Arbeitsrecht: Fristlose Kündigung wegen Privatnutzung dienstlicher Tankkarten

  • 2 Minuten Lesezeit
Eine fristlose Kündigung ist für Arbeitnehmer oft ein Schock.

Das Landes-Arbeitsgericht Niedersachsen beschäftigte sich mit einem Fall, bei dem ein Arbeitnehmer sein Auto auf Firmenkosten betankte. Das Gericht stellte fest, dass hier die fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt ist (Urt. v. 29.03.2023 – 2 Sa 313/22).

Der Beschäftigte arbeitete im Vertrieb. Ihm stand ein Dienstwagen zur Verfügung, den er auch für private Zwecke nutzen durfte. Der Arbeitgeber schloss mit dem Angestellten eine Vereinbarung bezüglich der Dienstwagen-Richtlinien. Diese beinhaltete den Umgang mit dem Fahrzeug sowie die Kosten. Die Regelungen beinhalteten auch die Reinigungs-, Wartungs- und Tankkosten.

Um den Dienstwagen zu betanken, erhielt der Angestellte zwei Tankkarten unterschiedlicher Anbieter. Der Arbeitgeber wies nach, dass der Mitarbeiter mit diesen Karten zwei Privatfahrzeuge betankt hat. Zum einen befüllte er anstelle mit Diesel sein Privatfahrzeug vom Typ Porsche 911 mit Superkraftstoff. Zum anderen tankte er über das Tankvolumen hinweg sein anderes Privatfahrzeug vom Typ VW Touareg mit Diesel.

Zudem ließ der Beschäftigte mit der Tankkarte eine Reinigung seines Cabrios durchführen. Der Dienstwagen war kein Cabrio, der Porsche 911 hingegen schon. Dies war ein weiteres Indiz des Missbrauchs der Tankkarte.

Außerdem kam dem Arbeitgeber das Tankverhalten seines Angestellten seltsam vor. Deswegen sprach er eine außerordentliche, (also fristlose) Kündigung aus. Der Arbeitnehmer ging von einer unwirksamen Kündigung aus und klagte. Die Begründung: Er sei befugt, seine Privatfahrzeuge auch für dienstliche Zwecke zu nutzen und hatte sie dementsprechend getankt.


Erst Abmahnung erforderlich?

Die Kündigungsschutz-Klage vor dem Arbeitsgericht Lingen hatte zunächst Erfolg. Denn die Kündigung hätte als Ultima Ratio (letztes Mittel) erfolgen müssen. Zuvor hätte der Arbeitgeber demnach eine Abmahnung aussprechen müssen.

Anders urteilte das LAG Niedersachsen in der Berufung. Die außerordentliche Kündigung sei wirksam. Denn der Arbeitnehmer hatte entsprechend der Dienstwagen-Richtlinie keine Befugnis, seine privaten Fahrzeuge mit den überlassenen Tankkarten zu betanken. Dementsprechend lagen 38 Fällen vor, in denen der Mitarbeiter die Tankkarten weisungs- und pflichtwidrig für seine Privatfahrzeuge nutzte. Dem Arbeitgeber entstand dadurch ein Schaden von 2.801,04 €.


Abmahnung bei endgültig zerrüttetem Vertrauensverhältnis entbehrlich

Das Tanken der Privatfahrzeuge stellt eine Pflichtverletzung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar. Dies rechtfertigt angesichts der Schwere der Pflichtverletzung die außerordentliche Kündigung. Das heißt: Ein Verstoß gegen das Ultima-Ratio-Prinzip liegt nicht vor. Demnach ist keine vorherige Abmahnung durch den Arbeitgeber notwendig. Aus der Häufigkeit der Tankkarten-Nutzung resultiert ein endgültig zerrüttetes Vertrauens-Verhältnis. Eine Abmahnung wird dieses Vertrauen auch nicht mehr herstellen.


Sie benötigen Hilfe im Arbeitsrecht? Wir setzen uns für die Rechte der Arbeitnehmer ein!

Wenden Sie sich jederzeit schriftlich oder telefonisch an mich und meine Kollegen der Kanzlei Wawra & Gaibler:

Wir helfen Ihnen gerne weiter und prüfen Ihren Fall bundesweit kostenfrei und unverbindlich. Mit Ihnen gemeinsam besprechen wir die Erfolgschancen sowie das weitere Vorgehen.

Nutzen Sie hier gerne auch unser Formular für die kostenfreie und unverbindliche Ersteinschätzung.

Stichworte: Arbeitsrecht, Kündigung, fristlose Kündigung, Arbeitsgericht, Landes-Arbeitsgericht, Kündigungsschutz-Klage, Abmahnung

Foto(s): stock.adobe.com/115233049

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Sebastian Agster

Beiträge zum Thema