Insolvenzgeld: wichtige Infos für Arbeitnehmer

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Auch bei Insolvenz des Arbeitgebers haben Arbeitnehmer arbeitsrechtlich Anspruch auf Lohn.

Der Arbeitgeber ist insolvent und zahlt deswegen keinen Lohn? Für Arbeitnehmer ist ein derartiges Ereignis ein Schock. Schließlich keimen Existenzängste auf, weil Beschäftigte aufgrund laufender Kosten auf die Zahlung des Entgelts angewiesen sind. Doch Arbeitnehmer müssen keinesfalls auf ihr monatliches Gehalt verzichten. Es besteht nämlich die Möglichkeit, Insolvenzgeld zu beziehen.


Was ist Insolvenzgeld?

Ist der Arbeitgeber insolvent, hat er Schwierigkeiten, die Beschäftigten für ihre Arbeit finanziell zu entlohnen. Steht das Gehalt aus, haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen. Wichtig ist, dass dieser Antrag bei der zuständigen Agentur für Arbeit spätestens zwei Monate ab Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens eingeht.

Beschäftigte erhalten dann für bis zu drei Monate Insolvenzgeld. Dieses entspricht der Höhe des monatlichen Nettolohns. In der Regel erfolgt eine einmalige Auszahlung des kompletten Anspruchs auf Insolvenzgeld. Die Auszahlung erfolgt zwar rückwirkend, allerdings besteht auch die Möglichkeit, einen Vorschuss zu erhalten. Das Insolvenzgeld ist außerdem steuerfrei.


Wer erhält Insolvenzgeld?

Anspruch auf Insolvenzgeld haben alle Beschäftigten des insolventen Betriebs. Dazu zählen ebenso geringfügig Beschäftigte, Praktikanten und Studierende. Arbeitnehmer, die ein überdurchschnittliches Einkommen erhalten, müssen jedoch möglicherweise mit einer Obergrenze des Insolvenzgeldes rechnen. Diese Obergrenze variiert je nach Bundesland.


Vorgehen im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers

Lohnansprüche aus dem Zeitraum vor dem Insolvenzverfahren:

Falls Sie noch offene Forderungen aus der Zeit vor der Insolvenz haben, beachten Sie die folgenden Schritte: Sobald das Insolvenz-Verfahren eröffnet wurde, melden Sie Ihre Ansprüche beim Insolvenz-Verwalter an. Dieser händigt Ihnen ein Formular aus, in dem Sie alle relevanten Informationen zu Ihren Forderungen angeben. Beachten Sie, dass das Gericht eine bestimmte Frist festlegt, innerhalb derer die Anmeldung der Forderung erfolgen muss. Normalerweise informiert Sie der Insolvenz-Verwalter über diese Frist.

Lohnansprüche aus dem Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens:

Solange das Arbeitsverhältnis besteht, zahlt der Insolvenz-Verwalter nach der Eröffnung der Insolvenz das Arbeitsentgelt aus. Besteht das Arbeitsverhältnis nicht mehr? Dann ist der Insolvenz-Verwalter umgehend zur Zahlung aufzufordern. Schließlich ist dieser verantwortlich, die Verpflichtungen des Arbeitgebers zu erfüllen.


Kündigung wegen Insolvenz

Die Insolvenz an sich führt nicht automatisch zur Kündigung. Selbst der Insolvenz-Verwalter darf keine Kündigung ohne berechtigten Grund aussprechen. Allerdings müssen mögliche betriebs-bedingte Kündigungen, wie zum Beispiel aufgrund von Auftragsmangel oder Stilllegung des Betriebs, den gesetzlichen Regelungen des Kündigungsrechts entsprechen.

Folgende Aspekte sind hierbei zu beachten:

  • Freie Arbeitsplätze
  • Sozialauswahl
  • Betriebsübergang
  • (sofern zutreffend) Anhörung des Betriebsrats bevor Kündigung erfolgt

Bei den Kündigungsfristen greifen vor der Insolvenz die üblichen gesetzlichen Fristen gemäß § 622 BGB. Nach Eröffnung der Insolvenz gilt eine spezielle Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende gemäß § 113 Abs. 1 InsO, wenn im Arbeits- oder Tarifvertrag keine kürzere Frist verankert ist. Längere Kündigungsfristen gelten dann arbeitsrechtlich nicht mehr.

Für die Kündigungsschutz-Klage im Insolvenz-Verfahren gilt die allgemeine Frist von drei Wochen. Der Arbeitnehmer muss innerhalb dieser Frist die Klage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Darum kümmert sich Ihr Anwalt für Arbeitsrecht.


Abfindung und Aufhebungsvertrag bei Insolvenz 

Wenn Sie bei der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags eine Abfindung vereinbaren, ist diese im Falle der Insolvenz ein zentraler Punkt. Die Abfindung hängt davon ab, wann der Anspruch zustande kam.

Abfindungs-Ansprüche, die nach der Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens entstehen, gelten als Verbindlichkeiten der Insolvenzmasse. Darunter fallen auch Abfindungen, die im Kündigungsschutz-Prozess nach der Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens vereinbart werden. Diese Ansprüche werden vorrangig aus dem Vermögen der insolventen Gesellschaft beglichen (abzüglich der Kosten des Verfahrens) und nicht in der Insolvenz-Tabelle verankert. Der Insolvenz-Verwalter ist daher grundsätzlich verpflichtet, die Ansprüche vollständig auszuzahlen. Der Arbeitnehmer kann ihn direkt darauf verklagen, es sei denn, es besteht ein Mangel an Vermögenswerten in der Masse.

Abfindungs-Ansprüche, die bereits vor der Insolvenz des Arbeitgebers entstanden und zum Termin der Insolvenz-Eröffnung bislang nicht ausbezahlt wurden, gehen normalerweise verloren. Dazu zählen auch Abfindungen, die Arbeitnehmer im Rahmen eines Sozialplans ausgehandelt haben.

Es gibt unterschiedliche Maßnahmen zur Sicherung der Abfindung. Daher ist es ratsam, diese Perspektiven im Vorfeld genau zu prüfen und mit einem Anwalt für Arbeitsrecht zu besprechen. Zu diesen Maßnahmen zählen:

  • rechtzeitige Auszahlung nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags
  • Absicherung mittels Bankbürgschaft des Arbeitgebers
  • Vereinbarung eines Rücktrittsrechts vom Aufhebungsvertrag oder einer Ausstiegsklausel (falls die Zahlung der Abfindung nicht rechtzeitig erfolgt)

Wenden Sie sich im Falle einer Insolvenz Ihres Arbeitgebers grundsätzlich an einen Anwalt für Arbeitsrecht. Denn dieser prüft für Sie Ihre Ansprüche und verhandelt für Sie die besten Bedingungen.


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