Aufklärungspflicht und Täuschung beim Immobilienkauf – Was sagt der Bundesgerichtshof im Urteil Az. V ZR 77/22?

  • 3 Minuten Lesezeit

1. Einleitung

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15. September 2023 (V ZR 77/22) beleuchtet die Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Immobilientransaktionen. 

Der Fall dreht sich um die Frage, ob der Zugang zu einem virtuellen Datenraum mit Dokumenten zur Immobilie ausreicht, um die Aufklärungspflicht des Verkäufers zu erfüllen, oder ob er neben der Überlassung von Dokumenten explizite Hinweise gegenüber dem Käufer tätigen musste.


2. Der vom BGH zu beurteilende Sachverhalt

Eine Käuferin erwarb Gewerbeeinheiten für 1,525 Millionen Euro. Der Verkäufer stellte ihr einen virtuellen Datenraum zur Verfügung, in dem auch ein Protokoll einer Eigentümerversammlung enthalten war. Dieses Protokoll wies auf potenzielle Kosten von bis zu 50 Millionen Euro für Sanierungsmaßnahmen hin. Die Käuferin fühlte sich getäuscht und klagte.


3. Das Urteil des BGH

Der BGH entschied, dass der Verkäufer seine Aufklärungspflicht nicht allein durch die Bereitstellung eines virtuellen Datenraums erfüllt hat. 

Es kommt darauf an, ob der Verkäufer berechtigterweise erwarten kann, dass der Käufer die relevanten Informationen im Datenraum tatsächlich zur Kenntnis nimmt. Denn in besonderen Fällen kann eine zusätzliche Informations- und Hinweispflicht notwendig sein.


4. Was bedeutet das für Käufer und Verkäufer?

a) Für den Verkäufer:

  • Ein virtueller Datenraum mit zur Verfügung gestellter Unterlagen und Informationen allein reicht nicht aus, um die Aufklärungspflicht zu erfüllen.
  • Der Verkäufer muss sicherstellen, dass der Käufer die relevanten Informationen tatsächlich zur Kenntnis nimmt (ggf. durch Nachfragen).

b) Für den Käufer:

  • Der Käufer ist nicht gesetzlich verpflichtet, eine Due Diligence durchzuführen.
  • Der Käufer sollte jedoch alle zur Verfügung gestellten Informationen sorgfältig prüfen. Allerdings hat der BGH die Hürden an den Käufer durch aktuelles Urteil abgesenkt.


5. Fazit

Das Urteil macht deutlich, dass die Aufklärungspflicht des Verkäufers weitreichend ist und nicht einfach durch die Bereitstellung eines Datenraums mit allen relevanten Informationen erfüllt wird. 

Der BGH weicht somit seine bisherige Rechtsprechung zugunsten des Immobilienverkäufers auf und setzt die Anforderungen an den Verkäufer einer Immobilie höher.

Dies erhöht in der Konsequenz das Risiko für den Verkäufer, dass der Käufer eine Immobilientransaktion wegen arglistiger Täuschung anficht und rückabwickelt.

Käufer und Verkäufer sollten daher beide aktiv werden, um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen transparent gemacht werden.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Geringe Abweichungen und Abläufe in Vertragsgestaltung und Vertragsschluss sowie dem Verhalten der Beteiligten können unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


Gerne stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für eine rechtliche Beurteilung und Einschätzung Ihres Falles zur Verfügung und begleite und unterstütze Sie bei Immobilienkäufen, Immobilientransaktionen und Streitigkeiten rund um das Thema Immobilien. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch oder schreiben Sie mich an.

Ich berate bundesweit vor Ort oder via Zoom als Fachanwalt in den Rechtsgebieten Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Insolvenzrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht und Immobilienrecht, insbesondere in den Städten und Großräumen um Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe, Freiburg, Ulm, Augsburg, München, Frankfurt, Wiesbaden, Saarbrücken, Kaiserslautern, Bonn, Wuppertal, Duisburg, Nürnberg, Münster, Saarbrücken, Düsseldorf, Köln, Dortmund, Hannover, Kassel, Leipzig, Dresden, Bremen, Hamburg und Berlin.


#Immobilienrecht #Immobilientransaktion #notariellerKaufvertrag #Immobilie #Grundstück #Eigentumswohnung #Haus #Immobilienkaufvertrag #Hauskauf #Mängel #Schimmel #Täuschung #arglist #Immobiliendarlehen #versteckerMangel #Aufklärungspflichten #Aufklärung #Rücktritt #RücktrittvomImmobilienkauf #Rückabwicklung #Notarvertrag #Immobilienverkauf #Immobilienkauf #Immobilienverkäufer #Immobilienkäufer #Haftung #Schadensersatz #Fachanwalt #Rechtsanwalt #Anwalt #Spezialist #Immobilienanwalt #Immobilienrechtsanwalt

Foto(s): Dr. Holger Traub

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.

Beiträge zum Thema