Ausgleichsanspruch in Österreich - Handelsvertreter und Vertragshändler

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Anspruch auf Ausgleich nach Beendigung des Vertragsverhältnisses

Handelsvertreter haben gemäß § 24 Handelsvertretergesetz (HVertrG) unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen nach Vertragsbeendigung Anspruch auf eine angemessene Ausgleichszahlung.

Auch Subagenten, die in ein mehrstufiges Handelsvertreterverhältnis eingebunden sind, können unter diese Regelung fallen, sofern sie die gesetzlichen Anforderungen an einen Handelsvertreter gemäß § 1 HVertrG erfüllen.

Obwohl das Gesetz den Ausgleichsanspruch ausdrücklich nur für Handelsvertreter vorsieht, hat die Rechtsprechung diesen Anspruch auch auf andere Vertriebsformen ausgeweitet. Dazu zählen unter anderem Vertragshändler, Franchisenehmer, Versicherungsvertreter sowie Tankstellenbetreiber, die im Rahmen eines Franchise-Modells tätig sind.

Anwalt Vertriebsrecht

Da die Berechnung des Ausgleichsanspruchs komplex ist, sollten Handelsvertreter und Vertragshändler eine professionelle Beratung durch einen Anwalt Vertriebsrecht in Anspruch nehmen.

Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs in Österreich

Der Ausgleichsanspruch knüpft an das Ende des Vertragsverhältnisses an. Insbesondere besteht er, wenn der Vertrag auf eine Weise beendet wurde, die den Anspruch wahrt – etwa durch eine Kündigung seitens des Unternehmers. Weitere Voraussetzungen sind u.a.:

  • Der Handelsvertreter hat während seiner Tätigkeit neue Kunden gewonnen oder bestehende Kundenbeziehungen wesentlich erweitert.
  • Der Unternehmer profitiert weiterhin von diesen Kundenbeziehungen, auch nach Vertragsbeendigung.
  • Die Ausgleichszahlung muss unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entsprechen, insbesondere im Hinblick auf die dem Handelsvertreter entgangenen Provisionen.

Ein Kunde gilt als „neu“, wenn zu Beginn der Handelsvertretung keine geschäftliche Verbindung mit ihm bestand. Neben der Gewinnung neuer Stammkunden kann auch die Intensivierung bestehender Kundenkontakte einen Ausgleichsanspruch begründen.

Fristen für die Geltendmachung

Bei der Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs sind zwei Fristen zu beachten:

  1. Der Anspruch muss innerhalb eines Jahres nach Vertragsende beim Unternehmer angemeldet werden.
  2. Zusätzlich ist die gerichtliche Geltendmachung innerhalb von drei Jahren nach Vertragsende erforderlich.

Ausgleichsanspruch für Vertragshändler, Franchisenehmer, Versicherungsvertreter und Tankstellenbetreiber

Auch Vertragshändler können unter bestimmten Bedingungen einen Ausgleichsanspruch geltend machen. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass sie eng in die Vertriebsorganisation ihres Herstellers oder Importeurs eingebunden sind – etwa durch detaillierte Vorgaben zu Werbung, Vertrieb und Geschäftsabläufen. Dies ist beispielsweise im Kfz-Sektor häufig der Fall: Autohändler steigern durch Marketingmaßnahmen den Wert des Herstellers oder Importeurs, indem sie neue Märkte erschließen oder bestehende Kundenbeziehungen intensivieren.

Ähnliche Überlegungen gelten auch für Franchisenehmer, Versicherungsvertreter und Tankstellenbetreiber, die im Rahmen eines Franchisesystems tätig sind.

Berechnung des Ausgleichsanspruchs

Das Gesetz liefert keine feste Berechnungsformel für den Ausgleichsanspruch, weshalb in der Praxis unterschiedliche Interpretationen und Streitpunkte auftreten können.

Die Berechnung basiert üblicherweise auf dem sogenannten Rohausgleich – meist den Provisionserlösen des letzten Vertragsjahres. Bei Kfz-Vertragshändlern wird stattdessen oft der Rohertrag aus dem Neuwagenverkauf herangezogen.

Weitere Faktoren, die in die Berechnung einfließen, sind:

  • Die Bekanntheit der Marke und deren Anziehungskraft auf Kunden (Sogwirkung).
  • Das Risiko, dass Kunden nach Vertragsende zur Konkurrenz abwandern.
  • Die Wiederkaufrate bestehender Kunden.

Der ermittelte Betrag wird auf den Fälligkeitszeitpunkt abgezinst, um den Wegfall künftiger Provisionen auszugleichen. Zudem ist der Ausgleich auf eine Jahresvergütung begrenzt, die sich aus dem Durchschnitt der letzten fünf Vertragsjahre berechnet. Bestand das Vertragsverhältnis kürzer als fünf Jahre, wird der Durchschnitt über die gesamte Vertragslaufzeit herangezogen.

Anwalt Ausgleichsanspruch

Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier berät im Zusammenhang mit Handelsvertreterecht, Vertriebsverträgen und Vertragshändlern.

Weitere Informationen unter shb-law.at

Hinweis

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine spezifische Rechtsberatung dar. Die hier bereitgestellten Inhalte wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, können jedoch eine individuelle Beratung durch einen qualifizierten Anwalt nicht ersetzen. Da sich die Rechtslage fortlaufend ändern kann, ist es bei konkreten Anliegen wichtig, rechtlichen Rat einzuholen. Nur eine persönliche Beratung kann die Besonderheiten Ihres Falles angemessen berücksichtigen.

Foto(s): Studio NEXT, 1040 Wien


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