Balkonkraftwerke in der WEG: Bauliche Veränderung oder privilegierte Maßnahme?

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Immer mehr Wohnungseigentümer möchten mit einem sogenannten Balkonkraftwerk ihren eigenen Strom erzeugen und dadurch Energiekosten senken. Doch in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) stellt sich die Frage: Darf ein solches Solarpanel ohne Zustimmung der Eigentümergemeinschaft installiert werden, oder handelt es sich um eine bauliche Veränderung, die genehmigungspflichtig ist?

Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 6. November 2023 (Az. 2-13 S 54/23) entschieden, dass eine am Balkongeländer angebrachte Solaranlage eine bauliche Veränderung darstellt, die nicht unter die Privilegierung des § 20 Abs. 2 WEG fällt. Damit benötigt der Eigentümer die Zustimmung der Eigentümerversammlung.

Doch was bedeutet das für Wohnungseigentümer, die ein Balkonkraftwerk installieren wollen? Welche Rechte haben andere Eigentümer? Und wann kann ein Rückbau gefordert werden?

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt: Wann ist ein Balkonkraftwerk genehmigungspflichtig?

In dem verhandelten Fall hatte ein Wohnungseigentümer ohne vorherige Zustimmung der Eigentümerversammlung ein Balkonkraftwerk an seinem Balkongeländer installiert. Die Anlage erstreckte sich über die gesamte Breite des Balkons und stand in einem Winkel von etwa 45 Grad nach außen ab. Andere Eigentümer sahen darin eine optische Beeinträchtigung des Gebäudes und forderten den Rückbau.

Das Gericht entschied, dass das Balkonkraftwerk eine bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG darstellt und daher nicht ohne Zustimmung der Eigentümergemeinschaft angebracht werden darf. Für diese Einstufung waren mehrere Aspekte entscheidend:

  • Änderung des äußeren Erscheinungsbilds
    Laut Gericht genügt bereits eine dauerhafte Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds, um eine Maßnahme als bauliche Veränderung einzuordnen. Ein Substanzeingriff in die Bausubstanz ist nicht erforderlich. Die am Balkongeländer befestigte Solaranlage sei für andere Eigentümer gut sichtbar und beeinflusse damit die Gesamtoptik des Gebäudes.

  • Kein Schutz durch § 20 Abs. 2 WEG
    Nach § 20 Abs. 2 WEG können bestimmte Modernisierungsmaßnahmen privilegiert sein und dürfen nicht ohne Weiteres untersagt werden. Dazu zählen insbesondere Maßnahmen zur Barrierefreiheit oder zur Förderung erneuerbarer Energien.

    Das Gericht stellte jedoch fest, dass Balkonkraftwerke aktuell nicht unter diese Privilegierung fallen. Auch wenn eine Gesetzesänderung geplant ist, die Steckersolargeräte explizit in § 20 Abs. 2 WEG aufnehmen soll, gilt dies bislang noch nicht.

  • Möglichkeit eines Rückbauanspruchs
    Da die Anlage ohne Genehmigung installiert wurde und keine offensichtliche Privilegierung bestand, konnte die Eigentümergemeinschaft grundsätzlich einen Rückbau verlangen. Die Frage, ob ausnahmsweise ein Anspruch auf Gestattung besteht, müsste in einem gesonderten Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Welche Rechte haben Eigentümer?

Für Wohnungseigentümer bedeutet das Urteil, dass sie nicht einfach ein Balkonkraftwerk anbringen können, sondern vorher die Zustimmung der Eigentümerversammlung einholen müssen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Anlage das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes verändert.

Wer eine Solaranlage am Balkon anbringen möchte, sollte folgende Punkte beachten:

  • Zustimmung der Eigentümergemeinschaft einholen: Ohne vorherige Genehmigung droht ein Rückbauanspruch.
  • Gemeinschaftsordnung prüfen: In manchen WEGs gibt es bereits Regelungen zu Solaranlagen, die eine Genehmigung erleichtern oder erschweren können.
  • Geplante Gesetzesänderungen im Blick behalten: Die Einführung einer neuen Regelung in § 20 Abs. 2 WEG zur Privilegierung von Balkonkraftwerken wird diskutiert, ist aber noch nicht in Kraft.

Fazit: Balkonkraftwerke sind aktuell genehmigungspflichtig

Das Landgericht Frankfurt am Main hat klargestellt, dass ein Balkonkraftwerk am Balkongeländer eine bauliche Veränderung darstellt und daher die Zustimmung der Eigentümerversammlung erfordert. Eine automatische Privilegierung nach § 20 Abs. 2 WEG besteht derzeit nicht.

Wohnungseigentümer sollten daher vor der Installation unbedingt das Einverständnis der Gemeinschaft einholen, um rechtliche Auseinandersetzungen und mögliche Rückbauforderungen zu vermeiden. Die geplante Gesetzesänderung könnte in Zukunft für mehr Rechtssicherheit sorgen – bis dahin bleibt die Zustimmungspflicht jedoch bestehen.


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