Außerdienstliche Straftat – droht mir eine berechtigte außerordentliche Kündigung?

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Die Problemstellung ist einfach: Der Arbeitnehmer begeht außerhalb der Arbeitszeit eine Straftat, die mit seiner Arbeit nichts zu tun hat.

Nun stellt sich ihm die Frage, ob er mit einer berechtigten und begründeten außerordentlichen Kündigung rechnen muss, wenn dem Arbeitgeber die Straftat – hier kann es sich z. B. auch um eine fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr bei einem Unfall, also um ein Delikt, was jedermann betreffen kann, handeln – bekannt wird.

Die Antwort ist, wie so häufig, von Einzelfall abhängig:

Grundsätzlich kann zwar auch bei außerdienstlichem Fehlverhalten eine fristlose Kündigung in Betracht kommen, wenn das Fehlverhalten, die Eignung des Arbeitnehmers entfallen lässt. Es kommt dabei jedoch auf die Art und Schwere des Delikts, die konkret geschuldete Arbeitstätigkeit und die Stellung im Betrieb an.

Es sind also folgende Voraussetzungen im Einzelfall zu prüfen:

  • Art und Schwere des Delikts.
  • Die konkret nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit.
  • Stellung im Betrieb.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 14.04.2018, 11 Sa 319/17) hatte jüngst über folgenden Fall zu entscheiden:

Der Kläger war seit 1991 bei der Beklagten, einem Chemieunternehmen, im Labor beschäftigt. Er war dort im Bereich der Qualitätsanalyse hauptsächlich mit der Herstellung und Prüfung von Silikonprüfplatten befasst. Am 02.08.2016 fand die Polizei in der Wohnung des Klägers 1,5 kg chemischer Stoffmischungen, die sie als gefährlich einstufte. In der Wohnung befand sich zudem 1 kg eines Betäubungsmittels. Am 13.08.2016 wurde der Kläger wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens verurteilt.

Die Beklagte erfuhr durch Presseberichte von diesen Ereignissen. Nach Anhörung des Klägers zur Sache kündigte die Beklagte schließlich das Arbeitsverhältnis am 01.09.2016 fristlos. Ende Mai 2017 kündigte sie dem Kläger zum 31.12.2017 ordentlich. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung.

In der ersten Instanz war der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage noch unterlegen, das Landesarbeitsgericht hat ihm aber in der zweiten Instanz – Hartnäckigkeit zahlt sich häufig aus – Recht gegeben und gab der Klage statt. Die Revision ließ das Landesarbeitsgericht (LAG) nicht zu, der Arbeitgeber muss das Urteil also akzeptieren.

Das LAG hat im Rahmen der Entscheidung die oben dargestellten Kriterien abgeprüft und kam zu folgendem Ergebnis:

Beurteilt man den Streitfall anhand dieser Kriterien ist die Kündigung als unwirksam anzusehen. Zwar hat der Kläger durch seine Arbeit Zugang zu gefährlichen Stoffen. Diese werden aber bei seiner Arbeitstätigkeit in der Qualitätsanalyse nicht verwendet. Zusätzlich ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass sein Arbeitsverhältnis bereits seit 1991 besteht. Die außerdienstlichen Vorwürfe gegenüber dem Kläger rechtfertigen in Ansehung seiner konkreten Arbeitstätigkeit, der Stellung im Betrieb und der langen Betriebszugehörigkeit keine fristlose Kündigung, auch wenn bei der Beklagten gefährliche Chemikalien zum Einsatz kommen.


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