Auswirkungen der COVID 19 Pandemie auf den Jahresabschluss

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Nach über einem Jahr anhaltender Pandemie und auf einander folgender Lockdowns ist klar, dass die Pandemie Auswirkungen auf beinahe jede Position der Rechnungslegung hat. 

Dr. Christian Ruso, Fachanwalt für Steuerrecht, und Elisa Roggendorff, Rechtsanwältin und Steuerberaterin, stellen die wichtigsten Auswirkungen auf die Gewinnermittlung und Unternehmensbesteuerung dar:

Anlagevermögen

Grundsätzlich ist Anlagevermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um die Abschreibung zu aktivieren.

Steuerlich kann der niedrigere Teilwert für abnutzbares Anlagevermögen – im Gegensatz zur handelsrechtlichen Bewertung- nur bei dauernder Wertminderung angesetzt werden,  § 5 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Wertminderung ist voraussichtlich nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige hiermit aus der Sicht am Bilanztag aufgrund objektiver Anzeichen ernsthaft zu rechnen hat. Aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns müssen mehr Gründe für als gegen eine Nachhaltigkeit sprechen. Wertminderung aus besonderem Anlass z.B. Katastrophen oder technischer Fortschritt sind regelmäßig von Dauer. Ob die COVID 19 Pandemie eine Katastrophe im Sinne des BMF Schreiben vom 02.09.2016 ist, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt.

Unseres Erachtens nach handelt es sich bei der COVID 19 Pandemie um ein Katastrophenfall, der im Einzelfall eine Teilwertabschreibung rechtfertigt.

Finanzanlagen

Für Finanzanlagen kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG unter der Voraussetzung, dass die Wertminderung voraussichtlich dauernd ist ebenfalls der niedrigere Teilwert angesetzt werden.

Vorräte

Grundsätzlich werden Vorräte als Teil des Umlaufvermögens, soweit sie selbst hergestellt werden, mit den Herstellungskosten aktiviert. Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit dies durch die Fertigung veranlasst sind. Soweit Vorräte mit den Herstellungskosten bewertet werden, dürfen Leerkosten zu denen es aufgrund von Auslastungsbeschränkungen oder Lieferketten Unterbrechung kommt, nicht einbezogen werden, weil auf diese Zeiträume entfallenden Gemeinkosten nicht angemessen und auf Grund der Fertigung veranlasste Kosten darstellen.

Forderungen

Forderungen werden als Umlaufvermögen mit dem Nennwert erfasst. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Auch durch die Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht besteht derzeit große Unsicherheit hinsichtlich der Bonität von Geschäftspartnern. Das IDW regt an, die Möglichkeit der Pauschalwertberichtigungen an Forderung aus Lieferung und Leistung aufgrund der Corona-Krise anzuheben.

Zuschüsse

Die gewährten Soforthilfen zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs stellen steuerpflichtige Betriebseinnahmen dar, insofern sind sie grundsätzlich einkommen- oder körperschaftsteuer bzw. gewerbesteuerpflichtig. Da die Liquiditätshilfe kein Leistungsaustausch im Sinne der Umsatzsteuer zugrunde liegt, unterliegen diese nicht der Umsatzbesteuerung. Kurzarbeitergeld ist ein durchlaufender Posten ohne Gewinnauswirkungen.

Rückstellungen

Handelsrechtlich ist es zu prüfen, ob und in welcher Höhe Drohverlustrückstellungen zu bilden sind. Steuerlich unterliegen diese dem Passivierungsverbot gemäß § 5 Abs. 4 a S. 1 EStG.

Offenlegung, Abgabefristen der Steuererklärungen

Die allgemeine Offenlegungsfristen für den Veranlagungszeitraum 2019 wurde nicht, entsprechend der Frist zur Einreichungen von Steuererklärungen betreffend den Veranlagungszeitraum 2019 bis zum 31.08.2021 verlängert. Der Jahresabschluss 2019 ist zwölf Monate nach Geschäftsende beim Bundesamt für Justiz zu hinterlegen bzw. offenzulegen.

Die wichtigsten steuerlichen Maßnahmen zur Überwindung der Corona-Krise im Überblick:

  • Verlustrücktrag

Die Höhe des Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1 S. 1 EStG ist für die Jahre 2020 und 2021 von € 1 Million auf € 5 Million angehoben worden. Für zusammenveranlagte Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.

