Bankkonto geplündert? Ansprüche und Einwände bei rechtlichen Auseinandersetzungen

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Die Gefahr des Missbrauchs von Vollmachten ist beträchtlich, während die Rückforderung von unrechtmäßig genutzten Vermögenswerten oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist.

Eine Vorsorgevollmacht ermöglicht es einem Vertreter, im Falle der Geschäfts- und/oder Einwilligungsunfähigkeit des Vollmachtgebers für diesen Aufgaben zu übernehmen. Sie kann sich auf Vermögens- und Personensorge beziehen. Die Unterscheidung zwischen äußerer Rechtsmacht im Außenverhältnis und internem Rahmen im Innenverhältnis schafft Möglichkeiten für Missbrauch. Die genaue Feststellung des Eintritts des Vorsorgefalls kann kompliziert sein.

Eine Generalvollmacht erteilt umfassende Vertretungsmacht, die über Handlungsvollmacht und Prokura hinausgeht. Diese Art von Vollmacht kann unter Umständen auch als Vorsorgevollmacht interpretiert werden.

Bank- und Kontovollmachten ermöglichen einem Bevollmächtigten, Geschäfte mit der Bank oder auf einem bestimmten Konto im Namen des Vollmachtgebers zu tätigen. Diese Vollmachten können auch nach dem Tod des Vollmachtgebers wirksam sein. Sie ermöglichen dem Bevollmächtigten, im Namen des Erblassers zu handeln, was jedoch potenziell Missbrauch begünstigt.

In allen diesen Vollmachtsarten besteht ein inhärentes Risiko des Missbrauchs, da die extern gewährte Rechtsmacht von der internen, im Verhältnis zum Vollmachtgeber festgelegten rechtlichen Begrenzung abweichen kann. Das Ungleichgewicht in der Beweislast zwischen dem Vollmachtgeber oder Erben und dem Bevollmächtigten kann die Durchsetzung von Ansprüchen auf Rückgabe oder Entschädigung erschweren und komplizierte rechtliche Streitigkeiten verursachen.

Vorsorgevollmachten haben in der Praxis stark an Bedeutung gewonnen und dienen dazu, persönliche und vermögensrechtliche Angelegenheiten umfassend zu regeln. Die steigende Anzahl von Eintragungen im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer belegt dies. Doch häufig stehen Erben vor der Situation, dass bestimmte Personen bereits vor dem Erbfall über Vermögenswerte verfügt haben, sei es durch Vollmacht oder anderweitig.

Die rechtliche Situation gestaltet sich komplex. Ansprüche auf Herausgabe oder Schadensersatz können aus verschiedenen Rechtsgrundlagen abgeleitet werden, wie dem Auftragsrecht (§ 667 BGB), dem Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 BGB), dem Deliktsrecht (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB) und anderen. Die Beweislage ist aber oft schwierig, und besonders bei innerfamiliären Konflikten ist die Lage oft kompliziert.

Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast spielt eine entscheidende Rolle in solchen rechtlichen Auseinandersetzungen. Der Erbfall ändert zwar grundsätzlich nichts an dieser Lastenverteilung, jedoch können der Tod des Erblassers und der Informationsverlust die Beweissituation für sowohl die Erben als auch die involvierten Dritten verändern.

Um die Beweislast erfüllen zu können, hat der Gesetzgeber Auskunftsansprüche gegen den Bevollmächtigten aber auch gegen die Bank geschaffen.

Auskunftsansprüche gegen den Bevollmächtigten:

Der Auskunftsanspruch gegen den Bevollmächtigten ergibt sich aus §§ 662, 666 BGB oder § 675 Abs. 1, § 666 BGB, wenn ein Auftrag im Innenverhältnis zwischen Vertreter und Erblasser vorliegt. Ein Auftragsverhältnis kann sich von einem Gefälligkeitsverhältnis durch den Rechtsbindungswillen des Bevollmächtigten unterscheiden. Ein Auftragsverhältnis besteht, wenn wesentliche wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stehen, der Bevollmächtigte sich auf die Zusage des Leistenden verlässt oder ein rechtliches/wirtschaftliches Interesse des Leistenden besteht. Ein Rechtsbindungswille wird nicht anhand des inneren Willens, sondern anhand des objektiven Verhaltens beurteilt. In speziellen Fällen kann ein Auftragsverhältnis bestehen, wie bei Vermögensverwaltung oder familiärer Bindung. Zwischen Ehegatten besteht normalerweise kein Auftragsverhältnis. Ein Verzicht auf den Auskunftsanspruch kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen.

