Arbeitsrecht: Kündigung nach Spende von Europaletten an Osterfeuer unwirksam

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Der Kündigungsschutz ist ein wesentlicher Teil des Arbeitsrechts.

Der Fall vor dem LAG Köln

Ein Produktionsleiter veranlasste den Abtransport von drei Europaletten, um diese bei einem örtlichen Osterfeuer verbrennen zu lassen. Darin sah sein Arbeitgeber einen fristlosen Kündigungsgrund. Das Landes-Arbeitsgericht (LAG) Köln urteilte, dass die Kündigung aus folgenden Gründen unwirksam ist:

  • Der Wert der Paletten ist zu gering.
  • Die Tat weist zu wenig kriminelle Energie auf.
  • Die Tatbegehung ist nicht heimlich genug.

Insgesamt ist die Tat damit zu trivial für eine fristlose Kündigung. Doch wie kam es zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber?

Im Rahmen einer größeren Aussonderung des Lagers veranlasste der Produktionsleiter den Abtransport der Europaletten. Teil der Aussonderung sollten jedoch lediglich Plastikboxen und Kisten sein. Der Arbeitgeber machte daraufhin dem Kläger im Rahmen eines Personalgesprächs den Vorwurf des Diebstahls.

Der Produktionsleiter begründete den freigegebenen Abtransport mit seiner Auffassung, bei den drei Paletten handele es sich um wertlosen Schrott, der zum Verbrennen bestimmt gewesen sei.

Der Arbeitgeber hörte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung an, dieser widersprach einer Kündigung. Denn es ist in diesem Betrieb wohl üblich, dass Einweg-Paletten und beschädigte Paletten an die Mitarbeiter freigegeben werden. Der Arbeitgeber sprach die Kündigung dennoch fristgerecht aus. Daraufhin reichte der Produktionsleiter Kündigungsschutz-Klage ein.


Das Urteil zur Kündigungsschutz-Klage

Die Kündigung stand nicht im Verhältnis zur begangenen Pflichtverletzung. Eine Abmahnung hätte ihre Warnfunktion erfüllt. Wenn der Arbeitgeber diese ausgesprochen hätte, hätte der Arbeitnehmer eine Wiederholung der Tat wahrscheinlich unterlassen. Weil keine Abmahnung vorlag, ist die außerordentliche Kündigung bereits deswegen unverhältnismäßig.

Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung hat das Gericht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ebenfalls als unwirksam angesehen. Eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit ergibt hier stets: Eine Abmahnung wäre als milderes und gleich wirksames Mittel angemessen gewesen. Auch diese Kündigungs-Erklärung hat damit das LAG Köln als unwirksam eingestuft.

Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass ein ausreichender Grund für eine sofortige Kündigung vorlag oder dass es Umstände gab, die eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen würden.

Die Bewertung des Gerichts stützte sich auf den vergleichsweise geringen Wert der betroffenen Paletten. Im vorliegenden Fall lag dieser zwischen zehn und fünfzehn Euro pro Stück. Der entstandene Schaden lag somit unter fünfzig Euro.

Zudem berücksichtige das Gericht, dass der Arbeitnehmer bei der Handlung keine erhebliche kriminelle Energie gezeigt hatte. Die Handlung erfolgte nicht heimlich, sondern in Anwesenheit mehrerer Kollegen.

Das Gesamtbild der Tat, nämlich das Verbrennen von Verpackungs-Material beim Osterfeuer, sah das Kölner Gericht als zu banal an, um nach langjähriger Beschäftigung, die ohne Probleme verlief, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

Das LAG Köln betonte: Eine fristlose Kündigung ist dann angemessen, wenn Arbeitnehmer schwerwiegende Pflichtverletzungen begehen, insbesondere solche von strafrechtlicher Relevanz. Das bedeutet abschließend: Keine Kün­di­gung wegen drei Europaletten. Im Kün­di­gungs­rechts­streit um die Mit­nahme von drei Holz­pa­letten unterlag der Arbeit­geber auch in der Beru­fungs­in­stanz.

LAG Köln, Urteil vom 6. Juli 2023, Az: 6 Sa 94/23; Vor­in­stanz: Arbeits­ge­richt Sieg­burg, Urteil vom 11. Januar 2023, Az: 4 Ca 697/22


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Stichworte: Arbeitsrecht, Kündigungsschutz-Klage, fristlose Kündigung, Bagatellgrenze, geringfügiger Diebstahl, Abmahnung, Urteil LAG Köln

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