Arbeitsrecht in der Insolvenz – Was tun?
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Die Insolvenz eines Arbeitgebers ist für betroffene Arbeitnehmer eine belastende Situation. Neben der Unsicherheit über den Arbeitsplatz stellen sich viele rechtliche Fragen: Wer zahlt ausstehende Löhne? Kann der Insolvenzverwalter einfach kündigen? Welche Ansprüche bleiben bestehen?
1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Wichtige Regelungen
a. Insolvenzgeld: Sicherheit für ausstehende Löhne
Wenn ein Unternehmen insolvent wird, springt die Bundesagentur für Arbeit ein und zahlt rückständige Löhne für die letzten drei Monate vor der Insolvenz (§ 165 SGB III). Voraussetzung ist, dass:
- Der Arbeitgeber einen Insolvenzantrag stellt.
- Ein Eröffnungsgrund vorliegt (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gem. §§ 17–19 InsO).
Praxistipp: Arbeitnehmer sollten ihre Ansprüche schnell anmelden, da das Insolvenzgeld nur begrenzt zur Verfügung steht.
b. Kündigung durch den Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter kann Arbeitsverhältnisse aus betrieblichen Gründen kündigen. Entscheidend ist dabei:
- Wer ist kündigungsberechtigt?
- Schwacher Verwalter: Hat keine Arbeitgeberstellung.
- Halbstarker/starker Verwalter: Tritt in die Arbeitgeberrolle ein (§ 22 InsO).
Praxistipp: Arbeitgeber müssen genau schauen wer kündigungsberechtigt ist.
- Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen erhoben werden.
- Passivlegitimation prüfen: Vor Insolvenzeröffnung ist der Arbeitgeber Beklagter, danach der Verwalter.
c. Kürzere Kündigungsfristen in der Insolvenz
Nach § 113 InsO gelten drei Monate Kündigungsfrist (statt individuell vereinbarter längerer Fristen). Dies gilt für:
- Kündigungen durch den Insolvenzverwalter.
- Eigenkündigungen durch den Arbeitnehmer.
2. Aufhebungsvertrag in der Insolvenz: Was gilt?
Ein Aufhebungsvertrag kann eine Alternative zur Kündigung sein, doch es gibt Besonderheiten:
a. Masseverbindlichkeiten vs. Insolvenzforderungen
- Masseverbindlichkeiten(entstehen nach Insolvenzeröffnung, § 55 InsO) werden bevorzugt beglichen.
- Beispiele: Löhne während des Verfahrens, Abfindungen nach Insolvenzeröffnung.
- Insolvenzforderungen(vor Insolvenz entstanden) sind nachrangig.
- Beispiele: Alte Bonusansprüche, Abfindungen vor Insolvenz.
b. Wichtige Punkte im Aufhebungsvertrag
Abfindung:
- Nur wenn sie nach der Insolvenzeröffnung vereinbart ist, ist sie eine Masseverbindlichkeit.
Arbeitszeugnis:
- Der Verwalter muss es ausstellen, kann aber Auskünfte vom alten Arbeitgeber verlangen (§ 97 InsO).
Bonusansprüche:
- Entstanden vor Insolvenz? → Insolvenzforderung.
- Entstanden danach? → Masseverbindlichkeit.
Ausschlussfristen & Abgeltungsklauseln:
- Verzicht auf Verjährungseinreden sollte vereinbart werden.
3. Kollektivrecht: Betriebsräte und Insolvenz
Auch für Betriebsräte gelten Sonderregeln:
- Betriebsvereinbarungen können mit einer drei monatigen Frist gekündigt werden (§ 120 InsO).
- Der Insolvenzverwalter kann bei Betriebsänderungen (§ 111 BetrVG) direkt das Arbeitsgericht anrufen, ohne Einigungsstelle (§ 122 InsO).
- Nachteilsausgleich ist eine Masseverbindlichkeit, wenn die Betriebsänderung nach Insolvenzeröffnung erfolgt.
4. Fazit: Worauf Arbeitnehmer achten sollten
- Kündigung? Sofort reagieren! Drei-Wochen-Frist für Klage einhalten.
- Aufhebungsvertrag prüfen: Sind Abfindungen als Masseverbindlichkeiten gesichert?
- Insolvenzgeld beantragen für ausstehende Löhne.
- Betriebsrat einbinden, falls kollektive Regelungen betroffen sind.
Die Praxis zeigt: Insolvenzverwalter sind oft zu Verhandlungen bereit, doch Arbeitnehmer sollten sich rechtlich beraten lassen, um ihre Ansprüche durchzusetzen.
Sander Runkel ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main und berät Unternehmen und Arbeitnehmer im Arbeitsrecht.
https://runkel-anwalt.de/
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