Ausführung von vertraglich vereinbarten Schönheitsrepaturen nach neuer BGH-Rspr. (Wohnraummiete)

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Vorangestellt meinen nachfolgenden Darlegungen: Leitsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes

„1. Die formularvertragliche Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung hält der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt (insoweit Aufgabe von BGH, Rechtsentscheid v. 01.07.1987 – VIII ARZ 9/86 – BGHZ 101, 253).

2. Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist, wobei solche Gebrauchsspuren außer Acht bleiben, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln.

3. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen unterliegt die Beurteilung, ob eine Wohnung dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, einer in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände.

4. Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel, obliegt es ihm, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war. Die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung einer angemessenen Ausgleichsleistung trifft den Vermieter.“

I. Problembeleuchtung

Festzuhalten ist in der nachfolgenden Darstellung, dass der VIII. Zivilsenat als letzte Instanz für Wohnraummietrecht zuständig ist und Entscheidungen im Kontext mit den Ausführungen von vertraglich seitens des Mieters übernommener Schönheitsreparaturklauseln in jüngster Zeit in Vielzahl „aus dem Boden sprießen“ (In Anlehnung an den Frühling vom Verfasser gewählt). Im höchsten Maße praxisrelevant sind die vorbeschriebenen Schönheitsreparaturen in Wohnraummietverträge und deren Zulässigkeit. Dies allerspätestens dann, wenn der Mieter oftmals nach noch nicht allzu langer Wohnzeit mit vertraglichen Klauseln, die ihm die Schönheitsreparaturen überantworten, konfrontiert werden nach dem Motto „zahlen oder malen“. Letztgenanntes meist in Eigenregie unter Zuhilfenahme von Angehörigen oder Freunde. Die nachfolgende Darstellung soll die neuen Tendenzen darstellen ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben

1. Nachzeichnung der höchstrichterlichen Rechtsprechung

Der BGH hat sich gleich von Beginn seiner Zuständigkeit an, mit der Abwälzung der Renovierungspflicht beschäftigt (BGH, Urt. v. 14.05.2003 – VIII ZR 308/02). Besondere Aufmerksamkeit erlangten die Entscheidungen zu den „starren“ Fristen (so BGH, Urt. v. 23.06.2004 – VIII ZR 361/03), zur vorgeschriebenen Ausführungsart (so BGH, Urt. v. 28.03.2007 – VIII ZR 199/06) und zur Farbwahlklausel (so BGH, Urt. v. 18.06.2008 – VIII ZR 224/07).

Bei sämtlichen Entscheidungen des BGH war § 307 BGB von erheblicher Relevanz für die Unzulässigkeit der oben aufgeführten Klauselgestaltungen in Wohnraummietverhältnissen. Neben dem Transparenzgesichtspunkt ging es vor allem um einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Vermieter und Mieter. Hier lässt sich auch gut die Entwicklung der Rechtsprechung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nachvollziehen. Das Rechtsinstitut des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion (sogenannter „Alles oder Nichts Grundsatz“) und die Anwendung der kundenfeindlichsten Auslegung auch im Individualprozess haben über kurz oder lang zu einem zu einer Wandlung der Auffassung über die reelen Möglichkeiten einer Abwälzung der Renovierungslast auf den Mieter als Vertragsgegner geführt.

2. Nicht überzeugende alte Rechtsprechung des BGH

Gerade bei einer unrenoviert übergebenen Wohnung gab es schon lange eine Diskrepanz zwischen der Rechtsprechung und dem Rechtsempfinden vor allem der Mieter. Hier hatte der BGH zunächst noch zu „Rechtsentscheidzeiten“ (Beschl. v. 01.07.1987 – VIII ARZ 9/86) entschieden und auch nach der ZPO-Reform bestätigt (BGH, Urt. v. 20.10.2004 – VIII ZR 378/03), dass auch in diesen Fällen die Abwälzung der Schönheitsreparaturlast wirksam sein sollte, wenn nur die maßgeblichen Renovierungsfristen erst mit Mietvertragsbeginn zu laufen begannen.

Seit dem Beschl. v. 22.01.2014 – VIII ZR 352/12 des BGH hat er sich das Gericht, nach meiner Ansicht richterweise und begrüßenswert, in eine mieterfreundliche Tendenz bewegt.

Konsequenterweise hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung – 18.03.2015 – VIII ZR 185/14 – seine alte tendenziell Mieterfeindliche und Vermietergünstige Rechtsprechung aufgegeben.

3. Entscheidungsinhalt vorgenannter Entscheidung 

Der BGH kommt nun aufgrund dieser Rechtsprechungsentwicklung zu dem Ergebnis, dass in Konsequenz dieser Rechtsprechungsentwicklung eine Formularklausel (im Mietvertrag), die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, unwirksam i. S. von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB sein muss. Denn nach Rechtsauffassung des BGH verpflichte eine solche Klausel den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt bei herrschender vermieterfeindlichster Auslegung dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.

4. Rechtliche Wertungen 

Meines Erachtens ist die Wertung die der BGH in diesem Urteil anstellt plausibel und richtig, denn er sagt im Kern folgendes: Sogenannte Vornahmeklauseln in Wohnraummietverträge im laufenden Mietverhältnis stellen unzulässiger Weise nicht auf den Zeitpunkt der Verursachung, sondern auf den Zeitpunkt der Renovierungsbedürftigkeit ab und schließen damit den vom Vormieter mitverursachten Renovierungsbedarf automatisch mit ein. In der für einen Mieter ungünstigsten Auslegung könnte der Mieter bei entsprechendem Zustand der Mieträume sogar bereits unmittelbar nach Mietbeginn zur Renovierung verpflichtet sein, obwohl die Abnutzung der Wohnung nicht auf ihn zurückgeht. Das wird besonders deutlich in den Fällen, in denen die Dekoration der Wohnung bei der Übergabe an den Mieter bereits so abgewohnt oder verbraucht ist, dass eine weitere Verschlechterung während der Vertragslaufzeit schon aus diesem Grund praktisch nicht mehr in Betracht kommt. Führe der Mieter in diesem Fall bei Vertragsbeginn eine Renovierung durch, zu der er nicht verpflichtet ist, müsste er spätestens bei Vertragsende gleichwohl renovieren, obwohl sich die Wohnung in keinem schlechteren Zustand befindet als sie ihm bei Nutzungsbeginn überlassen worden war.

5. Beweispflichtigkeit

Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast folgendes: Nach gesicherter Rechtskenntnis ist die Partei beweispflichtig, die die Klausel für unwirksam hält (So BGH NJW 96, 388 m.w. Nachw.)

II. Fazit aus alledem: Dem Vermieter kann nach allem zur Rechtsicherheit nur geraten werden, wenn er die Risiken, die sich aus der neuen BGH-Rechtsprechung ergeben vermeiden will, in die einschlägige Schönheitsreparatur-Klausel eine angemessene monetäre Kompensation einzubauen. Überdies würde er sich dann auch korrekt verhalten, da er ansonsten im Falle der Überwälzung ohne Ausgleich den Mieter zu seinen Gunsten übervorteilt. Dem Mieter ist anzuraten, auf ein Einzugsprotokoll zu bestehen und den Zustand dort festzuhalten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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