Aufgepasst: Schlechte Zeugnisse für Testamentsvollstrecker

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Seit 2004 kursierte zum Inhalt von Testamentsvollstreckerzeugnissen - auch bei Nachlassgerichten - der Irrglaube, dass diese unbrauchbar werden, wenn Beschränkungen oder Befreiungen des Erblassers dort erfasst werden.

Ursache war eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahr 2004.

Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg hatte bereits 2018 mit klaren Worten das Gegenteil festgestellt und begründet (Beschluss vom 5.12.2018 - 2 W 95/18). In der Praxis blieb dies aber erstaunlicherweise nahezu unbemerkt. 

Nun hat erneut das Amtsgericht Charlottenburg in einem Beschluss vom 21.05.2021 - 60 VI 723/19 deutlich gemacht, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahr 2004 und die kritiklose Übernahme dieser Meinung in der Literatur jahrelang dazu beigetragen hat, dass die Nachlassgerichte "schlechte" Testamentsvollstreckerzeugnisse ausgestellt haben. 

Schlecht waren die Zeugnisse, weil Sie nicht so aussagekräftig ausgestellt wurden, wie sie hätten sein können.  


Klar war schon immer, dass der Erbschein den Umstand der Testamentsvollstreckung belegt. Das Oberlandesgericht Hamm äußerte damals aber zum Inhalt des Zeugnisses in einer Randbemerkung: 

"Die vom Erblasser angeordnete Befreiung des Testamentsvollstreckers vom Verbot des Selbstkontrahierens gehört nicht in ein Testamentsvollstreckerzeugnis, da dieses dadurch unrichtig würde."

Diese Aussage des OLG Hamm wurde in der Folge in vielen Entscheidungen und auch in der Literatur wiederholt, obwohl sie unzutreffend war. Dadurch fehlten beständig Informationen über Befreiungen und Beschränkungen, die in der Testamentsvollstreckerzeugnis enthalten sein sollten.


Dieser Sachverhalt wurde nun erneut ausführlich durch den Berliner Senat erläutert. Nach Ansicht einiger namhafter Richter des Bundesgerichtshofs, die jedoch noch keine endgültige Entscheidung getroffen haben, muss folgende goldene Regel gelten:


"In ein Testamentsvollstreckerzeugnis sind alle Beschränkungen und Erweiterungen der gesetzlich geregelten Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers aufzunehmen!"


Daher sollte jeder Testamentsvollstrecker die Beantragung und Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ernst nehmen, sorgfältig prüfen und auf den richtigen Inhalt achten.

Ehrenamtliche Testamentsvollstrecker sollten sich bei der Beantragung und Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses unterstützen lassen, da Ihnen die Prüfung des Inhaltes häufig kaum möglich ist. 

Foto(s): ASRA

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