Weiter kann auf Antrag unter der Voraussetzung, dass die Steuervorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2021 auf 0 festgesetzt werden, vorläufig ein Betrag in Höhe von pauschal 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte aus den Veranlagungszeitraum 2020 als Verlustrücktrag aus dem Jahr 2021 abgesetzt werden. Der Höchstbetrag wird begrenzt auf 10 Millionen.

  • Weitere Erleichterungsmaßnahmen

Die bereits mit BMF-Schreiben vom 19.03.2020 ausgesprochenen Billigkeitsmaßnahme in Gestalt von vereinfachten zinslosen Steuerstundungen und Vollstreckungsverschonungen wurden verlängert. Steuerstundungen sind insoweit für bis zum 30.06.2021, fällig werdender Steuern bis zum 30.09.2021 zu gewähren. Darüber hinaus können Anschlussstundungen mit Ratenzahlung bis zum 30.12.2021 beantragt werden. Weiterhin können Anträge auf Anpassung der Vorauszahlung bis zum 30.12.2021 gestellt werden.

Der Auszahlungszeitpunkt für eine Corona Beihilfe an Arbeitnehmer, die steuer- und sozial versicherungsfrei bis zur Höhe von € 1.500 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden kann, wird bis zum 30.06.2021 verlängert.

  • Teilwertansatz von Saisonware

Steuerlich gesonderte Regelung für den Teilwert an Versatz von Saisonware finden sich nicht. Vielmehr wird auf die allgemeinen Regelungen zur Bewertung von Umlaufvermögen verwiesen. Mit BMF Schreiben vom 18.03.2021 wird klargestellt, dass Ware von unmittelbar nicht unerheblich negativ betroffenen Einzelhändlern die während der Corona-Krise an steuerbegünstigte Organisation gespendet werden nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe werde insoweit verzichtet.

Zusätzlich zu Teilwertabschreibung sollten die Voraussetzungen der Überbrückungshilfe III geprüft werden. Ausweislich der Text 2. 9 FAQ zur Corona Überbrückungshilfe III zählen zu den erstattungsfähigen Fixkosten auch Wertverlust aus verderbliche Ware oder sonst einer dauerhaften Wertminderung durch saisonales Angebot.

(Zur grundsätzlichen Bewertung von Anlagevermögen https://www.anwalt.de/rechtstipps/bewertung-von-umlaufvermoegen-188224.html)

  • Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld

Die Steuerbefreiung für Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld gilt weiter bis zum 31.12.2021.

  • Erweiterung der Reinvestitionsfrist

Grundsätzlich sind Reinvestitionsfrist auf Grundlage einer Rücklage gemäß § 6b EStG binnen vier bzw. sechs Jahren zu tätigen. Die Rücklage ist am Schluss des vierten bzw. sechsten Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen. Gemäß § 6b Abs. 7 EStG ist die gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage zu verzinsen. Durch § 52 Abs. 14 S. 4 EStG ist die Reinvestitionsfrist um ein Jahr verlängert worden.

  • Rückwirkung von Umwandlungen

Die Verlängerung des Rückwirkungszeitraums von 8 auf 12 Monate gilt nun auch für Umstrukturierungen in 2021.

  • Zeitweise Wiedereinführung der degressiven Afa

Zum 01.01.2020 ist die Möglichkeit der degressiven Abschreibung wiedereingeführt worden. Die degressiven Abschreibungen waren grundsätzlich für ab dem 01.01.2009 für neu angeschaffte Wirtschaftsgüter abgeschafft. Zeitlich begrenzt für bewegliche Anlagegüter, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist nun als Hilfsmaßnahme wieder eine degressive Abschreibung zulässig. Sie darf aber das Zweieinhalbfache des linearen Abschreibungssatzes und 25 % nicht übersteigen.

  • Sofortabschreibung für digitale Wirtschaftsgüter

Nach Wahl können die Anschaffungskosten für digitale Wirtschaftsgüter im Jahr der Anschaffung komplett abgezogen werden, soweit eine EU Umweltgerechtigkeitskennzeichen durch den Hersteller vorliegt. Es handelt sich dabei um ein Wahlrecht. Auch hier sollten die Voraussetzungen der Überbrückungshilfe III geprüft werden, möglicherweise kann ein Digitalisierungszuschuss in Anspruch genommen werden.


Haben Sie noch Fragen zu dem Thema? Als qualifizierte Fachanwälte bei LFR Wirtschaftsanwälte vertreten wir Sie in allen Fragen rund um Steuerrecht. 

Weitere Informationen: www.lfr-wirtschaftsanwaelte.de


Foto(s): https://unsplash.com/photos/-TRcaFMV5vk

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