Anwaltsgeheimnis: Alle Informationen zu Inhalt, Ausnahmen und der Haftung bei Verstoß

Wollen Sie Ihrem Rechtsanwalt etwas anvertrauen, ist Ihr Geheimnis bei ihm sicher. Wann das Anwaltsgeheimnis eingehalten werden muss, welche Ausnahmen möglich sind und wie lange der Anwalt die Geheimnisse seiner Mandanten wahren muss, erfahren Sie im Ratgeber.  

Was beinhaltet das Anwaltsgeheimnis? 

„Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet“: § 43a Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) stellt die zentrale rechtliche Grundlage des Anwaltsgeheimnisses dar. Die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) beinhaltet in § 2 ebenfalls die Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sowie mögliche Ausnahmen. Im Strafgesetzbuch (StGB) § 203 werden die Verletzung und darauf folgende drohende Strafen geregelt.  

Welche Inhalte gelten als geheim? 

Als Geheimnis wird eine Tatsache verstanden, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist. Es ist folglich noch nicht an die Öffentlichkeit gelangt, wo keine Kontrolle der Kenntnisnahme mehr möglich wäre. Das kann z. B. Informationen betreffen, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens einem unüberschaubaren Personenkreis bekannt wurden. Damit etwas als Geheimnis gilt, muss außerdem ein Geheimhaltungswille vorhanden sein. Die betroffene Person muss das Verbergen der Tatsache also auch wollen. 

Anwaltsgeheimnis: Wann muss es eingehalten werden? 

Ein Rechtsanwalt unterliegt seiner Schweigepflicht gegenüber allen Personen, die mit ihm in seiner Funktion als Rechtsanwalt sprechen. Das umfasst auch Tätigkeiten als Vermittler, Mediator und Schlichter. Die Beziehung zu den Betroffenen ist dabei nicht relevant. Das Anwaltsgeheimnis muss auch gegenüber engsten Verwandten und Ehepartnern eingehalten werden. Die Geheimhaltung muss nicht nur bei ausdrücklichem Wunsch des Mandanten eingehalten werden, es genügt schon ein stillschweigendes Verlangen des Gesprächspartners. Rechtsschutzversicherungen leisten jedoch nur, wenn sie Informationen vom Anwalt einholen können. Dafür ist eine Entbindung von der Schweigepflicht durch den Mandanten nötig.  

Welche Informationen fallen unter das Anwaltsgeheimnis? 

Die Schweigepflicht betrifft alle Inhalte des Mandantenverhältnisses sowie dessen Bestehen. Eine Ausnahme bilden nicht geheimhaltungspflichtige Informationen.  

Ausnahmen: Was muss nicht geheim gehalten werden? 

Als nicht geheimhaltungsbedürftig gelten offenkundige Tatsachen. Damit sind Informationen gemeint, die aus allgemein zugänglichen Quellen einfach zu erfahren oder Normalbürgern regelmäßig bekannt sind, wie z. B. der Beruf einer berühmten, in der Öffentlichkeit stehenden Person. Auch unbedeutende Fakten, deren Veröffentlichung auf den Mandanten keinerlei Auswirkung haben, wie beispielsweise Angaben zum Automodell des Mandanten, sind vom Anwaltsgeheimnis ausgenommen. 

Gilt das Anwaltsgeheimnis für Straftaten? 

Normalerweise ist die Nichtanzeige eines geplanten Verbrechens wie Mord, Totschlag oder Raub strafbar (§ 138 StGB). Aufgrund des Anwaltsgeheimnisses ist ein Rechtsanwalt in diesem Fall jedoch straflos (§ 139 Abs. 3 StGB) und nicht zur Anzeige verpflichtet. Er muss sich allerdings bemühen, die geplante Tat zu verhindern.  

Dauer: Wie lange gilt das Anwaltsgeheimnis? 

Die Schweigepflicht eines Rechtsanwalts besteht zeitlich unbegrenzt und endet nur, wenn der Mandant als Herr des Geheimnisses den Anwalt davon entbindet. Bei juristischen Personen kann nur ein gesetzlicher Vertreter, also z. B. im Fall einer GmbH deren Geschäftsführer, das Anwaltsgeheimnis aufheben. Eine Entbindung von der Geheimhaltung durch andere Personen ist nicht möglich.  

Anwaltsgeheimnis trotz Tod des Mandanten? 

Grundsätzlich ist der Anwalt auch nach dem Tod des Mandanten zum Schweigen verpflichtet. Eine Beendigung dieser Pflicht durch die Erben ist nicht möglich. Entscheidend ist allein der Letzte Wille des Verstorbenen. Diesbezüglich hat die Einschätzung des Rechtsanwalts einen hohen Stellenwert. Der Anwalt als Geheimnisträger muss ein Fortführen der Schweigepflicht allerdings begründen können und darlegen können, auf welche Belange er seine Zeugnisverweigerung stützt. So entschied das OLG München: Ein Rechtsanwalt durfte sich vor Gericht nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, weil er das Anwaltsgeheimnis zu seinem verstorbenen Mandanten nur mit allgemeinen Erwägungen begründen konnte (OLG München 24.10.2018 – 13 U 1223/15). 

Wie ist das Anwaltsgeheimnis geschützt? 

Die anwaltliche Pflicht zur Geheimhaltung geht einher mit dem Schweigerecht (insbesondere durch § 2 BORA). Zudem besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht: Der Anwalt darf als Zeuge vor Gericht seine Aussage vorenthalten, wenn er sonst das Anwaltsgeheimnis verletzen würde. Im Strafprozess ist der Anwalt durch § 53 StPO als Berufsgeheimnisträger geschützt, im Zivilprozess durch § 383 ZPO.  

Gemäß des Beschlagnahmeverbots sind auch Dokumente und Akten weitgehend geschützt. Eine Ausnahme davon besteht allerdings, wenn der Anwalt selbst einer Straftat beschuldigt wird. 

Haftung: Was passiert bei einem Verstoß gegen das Anwaltsgeheimnis? 

Strafrechtliche Folgen 

Die anwaltliche Verletzung von Privatgeheimnissen bzw. Geschäftsgeheimnissen bei Unternehmen als Mandanten hat strafrechtliche Konsequenzen (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Der Verstoß kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldbuße sanktioniert werden. Auch ein Berufsverbot kann dem Anwalt bevorstehen.  

Zivilrechtliche Konsequenzen   

Der Verrat des Anwaltsgeheimnisses ist auch zivilrechtlich relevant. Indem das Beratungsvertragsverhältnis zum Mandanten verletzt wird, hat dieser einen Anspruch auf Schadensersatz. Sollten Sie von einer solchen Verletzung betroffen sein, ist es ratsam, sich an einen erfahrenen Anwalt zu wenden. Ein Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Anwaltshaftung kann Sie umfassend über Ihre Rechte informieren und Sie im weiteren Vorgehen wie z. B. bei einer Schadensersatzklage unterstützen. Finden Sie jetzt den passenden Anwalt!

(LES)