Auskunftsansprüche gegen die Bank:

In der Rolle als Rechtsnachfolger des verstorbenen Kontoinhabers sind die Erben Vertragspartner der Bank, wie der Erblasser zu Lebzeiten. Die Bank hat eine Informationspflicht aufgrund des Girovertrags und eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit Dienstvertragscharakter. Der Auskunftsanspruch der Erben basiert auf § 666 BGB. Die Bank ist verpflichtet, Kontoauszüge zu erteilen und bei Änderungen Rechnungsabschlüsse zu erstellen. Die Pflicht zur Auskunftserstellung besteht auch über einen längeren Zeitraum und erlischt nicht mit Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfrist. Der Auskunftsanspruch dient dem Interesse des Auftraggebers, die Tätigkeit des Auftraggebers zu kontrollieren. Die Bank kann die Auskunft gegen Kostenerstattung erteilen. Bei Erbengemeinschaften kann es Fragen zur individuellen Informationspflicht geben.

Einwände des Bevollmächtigten

Die Beanspruchung der Auskunftsansprüche gemäß § 666 BGB kann in Einzelfällen auch gegen die Grundsätze von Loyalität und Vertrauen (§ 242 BGB) verstoßen und daher ausnahmsweise ausgeschlossen sein. Diese Einschränkung wurde in der Rechtsprechung bereits seit langem anerkannt93 und betrifft insbesondere Situationen mit familiären oder persönlichen Bindungen zwischen den Parteien, die von besonderen emotionalen Verbindungen geprägt sind. In solchen Fällen kann die plötzliche Forderung des Auftraggebers nach einer detaillierten Abrechnung über einen längeren Zeitraum gegenüber dem Beauftragten das schützenswerte Vertrauen verletzen. Der Beauftragte könnte berechtigterweise davon ausgegangen sein, dass er nicht damit rechnen müsse, in der Zukunft im Detail Rechenschaft ablegen oder Nachweise erbringen zu müssen, wenn der Auftraggeber in der Vergangenheit keine solche Abrechnung verlangt hatte. Andernfalls würden unterstützende Dienste im engen persönlichen Umfeld mit unangemessenen Risiken für den Helfer verbunden und zwischenmenschliche Beziehungen, die auf Vertrauen basieren, wären plötzlich rechtlichen Anforderungen (wie Quittungspflichten usw.) ausgesetzt, die im Alltagsleben weder üblich sind noch von rechtlichen Laien leicht verstanden werden können.94 Obwohl die Verhaltensweise des Verstorbenen in den meisten Fällen, um die es hier typischerweise geht, keinen eindeutigen Verzicht auf den Anspruch auf Auskunft darstellt, wird es dennoch als unaufrichtig angesehen, wenn der Beauftragte oder sein Rechtsnachfolger ohne erkennbaren Anlass plötzlich eine detaillierte Abrechnung für vergangene Jahre verlangt. Die praktische Schwierigkeit besteht hierbei insbesondere darin, zwischen Vorgängen, die auf einen Vertrauensbruch hindeuten, und bloßer altersbedingter Inaktivität des Auftraggebers zu unterscheiden, die allein noch keine Grundlage für Vertrauen darstellen kann.96 In dieser Hinsicht sind drei Urteile des Oberlandesgerichts Düsseldorf97 sowie andere ähnliche Urteile bemerkenswert.


