus muss die Person auch subjektiv (also aus seiner Sicht) eine Sorgfaltspflicht missachtet haben und die Folgen hätte erkennen können.

Dass bedeutet: Fahrlässig handelt sowohl wer den rechtswidrigen Erfolg zwar voraussieht, aber hofft, er werde nicht eintreten, als auch derjenige, der den Erfolg nicht voraussieht, ihn aber bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt hätte voraussehen können. (Creifelds, Rechtswörterbuch, Verschulden 2. bb)).

Die Fahrlässigkeit besteht also aus objektiven und subjektiven Komponenten.

Eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung mit Vorhersehbarkeit liegt vor, wenn, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet wurde und die Folge erkannt werden konnte:

z.B. Wer eine Laubharke oder einen Rechen auf dem Gehweg im Laub liegen lässt, weiss das dies nicht der ordnungsgemäßen Sicherung des Gartengerätes entspricht und auch, dass grundsätzlich die Gefahr besteht, dass Passanten darauf treten und sich verletzen können,

aber auch: zu wenig Abstand beim Überholen mit dem Auto oder dem Motorrad entgegen der Regeln der StVO, birgt die Möglichkeit einer Kollision und den damit einhergehenden Verletzungen.

Die Verletzung muss für den Handelnden auch objektiv vermeidbar sein. Im Beispiel einfach: wer die Harke wegräumt oder beim Überholen den Abstand einhält kann den Eintritt von Verletzungen vermeiden.

Ein schuldhaftes Handeln ist nur anzunehmen, wenn auch eine subjektiv (aus Sicht des Handelnden) eine Sorgfaltsverletzung vorliegt und der Schaden und Handlungsverlauf für den einzelnen erkennbar war.

z.B. Wer weiss, dass eine Person nicht schwimmen kann und diese ins Wasser wirft, weiss, dass sich diese nicht selbstständig über Wasser halten können wird. Es ist subjektiv vorhersehbar, dass die Person (bis zur Rettung) immer wieder untergehen und Schmerzen erleiden wird.

Dahingegen: Wer aufgrund einer eigenen Krankheit einen Verwundeten nicht behandelt, weil er körperlich nicht in der Lage war, verletzt zwar objektiv eine Sorgfaltspflicht und die Folgen sind vorhersehbar, ihm ist dies aber nicht vorwerfbar.

Der Eintritt der Verletzung muss nämlich auch für den einzelnen subjektiv vermeidbar gewesen sein. Von einem Nichtschwimmer kann nicht erwartet werden, sich in die Fluten zu stürzen um einen anderen zu retten.

Der Begriff nochmal als Fazit: Fahrlässig handelt sowohl wer den rechtswidrigen Erfolg zwar voraussieht, aber hofft, er werde nicht eintreten, als auch derjenige, der den Erfolg nicht voraussieht, ihn aber bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt hätte voraussehen können. (Creifelds, Rechtswörterbuch, Verschulden 2. bb)).

Wie wir Ihnen helfen können 

Ziel bei dem Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung ist zunächst die Einstellung des Verfahrens. Wir können für Sie Akteneinsicht beantragen und auf eine Einstellung des Verfahrens - noch im Ermittlungsverfahren - hinwirken.

Wir können unter anderem bei fehlendem Strafantrag gegenüber der Staatsanwaltschaft argumentieren, warum in Ihrem Fall gerade kein besonderes öffentliches Interesse vorliegt und eine Verfolgung der fahrlässigen Körperverletzung gerade nicht geboten ist.

Dies verhindert sowohl eine gerichtliche Verhandlung aber auch das Nachaußendringen der Vorwürfe an die Öffentlichkeit. Darüber hinaus verhindert eine Einstellung eine Eintragung der Tat in das Bundeszentralregister.

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