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Arbeitsweg zu kurz? Keine doppelte Haushaltsführung zulässig

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Wer jeden Tag eine gefühlte Ewigkeit für den Weg von und zur Arbeit benötigt, ist irgendwann verständlicherweise genervt. Weil der Arbeitstag durch die lange Fahrerei noch länger wird, lassen gesundheitliche Probleme, z. B. Rückenleiden, oft auch nicht lange auf sich warten. Um den Arbeitsweg zu verkürzen, mieten viele Angestellte daher eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort an. Doch können sie die hierfür anfallenden Kosten stets als Werbungskosten von der Steuer absetzen?

Steuerzahler mietet Zweitwohnung an

Ein Angestellter lebte mit seiner Frau zusammen im Einzugsbiet einer Großstadt. Dennoch war sein Arbeitsweg alles andere als kurz: So benötigte er für eine Gesamtstrecke von 94 Kilometern ca. 142 Minuten am Tag. Um Zeit zu sparen und den Arbeitsweg abzukürzen, mietete er sich daher eine Zweitwohnung an, die sich in der Nähe seines Arbeitsplatzes befand. Nach eigenen Angaben habe die Gesamtfahrzeit so auf ca. 60 Minuten verkürzt werden können.

Die dabei entstandenen Zusatzkosten wegen doppelter Haushaltsführung erkannte das zuständige Finanzamt (FA) jedoch nicht an. Der Steuerzahler erklärte daraufhin, seinen Lebensmittelpunkt nicht in der kleinen Wohnung nahe seinem Betrieb zu haben, sondern in der ehelichen Wohnung. Die Zweitwohnung habe er nur aus beruflichen Gründen angemietet. Der Streit der Parteien endete vor Gericht.

Zweitwohnung war nicht erforderlich

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg entschied, dass der Steuerzahler die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten von der Steuer absetzen darf.

Ein Abzug wäre nämlich nur möglich, wenn die Zweitwohnung aus beruflichen Gründen angemietet wurde und die dafür anfallenden Kosten notwendig waren, vgl. § 9 I 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG).

Wo ist der Lebensmittelpunkt des Beschäftigten?

Zunächst ist zu klären, ob die Anmietung der Zweitwohnung beruflich veranlasst war oder ob der jeweilige Steuerzahler dort ohnehin seinen Lebensmittelpunkt hat. Hier entschied das Gericht, dass der Beschäftigte seinen Hausstand nach wie vor zusammen mit seiner Frau in der Ehewohnung hatte. Während er lediglich aus beruflichen Gründen von Montag bis Freitag in der Zweitwohnung lebte, fuhr er in seiner Freizeit stets zurück zur Ehewohnung, in der er seinen Hausstand hatte.

Damit war sein Lebensmittelpunkt gerade nicht in der Zweitwohnung, sodass eine doppelte Haushaltsführung eigentlich zulässig wäre. Dennoch kam ein Abzug der Haushaltsführungskosten nicht in Betracht.

Strecke zwischen Ehewohnung und Arbeitsplatz ist zu kurz

Das FG argumentierte, dass sich die Ehewohnung bereits im Einzugsgebiet des Beschäftigungsorts befindet. In diesem Fall ist aber die Anmietung einer Zweitwohnung in derselben Gegend gar nicht mehr nötig. Schließlich war es dem Steuerzahler vorliegend in zumutbarer Weise möglich, seinen Arbeitsplatz auch von seiner ehelichen Wohnung aus aufzusuchen.

Insgesamt hielt das Gericht eine Fahrtzeit von ca. einer Stunde in einfacher Richtung für durchaus üblich und hinnehmbar – und zwar generell auch über Städte-, Gemeinde- und Landesgrenzen hinaus. Bei der Beurteilung, wann doppelte Haushaltsführung steuerlich zu berücksichtigen ist, spielt aber nicht nur die Entfernung zwischen Wohnsitz und Arbeitsplatz eine wichtige Rolle. Es ist vielmehr stets zu überprüfen, wie gut die Verkehrsanbindung oder die Erreichbarkeit diverser Verkehrsmittel, wie Bus bzw. Bahn, bei Arbeitsbeginn und -ende ist oder ob besondere Umstände beim Arbeitsablauf existieren.

Zwar verlängert sich die Fahrtzeit gerade in Großstädten zur Rushhour immens, allerdings ist dort das Straßennetz generell auch sehr gut ausgebaut und öffentliche Verkehrsmittel sind gut erreichbar. Busse, Bahnen, Trams oder auch U-Bahnen fahren schließlich in regelmäßigen Abständen, sodass z. B. auch Schichtarbeiter in der Nacht problemlos nach Hause kommen.

Der kürzere Arbeitsweg zwischen Zweitwohnung und Betrieb führte tatsächlich nur zu einer Zeitersparnis von 40 – 50 Minuten – das war nicht genug, um das Anmieten einer Zweitwohnung zu rechtfertigen. Ein Werbungskostenabzug war daher nicht möglich.

Fazit: Wer Kosten für doppelte Haushaltsführung von der Steuer absetzen möchte, sollte insbesondere darauf achten, dass die Anmietung der Zweitwohnung beruflich veranlasst war und sich der Erstwohnsitz nicht im Einzugsgebiet des Beschäftigungsorts befindet.

(FG Baden-Württemberg, Urteil v. 16.06.2016, Az.: 1 K 3229/14)

(VOI)

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