Ebenfalls in etablierter Rechtsprechung wird argumentiert, dass der Beauftragte das Auskunftsverlangen nicht unter Berufung auf die Grundsätze von Loyalität und Vertrauen (§ 242 BGB) zurückweisen kann, wenn später begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bevollmächtigten und der ordnungsgemäßen Auftragserfüllung auftreten. In solchen Fällen können die Ansprüche gemäß § 666 BGB trotz langer Wartezeit seitens des Auftraggebers erneut geltend gemacht werden, auch rückwirkend. Einige Rechtsprechungstheorien formulieren dies auch als ein "Wiedererstarken" der Ansprüche.100 Die Hürde für die Annahme begründeter Zweifel ist hoch, da der Beauftragte, der aufgrund besonderer Umstände den Wegfall seiner Pflicht zur Rechenschaftslegung annahm, häufig nicht mehr in der Lage sein wird, den nachträglich verlangten Nachweis zu erbringen. Daher könnten Zweifel an seiner Zuverlässigkeit leicht zu einer Verurteilung in der Sache führen. Eine solche Konsequenz wird nur für gerechtfertigt gehalten, wenn ausreichende Gründe für eine generell unzureichende Geschäftsführung vorliegen. Viele der veröffentlichten Entscheidungen beschäftigen sich hauptsächlich mit der Frage, ob das spätere Prozessverhalten des Beauftragten berechtigte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit aufwirft, wobei die Rechtsprechung nur in außergewöhnlichen Fällen tendiert, solche Zweifel anzuerkennen. Zum Beispiel werden "einzelne Irrtümer und geringfügige Unregelmäßigkeiten, die insgesamt nicht die Aufrichtigkeit des Beauftragten in Frage stellen" als unzureichend angesehen.102 Auch die Feststellung, dass die schriftlichen Erklärungen des Bevollmächtigten im Prozess "in einigen Punkten Unstimmigkeiten und Widersprüche" aufweisen, die den Verdacht nahelegen könnten, dass er den Rechtsstreit nicht immer mit der gebotenen Offenheit und Sorgfalt geführt hat, wurde ebenfalls als nicht ausreichend erachtet. Gleiches gilt für den Eindruck, den die schriftlichen Erklärungen des Bevollmächtigten im Prozess erweckten, dass er Informationen zurückhalte, obwohl sich diese Erklärungen bei genauerer Betrachtung als "kurz, aber korrekt" herausgestellt haben.

Sonstige Einwände

Der Bevollmächtigte, der mit einem Auskunftsverlangen konfrontiert wird, kann auch den Einwand der Erfüllung (§ 362 BGB) oder den Einwand der Unmöglichkeit der Erfüllung erheben. In beiden Fällen trägt er gemäß den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast.108 Allerdings ist die Unmöglichkeit der Auskunftserteilung nicht allein aufgrund der Schwierigkeiten bei der Informationsbeschaffung oder -bereitstellung aufgrund des Zeitablaufs und der informellen Natur der Transaktionen anzunehmen. Die Berufung auf Gedächtnislücken reicht ebenso wenig aus wie die pauschale Behauptung, keine detailliertere Auskunft über Zeitpunkt und Betrag von finanziellen Zuwendungen geben zu können. Der Auskunftsschuldner ist verpflichtet, angemessene Anstrengungen zu unternehmen, um sein Gedächtnis angemessen zu aktivieren und alle zumutbaren Mittel zu nutzen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen.109 Obwohl in bestimmten Fällen (wie oben unter II. 1. dargelegt) von einem Geldinstitut erneut Informationen verlangt werden können, auch wenn der ursprüngliche Auskunftsanspruch bereits durch Kontoauszüge usw. erfüllt wurde, kann diese Argumentation wahrscheinlich nicht auf das Verhältnis zu einer Privatperson übertragen werden, die in der Regel weder über eine vergleichbare Organisationsstruktur noch ähnliche Dokumentationspflichten verfügt.110 Die in der Literatur diskutierten Umstände, die als mögliche Grundlage für den Einwand der Verwirkung des Auskunftsanspruchs durch den Beauftragten gegenüber dem Informationsanspruch des Vollmachtgebers oder seines Erben genannt werden, weisen praktisch keine wesentlichen Unterschiede zu den Fällen des Einwands der Unlauterkeit auf (siehe oben unter II. 2. a) cc).111 Da der Schuldner auch für den Einwand der Verwirkung die Darlegungs- und Beweislast trägt, ergeben sich unter diesem Aspekt keine Abweichungen.

