Aufhebungsvertrag statt Kündigung?

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In der Praxis werden statt des Ausspruchs einer Kündigung immer häufiger Aufhebungsverträge abgeschlossen. Für den Arbeitgeber liegen die Vorteile auf der Hand: Er erspart sich die Unsicherheit eines Kündigungsschutzprozesses und die damit ggf. verbundenen Prozesskosten. Oftmals haben auch Arbeitnehmende wenig Interesse an langen und nervenaufreibenden Verhandlungen. Regelmäßig werden Arbeitnehmende vor Sperrzeiten oder Probleme mit der Rechtsschutzversicherung gewarnt. Doch welche Risiken bestehen tatsächlich?

I. Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld

Die Agenturen für Arbeit erteilen als Strafe grundsätzlich eine sog. Sperrzeit (also eine Zeit, in der die oder der Arbeitslose kein Arbeitslosengeld erhält), wenn man einen Aufhebungsvertrag unterschreibt. Argument: Einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, ist stets freiwillig. Hätte man nicht unterschrieben, hätte man seinen Arbeitsplatz nicht verloren. Dass in der Praxis ein Aufhebungsvertrag nicht ganz so freiwillig abgeschlossen wird, ist jedoch mittlerweile anerkannt. Eine Sperrzeit tritt nach den aktuellen Arbeitsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit daher nicht ein, wenn:

  • eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist,
  • die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte) Gründe gestützt würde,
  • im Falle der Arbeitgeberkündigung die Kündigungsfrist eingehalten würde,
  • der Arbeitnehmer nicht unkündbar war und
  • eine Abfindung von bis zu 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wird (in Anlehnung an § 1a KSchG

Besonders lukrative Aufhebungsverträge führen daher oft zu einer Sperrzeit, weil die Abfindung die Grenze von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr überschreitet.

II. Beginn der Sperrzeit 

Im Rahmen eines Aufhebungsvertrages werden Arbeitnehmende regelmäßig bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich freigestellt. Der Vorteil: Mit der unwiderruflichen Freistellung beginnt gleichzeitig die Sperrzeit zu laufen. Ist man also mindestens 12 Wochen unwiderruflich freigestellt, hat die Sperrzeit keine direkten Auswirkungen, weil sie in einen Zeitraum fällt, in dem man ohnehin noch Gehalt erhält. Man erhält also nahtlos an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld. Einziger Wehrmutstropfen: Mit der Sperrzeit geht auch eine Minderung der Anspruchsdauer um ¼ einher. Bei einem grundsätzlichen Anspruch auf 12 Monate Arbeitslosengeld verkürzt sich dieser also auf 9 Monate. Diese Strafe kommt jedoch nur zum Tragen, wenn die oder der Arbeitssuchende es nicht schafft (nach bereits 12 Wochen Freistellung) innerhalb von 9 Monaten eine neue Stelle zu finden. In vielen Fällen handelt es sich daher um ein theoretisches Problem.

III. Rechtsschutzfall

Voraussetzung dafür, dass die Rechtsschutzversicherung die Rechtsverfolgungskosten übernimmt, ist eine Pflichtverletzung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages stellt für sich genommen keinen Pflichtverstoß dar. Mittlerweile ist jedoch anerkannt, dass ein Pflichtverstoß bereits in der Androhung einer Kündigung liegt. Ergibt sich aus Aufhebungsvertrag oder der Kommunikation zwischen den Parteien, dass der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen wird, wenn die oder der Arbeitnehmende den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibt, liegt in der Regel ein Versicherungsfall vor und die Rechtsschutzversicherung trägt die Kosten der Rechtsverfolgung.

IV. Fazit

Die vorgenannten Risiken bestehen beim Ausspruch einer Kündigung nicht. Dennoch sollte stets im Einzelfall bewertet werden, welche Auswirkungen ein Aufhebungsvertrag haben kann. Letztlich geht es hier um finanzielle Fragen. Bietet der Arbeitgeber zur Vermeidung einer Kündigungsschutzklage für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine deutlich höhere Abfindung an, sollte genau berechnet werden, welche finanziellen Auswirkungen eine ggf. eintretende Sperrzeit hat. Die Höhe des Arbeitslosgengeldes orientiert sich an der Beitragsbemessungsgrenze und ist damit beschränkt. Soweit eine mindestens 12-wöchige unwiderrufliche Freistellung erfolgt, sind die finanziellen Risiken ohnehin überschaubar.


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