Arbeitsrecht: Die rechtssichere Zustellung von Kündigungen: Worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer achten müssen

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Die Zustellung einer Kündigung ist ein zentraler Schritt im Arbeitsrecht, der oft entscheidend für die Wirksamkeit einer Kündigung ist. Fehler bei der Zustellung können nicht nur die Kündigung unwirksam machen, sondern auch finanzielle und rechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber nach sich ziehen. 

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das erst mit Zugang beim Arbeitnehmer wirksam wird. Entscheidend ist daher, dass die Kündigung rechtssicher zugestellt wird und nachweisbar ist, wann und wie der Zugang erfolgte. Es gibt zahlreiche Stolperfallen, die in der Praxis zu Streitigkeiten führen können – von der fehlerhaften Adressierung über unsichere Zustellungswege bis hin zur Weigerung des Arbeitnehmers, die Kündigung entgegenzunehmen.

Ein klassisches Beispiel: Ein Arbeitgeber sendet eine Kündigung per Post, die jedoch aufgrund falscher Adressierung nicht zugestellt wird. Oder der Arbeitnehmer verweigert die Annahme eines Kündigungsschreibens, wodurch sich der Zugang verzögert. Solche Szenarien führen häufig zu Klagen und können die Durchsetzung der Kündigung erheblich erschweren.

Die rechtssichere Zustellung von Kündigungen basiert auf mehreren Grundsätzen, die aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und den gesetzlichen Regelungen, insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), hervorgehen.

1. Zugang der Kündigung

Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine Willenserklärung – also auch eine Kündigung – wirksam, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt und unter gewöhnlichen Umständen zur Kenntnis genommen werden kann. Der Zugang ist somit ein objektiver Vorgang und unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer die Kündigung tatsächlich liest.

2. Zustellungswege

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Kündigung rechtssicher zuzustellen:

  • Persönliche Übergabe: Die sicherste Methode ist die persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens gegen Empfangsbestätigung. Verweigert der Arbeitnehmer die Annahme, gilt die Kündigung dennoch als zugestellt, wenn sie ihm angeboten wurde.
  • Einschreiben: Hierbei sind Unterschiede zwischen Einwurf- und Rückschein-Einschreiben zu beachten. Beim Einwurf-Einschreiben gilt die Kündigung als zugestellt, wenn der Zusteller sie in den Briefkasten einwirft. Beim Rückschein-Einschreiben kann es problematisch sein, wenn der Empfänger die Annahme verweigert.
  • Bote: Ein neutraler Dritter kann die Kündigung als Bote überbringen. Wichtig ist, dass der Bote den Zeitpunkt und die Übergabe genau dokumentiert.
  • Persönliche Übergabe am Arbeitsplatz: Auch hier kann die Kündigung gegen Empfangsbestätigung übergeben werden.

3. Probleme beim Zugang

Typische Streitpunkte betreffen den genauen Zeitpunkt des Zugangs. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob eine Kündigung, die nach Feierabend oder am Wochenende zugestellt wird, noch am selben Tag als zugegangen gilt. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein Brief, der außerhalb der üblichen Geschäftszeiten eingeht, erst am nächsten Werktag als zugestellt gilt.

4. Besonderheiten bei Krankheit oder Urlaub

Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaub oder ist er krank, ändert dies nichts am Zugang. Entscheidend ist, dass das Kündigungsschreiben in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Arbeitnehmer sollten sicherstellen, dass der Briefkasten regelmäßig geleert wird, um Nachteile zu vermeiden.

5. Nachweis des Zugangs

Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für den Zugang der Kündigung. Daher ist eine sorgfältige Dokumentation essenziell, beispielsweise durch Zeugen, Einwurf-Einschreiben oder Empfangsbestätigungen.

Praxishinweise

Für Arbeitgeber

  1. Korrekte Adressierung sicherstellen
    Überprüfen Sie die aktuelle Anschrift des Arbeitnehmers. Falsche Adressen führen dazu, dass die Kündigung nicht wirksam zugestellt wird.

  2. Zeugen hinzuziehen
    Bei persönlicher Übergabe sollten Sie einen neutralen Zeugen hinzuziehen, der die Übergabe dokumentiert. Dies hilft, spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

  3. Einschreiben mit Bedacht wählen
    Das Einwurf-Einschreiben ist oft sicherer als das Rückschein-Einschreiben, da der Zugang durch den Zusteller dokumentiert wird, auch wenn der Arbeitnehmer das Schreiben nicht aktiv entgegennimmt.

  4. Rechtzeitige Zustellung planen
    Achten Sie darauf, dass das Kündigungsschreiben rechtzeitig zugestellt wird, insbesondere wenn Fristen eingehalten werden müssen, z. B. bei der Probezeitkündigung oder betriebsbedingten Kündigungen.

  5. Zustellung bei Urlaub oder Krankheit
    Der Zugang gilt auch bei Abwesenheit des Arbeitnehmers als erfolgt. Dokumentieren Sie, wann das Schreiben in den Briefkasten eingeworfen wurde.

Für Arbeitnehmer

  1. Briefkasten regelmäßig prüfen
    Auch im Urlaub oder bei Krankheit sollten Sie sicherstellen, dass Sie über zugestellte Schreiben informiert werden. Die Zustellung einer Kündigung wird dadurch nicht unwirksam.

  2. Rechtlichen Rat einholen
    Nach Erhalt einer Kündigung ist es ratsam, unverzüglich einen Anwalt zu konsultieren, um Fristen wie die dreiwöchige Klagefrist zu wahren.

  3. Annahme nicht verweigern
    Eine Verweigerung der Annahme ändert nichts am Zugang. Die Kündigung gilt als zugestellt, sobald sie in Ihren Machtbereich gelangt.

Checkliste für die rechtssichere Zustellung von Kündigungen

  • Kündigungsschreiben korrekt formulieren und unterzeichnen.
  • Die richtige Adresse des Arbeitnehmers verwenden.
  • Den Zugang mithilfe von Zeugen, Einwurf-Einschreiben oder Empfangsbestätigung dokumentieren.
  • Zustellungszeitpunkt sorgfältig planen, um Fristen einzuhalten.
  • Bei Schwierigkeiten mit der Zustellung rechtliche Beratung einholen.

Die Zustellung einer Kündigung ist ein heikler Prozess, bei dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer viele rechtliche Anforderungen beachten müssen. Für Arbeitgeber ist eine sorgfältige Planung und Dokumentation entscheidend, um die Wirksamkeit der Kündigung sicherzustellen. Arbeitnehmer sollten nach Erhalt einer Kündigung schnell handeln, um ihre Rechte zu wahren. Ein fundierter rechtlicher Rat kann in beiden Fällen helfen, Streitigkeiten zu vermeiden oder erfolgreich zu klären.

Foto(s): RITTER Rechtsanwälte

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