Schließlich kann der Bevollmächtigte den Einwand der Verjährung des Auskunftsanspruchs erheben. Gemäß § 195 BGB gilt für den Anspruch aus § 666 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, die mit dem Entstehen des Anspruchs beginnt (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Der Bevollmächtigte muss seine Benachrichtigungspflicht (§ 666 Fall 1 BGB) von sich aus erfüllen; diese ist nicht eigenständig einklagbar.

Für die im Vordergrund stehenden Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung gilt folgendes: Der Auskunftsanspruch erfordert eine Aufforderung des Geschäftsherrn. Es handelt sich um einen sogenannten "verhaltenen" Anspruch, bei dem der Schuldner die Leistung nicht von sich aus erbringen muss oder darf, bevor sie vom Gläubiger verlangt wird.

Der Anspruch ergibt sich aus einer aus dem Auftragsverhältnis resultierenden fortlaufenden Nebenpflicht. Daher beginnt die Verjährung des Auskunftsanspruchs gemäß § 666 Fall 2 BGB erst nach Abschluss des Auftragsverhältnisses.

In ähnlicher Weise entsteht der Anspruch gemäß § 666 Fall 3 BGB grundsätzlich erst nach Beendigung des Auftrags. Wenn man davon ausgeht, dass das Auftragsverhältnis - zumindest bei einer Vorsorgevollmacht oder einem umfassenden Vermögensverwaltungsauftrag - mit dem Tod des Vollmachtgebers endet, kann die Verjährungsfrist erst ab diesem Zeitpunkt beginnen.

Will der Vollmachtgeber – insbesondere im Vorgriff auf den späteren Erbfall – Auskunfts- und Rechenschaftspflichten des Bevollmächtigten gegenüber den künftigen Erben ausschließen, ist zu einer ausdrücklichen Verzichtsvereinbarung zu raten. Danach erlöschen die  Pflichten des Beauftragten mit dem Tode des Erblassers, wenn dieser ausdrücklich bestimmt hat.

Die Darlegungs- und Beweislast für einen von ihm geltend gemachten ausdrücklichen bzw. konkludenten Verzicht des Berechtigten auf die Ansprüche aus § 666 BGB liegt nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung bei dem in Anspruch genommenen Bevollmächtigten.

Wenn zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten keine Beziehung in Form eines Auftrags im Sinne von § 662 BGB besteht, ist in der Regel nur der allgemeine Auskunftsanspruch nach § 242 BGB als Grundlage für das Auskunftsverlangen des Erben relevant. Das materielle Recht legt keine allgemeine Verpflichtung zur Auskunftserteilung fest; demnach ist niemand rechtlich dazu verpflichtet, bestimmte Informationen allein aufgrund des (rechtlichen) Interesses einer anderen Person offenzulegen. Jedoch besteht gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Auskunftsanspruch, wenn zwischen den beteiligten Parteien spezielle rechtliche Beziehungen bestehen, sei es vertraglicher oder außervertraglicher Natur. In solchen Fällen ist ein Auskunftsanspruch gegeben, wenn die folgenden fünf Bedingungen erfüllt sind, wie sie in der gängigen Rechtsprechung dargelegt werden:

  1. Vorhandensein eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien,
  2. Unsicherheit des Anspruchsstellers über seine rechtliche Position,
  3. Entschuldbarkeit dieser Unsicherheit,
  4. Fehlen anderweitiger Informationsmöglichkeiten,
  5. Leichte und zumutbare Möglichkeit für den Verpflichteten, die Auskunft zu erteilen.

Fazit:

Die Missbrauchsgefahr von Vollmachten und die Rückforderung von unrechtmäßig genutztem Vermögen sind herausfordernd. Vorsorgevollmachten ermöglichen Vertretung bei Unfähigkeit des Vollmachtgebers, während Bank- und Kontovollmachten Missbrauchspotenzial bergen. Beweislastungleichgewicht und komplexe rechtliche Konflikte erschweren Ansprüche auf Rückgabe oder Entschädigung. Auskunftsansprüche gegen Bevollmächtigte und Banken sollen die Beweislast mindern doch stehen diesen gewichtige Einwände des Bevollmächtigten entgegen.

Foto(s): ASRA

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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