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Ausgleichszahlungen kommen auch bei Vorverlegung eines Fluges in Betracht

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Die Vorverlegung eines Fluges ist für viele Urlauber ein großes Ärgernis, da so effektiv die Zeit am Urlaubsort verkürzt wird. Der BGH hatte bereits darüber entschieden, dass dem Fluggast bei erheblichen Flugverspätungen Ausgleichszahlungen zustehen. Am 9. Juni 2015 erließ der BGH ein Anerkenntnisurteil (Az: X ZR 59/14) aus dem hervorgeht, dass Ausgleichszahlungen nicht nur bei Flugverspätung sondern auch bei Vorverlegung des Fluges in Betracht kommen.  

Die Kläger begehren Ausgleichszahlungen in Höhe von jeweils 400 € nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen).

Die Kläger buchten Flüge von Düsseldorf nach Fuerteventura und zurück, wobei der Rückflug am 5. November 2012 um 17.25 Uhr durchgeführt werden sollte. Am 2. November 2012 informierte die Beklagte die Kläger, dass der Flug auf 8.30 Uhr vorverlegt worden sei. Die Kläger vertreten die Auffassung, die Vorverlegung des Fluges um etwa 9 Stunden begründe eine Verpflichtung der Beklagten zur Ausgleichzahlung, weil die Flugzeitänderung eine Annullierung gewesen sei, zumindest aber sei die Vorverlegung einer deutlichen Verspätung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gleichgestellt.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH hat den Sachverhalt vorläufig wie folgt bewertet: In einer mehr als geringfügigen Vorverlegung eines geplanten Fluges durch das Luftverkehrsunternehmen liege eine – mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene – Annullierung des Fluges, die einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung begründen könne. Für eine Annullierung sei kennzeichnend, so der BGH, dass das Luftverkehrsunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung endgültig aufgibt, auch wenn die Passagiere auf einen anderen Flug verlegt werden. Dies ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 19. November 2009) geklärt, die zur Abgrenzung des Tatbestands der Annullierung vom Tatbestand der großen Verspätung entwickelt worden ist. Die ursprüngliche Flugplanung wird auch dann aufgegeben, wenn ein Flug – wie im vorliegenden Fall – um mehrere Stunden „vorverlegt“ wird.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den gegen sie geltend gemachten Anspruch anerkannt. Auf Antrag der Kläger hat der Bundesgerichtshof die Beklagte sodann im Wege des Anerkenntnisurteils zur Zahlung verurteilt.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten Internationales Recht, Reiserecht

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