Arbeitgeber-Kündigung im Briefkasten: Wann beginnt Klagefrist?
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Wer eine Kündigung des Arbeitgebers im Briefkasten bzw. Postkasten findet, will sich häufig gegen diese Kündigung wehren. Wer Kündigungsschutzklage erheben will, darf sich aber nicht zu viel Zeit lassen. Denn eine Kündigungsschutzklage muss man drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht erheben. Andernfalls gilt auch eine unwirksame Kündigung rechtlich als wirksam!
Aber wann geht eine Kündigung zu, die man z. B. freitags nachmittags in den Briefkasten geworfen bekommt, aber erst am Montag dort findet? Damit setzte sich das Bundesarbeitsgericht auseinander (BAG, Urt. v. 22.8.2019, 2 AZR 111/19).
Kündigung & Zugang beim Arbeitnehmer
Fragt man nach der Definition des „Zugangs der Kündigung“ im Arbeitsrecht, lautet die Antwort: Eine Arbeitgeberkündigung gilt als zugegangen, wenn sie in die Verfügungsgewalt des Arbeitnehmers kommt, der von der Kündigung dann unter normalen Umständen Kenntnis nehmen kann.
Nach Auffassung des BAG ist das nicht automatisch der Fall, wenn das Kündigungsschreiben tatsächlich im Briefkasten / Postkasten des Arbeitnehmers landet. Denn nach Ansicht des BAG kommt es darauf an, wann „nach der Verkehrsanschauung“ die nächste Briefkastenleerung zu erwarten war. Erst ab diesem Augenblick läuft die Klagefrist von drei Wochen, innerhalb derer man Kündigungsschutzklage erheben muss. Das bedeutet: Die Klagefrist kann laut BAG durchaus einige Zeit nach dem Einwurf der Kündigung in den Briefkasten zu laufen beginnen.
Fall vor dem BAG: Einwurf Freitag, nachmittags …
Im Fall vor dem Bundesarbeitsgericht ging es um eine Kündigung, datiert auf einen Freitag, den 27.01. Sie war dem Arbeitnehmer am selben Freitag – ca. 13.30 Uhr – von Mitarbeitern des Arbeitgebers an seinem Wohnort im Elsass (Frankreich) in den Briefkasten geworfen worden.
Gegen die Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer. Er erhob am 20.02. Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht in Deutschland. Die Kündigung habe er erst am Montag, den 30.01. im Postkasten bemerkt. Vor dem 28.01. habe er die Kündigung aber keinesfalls finden können, da er nach Mittag am 27.01. nicht mehr mit einer Postzustellung rechnen musste. Normalerweise würde dort die Post bis ca. 11 Uhr zugestellt.
Umstritten war dieser Punkt, da die Klageerhebung am 20.02. nur fristgerecht wäre, wenn ihm die Kündigung spätestens am 28.01. (Samstag) zugegangen war. Bei Zugang der Kündigung am Freitag, den 27.02. wäre die Klageerhebung am 20.02. zu spät gewesen. Von Letzterem ging das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg aus und betrachtete die Klage als verspätet. Denn – so die Richter: Post, die bis 17 Uhr in den Postkasten eingeworfen wird, geht noch am selben Tag zu.
Differenzierte Ansicht des BAG
So einfach machten es sich die Bundesrichter des BAG aber nicht. Außerdem widerspricht diese pauschalisierte Betrachtung der ständigen Rechtsprechung des BAG.
Denn bei der Beurteilung der Frage, wann eine Kündigung zugegangen ist, kommt es konkret auf den Zeitpunkt der möglichen Kenntnisnahme an. Dabei sind die gewöhnlichen Umstände zu bedenken, aber auch konkrete „Gepflogenheiten des Verkehrs“. Individuelle persönliche Gewohnheiten des Arbeitnehmers seien irrelevant. Zu berücksichtigen wären aber Gepflogenheiten des Verkehrs wie eben z. B. lokale Postzustellzeiten. Denn diese Zeiten hätten nicht unerhebliche Auswirkung darauf, wann „man“ in einer Region/Gegend noch mit Postzustellungen rechnet, wann nicht.
Da sich das LAG mit diesem Aspekt in seiner Beurteilung zu wenig befasst hatte, verwies das BAG die Sache zur weiteren Aufklärung der „Gepflogenheiten am Ort der Zustellung“ an das LAG zurück.
Auswirkungen der Entscheidung
Wann eine Kündigung zugestellt wurde (im rechtlichen Sinne!), kann bei einem persönlichen Einwurf in den Briefkasten durchaus von lokalen Gepflogenheiten abhängen. Da also keine klare Regelung existiert, wann eine eingeworfene Kündigung zugeht, kann an diesem Punkt Streit im Kündigungsschutzverfahren entstehen. Wichtig ist es deshalb für Arbeitnehmer, nicht zu lange zu zögern, anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen, um in jedem Fall fristgerecht Klage erheben zu können. Denn gerade bei Einwurf Freitag nachmittags – ob vom Arbeitgeber beabsichtigt oder nicht – droht Streit um die korrekte Berechnung der Klagefrist.
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