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Anwalt für Urlaub und Urlaubsanspruch - Urlaub bleibt bestehen!

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Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Thema Urlaubsanspruch ist da - und es ist ein Sieg für die Arbeitnehmer! In diesem Artikel erfährst du, was das Urteil genau bedeutet und wie du dich in Zukunft verhalten solltest, wenn es um deinen Urlaub geht


Mit einem Urteil vom 20.12.2022 hat das Bundesarbeitsgericht (folgend BAG) die Rechte von Beschäftigten weiter gestärkt. Die Richter und Richterinnen des BAG entschieden, dass der Anspruch auf Urlaub nur verjähren kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorher über sein Recht auf Urlaub und den eventuellen Verfall der Ansprüche bei freiwilliger fehlender Inanspruchnahme in Kenntnis setzt

Das Urteil verändert einiges, war jedoch erwartbar. Das Gericht setzt damit nämlich zwingende Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs aus einer Vorabentscheidung vom 22.09.2022 um. Der Zweck der Rechtssicherheit, auf den sich Arbeitgeber mit der Verjährungseinrede häufig beriefen, tritt nach dem Europäischen Gerichtshof nämlich hinter dem EU-Recht und speziell dem Ziel des Art. 31 der Europäischen Grundrechtecharta zurück. Der Arbeitgeber soll sich nicht auf sein eigenes Versäumnis, den Arbeitnehmer über seine Urlaubsansprüche entsprechend aufzuklären, berufen können. Die Entscheidung des EuGH war also klar, Urlaub könne nicht verjähren oder wegen langer Krankheit verfallen, wenn der Arbeitgeber nicht seinen Aufklärungspflichten nachkommt. 

Das Argument der Rechtssicherheit kann hierbei sogar gegen die Verjährung ohne Aufklärung des Arbeitnehmers und für ein Bestehenbleiben der Urlaubsansprüche dienen, da der Arbeitgeber ja gerade Rechtssicherheit herstellt, wenn er seine Arbeitnehmer über ihre Rechte in Kenntnis setzt. 


Der Ausgangsfall, der in dem aktuellen Urteil resultierte, stellte sich wie folgt dar: 

Die Klägerin war von 1996 bis 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin in einer Kanzlei angestellt und nahm aufgrund der Arbeitsbelastung nie den gesamten ihr zustehenden Urlaub. Als ihr Arbeitsverhältnis 2017 endete, zahlte ihr der Arbeitgeber die Abgeltungssumme für 14 Tage Urlaub, also die „Auszahlung“ der nicht genommenen Urlaubstage nach Ende des Arbeitsverhältnisses. Die Klägerin machte aber einen Anspruch auf die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus 2017 und den Vorjahren geltend. 

Während in erster Instanz das Arbeitsgericht Solingen die Klage bis auf die Abgeltung der Urlaubstage aus dem Jahr 2017 abwies, gab das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in zweiter Instanz der Klägerin Recht. Der Arbeitgeber wurde zur Abgeltung des geltend gemachten Urlaubs verurteilt und dies nicht nur für 2017, sondern auch für den Urlaub aus den Vorjahren, weswegen sich der Arbeitgeber auf die Einrede der Verjährung berufen hatte. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Revision ein und somit musste sich jetzt die höchstrichterliche Rechtsprechung mit der “Haltbarkeit” von Urlaubsansprüchen beschäftigen. 


Und hier kam jetzt die Rechtsprechung auf europäischer Ebene zur Anwendung. Nur unter Anwendung des nationalen Rechts würde die dreijährige Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 BGB gelten, wobei die Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entsteht und der Schuldner Kenntnis davon erlangt. Dies sollte aber nach Ansicht des EuGH bei der Verjährung von Urlaubsansprüchen nicht gelten, bzw. nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich über den Anspruch auf Urlaub und auch die Verfallfristen informiert. Das BAG schloss sich also abschließend dem EuGH an und gab auch dem Landesarbeitsgericht Recht. Der Arbeitgeber kam nicht seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegeheiten nach, weswegen die Arbeitnehmer nicht in die Lage versetzt wurde, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Ihr Anspruch verfiel also weder mit Ende des Kalenderjahres, noch verjährte er innerhalb von drei Jahren während des laufenden Arbeitsverhältnisses. 

Das Arbeitsrecht gestaltet sich also zunehmend nach europäischer Rechtsprechung, was wie im vorliegenden Fall zu einer Stärkung der Beschäftigten führen kann. 


Zu beobachten ist, ob es zu Massenklagen von (ehemaligen) Arbeitnehmern gegen ihre Arbeitgeber kommen wird. Es ist der Mitteilung des BAG bisher nicht zu entnehmen, ob sich das Urteil nur auf Urlaubsansprüche an sich oder auch auf Urlaubsabgeltungsansprüche bezieht und ob diese gleich behandelt werden. In der Vergangenheit hatte das BAG zwar betont, dass die Abgeltungsansprüche Verjährungs- und Verfallfristen unterliegen, dies war jedoch vor der Vorabentscheidung des EuGH im September 2022 (BAG v. 24.05.2022, Az.: 9 AZR 461/21). 


Lassen Sie Ihre Urlaubsansprüche von einem Anwalt mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht prüfen und sich hinsichtlich möglicher Erfolgschancen beraten.


Rechtsanwalt Sven Diel 

Anwalt für Arbeitsrecht 

0511 55 47 8585

Foto(s): https://unsplash.com/de/fotos/NqMHXiNxbuE

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