Arbeitsrecht und "Corona-Impfung"

  • 3 Minuten Lesezeit

Einleitung

Viele Arbeitgeber haben ein Interesse daran, dass sich Arbeitnehmer möglichst schnell gegen das Coronavirus impfen lassen. in den Medien machen Nachrichten über eine Impfpflicht in amerikanischen Unternehmen wie Google oder Facebook die Runde. Wie ist die rechtliche Lage in Deutschland? Dieser Artikel versucht, die wichtigsten Fragen zum Thema „Corona-Impfung am Arbeitsplatz“ zu beantworten. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtslage an vielen Stellen noch nicht eindeutig geklärt ist und von den Gerichten geradezu täglich neue Präzedenzfälle entschieden werden. Im Zweifel ist anwaltlicher Rat deswegen dringend zu empfehlen.

Kann der Arbeitgeber zur Impfung verpflichten? 

Nein. Dies dürfte der Arbeitgeber nur, wenn eine gesetzliche Impfpflicht bestünde, was bei der Impfung gegen COVID-19 bekanntlich nicht der Fall ist. Folglich sind auch Abmahnungen oder Kündigungen wegen einer Impfverweigerung rechtswidrig und der Arbeitgeber bleibt grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitnehmer auch tatsächlich zu beschäftigen.

Darf der Arbeitgeber den Impfstatus von Arbeitnehmern erfragen?

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber nur solche persönlichen Informationen erfragen darf, die für das Beschäftigungsverhältnis von Bedeutung sind. Bekanntlich darf etwa nicht nach getilgten Vorstrafen oder einer geplanten oder bestehenden Schwangerschaft gefragt werden.

An sich ist der Impfstatus Privatsache. Jedoch hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern und ist (vor-)vertraglich verpflichtet, Kunden oder Patienten nicht zu gefährden. Hierfür müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden („Hygienekonzept“). Da der Impfstatus der Belegschaft hierfür von Bedeutung sein kann, wird von einigen Experten argumentiert, dass ein legitimes Interesse des Arbeitgebers an der Kenntnis des Impfstatus besteht. Dies gilt insbesondere in Einrichtungen wie Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen.

Kann der Arbeitgeber aufgrund des Impfstatus eine andere Beschäftigung zuweisen?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet sicherzustellen, dass Nicht-Geimpfte kein (vermeidbares) Risiko für Kunden oder Patienten darstellen. Insbesondere im Gesundheitsbereich kann es also zulässig sein, dass Nicht-Geimpfte oder Auskunftsunwillige in bestimmten sensiblen Bereichen nicht mehr eingesetzt werden. Eine solche Maßnahme wird in der Regel vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt.

Darf der Arbeitgeber den Zugang zu sozialen Einrichtungen wegen des Impfstatus verweigern? 

Im Arbeitsrecht gilt das Maßregelungsverbot, wonach der Arbeitgeber Arbeitnehmer nicht wegen der legitimen Ausübung ihrer Rechte benachteiligen darf (§ 612a BGB). Da eben keine Impfpflicht besteht, ist eine Verweigerung des Zugangs zum Betrieb oder zu sozialen Einrichtungen (Kantine etc.) unzulässig.

Aufgrund der bereits erwähnten Fürsorgepflicht für die anderen Arbeitnehmer ist es jedoch denkbar, dass für Nichtgeimpfte besondere Regeln, etwa eine Testpflicht, aufgestellt werden. Organisatorische Regeln (Maske, Abstand, Festlegung von Zeiten) haben jedoch Vorrang gegenüber personenbezogenen Maßnahmen.  

Sind Impfanreize des Arbeitgebers zulässig? 

Anreize in Form von Prämien, bezahlter Freistellung oder Extraurlaub sind insoweit zulässig, als dadurch kein unzulässiger Druck auf Arbeitnehmer entsteht, ihre Rechte – also auch das Recht, auf die Impfung zu verzichten – wahrzunehmen. So haben Gerichte etwa für Belohnungen wegen wenigen Krankheitstagen enge Voraussetzungen aufgestellt. In Bezug auf die Impfung dürfte aber ein größerer Spielraum des Arbeitgebers bestehen, da der bestmögliche Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer ein legitimes Interesse des Arbeitgebers darstellt und keine Nachteile für die Arbeitnehmer drohen.

Wie verhält es sich mit der Entgeltfortzahlung im Falle einer Erkrankung?

Unabhängig vom Impfstatus haben erkrankte Arbeitnehmer einen Anspruch auf sechswöchige Lohnfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Dieser Anspruch besteht nur dann nicht, wenn der Arbeitnehmer die eigene Arbeitsunfähigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Die Nichtwahrnehmung einer Impfmöglichkeit fällt nach einhelliger Meinung nicht darunter, da sich bekanntlich auch Geimpfte anstecken können.

Was passiert bei einer Quarantäneanordnung durch das Gesundheitsamt? 

Bei Verdienstausfall durch Quarantäne – etwa, wenn Homeoffice während der Quarantäne nicht möglich ist – besteht grundsätzlich ein Anspruch gegen den Staat auf Entschädigung (§ 56 I IfSG). Diese Entschädigung wird vom Arbeitgeber ausgezahlt (§ 56 V IfSG).

Dieses Recht entfällt jedoch, wenn die Quarantäneanordnung durch Inanspruchnahme einer vorgeschriebenen oder öffentlich empfohlenen Schutzimpfung hätte vermieden werden können (§ 56 I 4 IfSG). Dieser Passus wurde im Rahmen der gesetzlichen Masernimpfpflicht eingefügt. Inwiefern er auf die Impfung gegen COVID-19 Anwendung findet, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden und wird von den Instanzgerichten unterschiedlich beurteilt. Grundsätzlich dürfte ein Anspruchsausschluss in Betracht kommen, wenn die Impfung im konkreten Fall möglich sowie zumutbar war und den Arbeitnehmer vor einer Absonderungsanordnung bzw. einem Tätigkeitsverbot bewahrt hätte. Indes kann auch gegen Geimpfte je nach Situation nach wie vor Quarantäne verordnet werden. Auch hier kommt es also auf den Einzelfall an.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Olaf Beismann LL.M.

Beiträge zum Thema